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KUGELSTERNHAUFEN
Wie die Milchstraße aus Kollisionen entstand
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Universität Heidelberg
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25. November 2020

Galaxien wie die Milchstraße sind durch das Verschmelzen von kleineren Vorgängergalaxien entstanden. Einem Forschungsteam ist es nun gelungen, die Verschmelzungsgeschichte unserer Heimatgalaxie anhand ihrer Kugelsternhaufen zu rekonstruieren. Dabei entdeckten sie ein bislang unbekanntes Kollisionsereignis, das das Aussehen der Milchstraße nachhaltig verändert haben muss.

NGC 6752

Die Milchstraße beherbergt mehr als 150 Kugelsternhaufen. NGC 6752 ist einer davon.  Bild: ESO [Großansicht]

Kugelsternhaufen sind dichte Gruppen von bis zu einer Million Sternen, die beinahe so alt sind wie das Universum selbst. Die Milchstraße beherbergt mehr als 150 davon. "Viele von ihnen stammen aus kleineren Galaxien, die einst zu unserer Heimatgalaxie verschmolzen sind", erläutert Dr. Diederik Kruijssen vom Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg. Um diesen Prozess der Verschmelzung zu untersuchen, entwickelten der Heidelberger Wissenschaftler und sein Kollege Dr. Joel Pfeffer von der Liverpool John Moores University in Großbritannien mit ihren Forschungsgruppen eine Reihe anspruchsvoller Computersimulationen mit der Bezeichnung E-MOSAICS. Diese Simulationen umfassen ein vollständiges Modell für die Entstehung, Entwicklung und Zerstörung von Kugelsternhaufen.

Das deutsch-britische Team nutzte die Ergebnisse, um das Alter, die chemische Zusammensetzung sowie die Orbitalbewegung von Kugelsternhaufen mit den Eigenschaften der Vorläufergalaxien in Beziehung zu setzen, in denen sie sich vor mehr als zehn Milliarden Jahren gebildet haben. Indem die Wissenschaftler die Ergebnisse ihrer Simulationen auf spezielle Gruppen von Kugelsternhaufen in der Milchstraße anwendeten, konnten sie bestimmen, welche stellare Masse die Vorläufergalaxien enthielten und zu welchem Zeitpunkt sie mit unserer Heimatgalaxie verschmolzen sind.

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"Die größte Herausforderung war, dass die Bahnbewegungen der Kugelsternhaufen beim Verschmelzungsprozess in extrem chaotischer Art und Weise verändert werden", erklärt Kruijssen. "Um diese Komplexität zu überwinden, haben wir ein neuronales Netzwerk entwickelt und mithilfe unserer E-MOSAICS-Simulationen trainiert. Wir waren erstaunt, wie genau die Künstliche Intelligenz (KI) die Verschmelzungsprozesse der von uns simulierten Galaxien nur anhand ihrer Kugelsternhaufen rekonstruieren konnte."

Anschließend untersuchten die Forscher mit der KI die Eigenschaften der Kugelsternhaufen in der Milchstraße und konnten auf diesem Weg mit hoher Präzision die stellaren Massen und Verschmelzungszeiten der Vorläufergalaxien bestimmen. Zudem entdeckten sie eine bis dahin nicht bekannte Kollision zwischen der Milchstraße und einer unbekannten Galaxie, die von den Wissenschaftlern auf den Namen "Kraken-Galaxie" getauft wurde.

"Die Kollision mit der Kraken-Galaxie muss das bedeutendste Ereignis gewesen sein, das die Milchstraße je erlebt hat", sagt Kruijssen. Bislang ging man davon aus, dass der Zusammenstoß mit der Gaia-Enceladus-Galaxie vor etwa neun Milliarden Jahren das größte Kollisionsereignis war. Das Verschmelzen mit der Kraken-Galaxie fand jedoch vor elf Milliarden Jahren zu einem Zeitpunkt statt, als die Milchstraße viermal weniger Masse besaß als heute. "Daher muss diese Kollision das Aussehen unserer Heimatgalaxie nachhaltig verändert haben", so der Heidelberger Wissenschaftler.

Auf der Basis ihrer aktuellen Erkenntnisse hat das Forscherteam den ersten vollständigen Familienstammbaum unserer Heimatgalaxie entworfen. Demnach vereinigte sich die Milchstraße im Laufe ihrer Geschichte mit fünf Galaxien, in denen mehr als 100 Millionen Sterne versammelt waren. Hinzu kommen etwa zehn weitere Galaxien mit mindestens zehn Millionen Sternen. Die Kollision mit den massereichsten Vorläufergalaxien muss vor sechs bis elf Milliarden Jahren stattgefunden haben.

Die Forschungsergebnisse können dazu beitragen, die Überreste dieser Vorläufergalaxien aufzufinden, ist Kruijssen überzeugt. "Bei mehr als fünf von ihnen ist dies bereits gelungen. Mit den bestehenden und mit künftigen Teleskopen sollte es möglich sein, sie alle zu finden", betont der Heidelberger Wissenschaftler.

Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht.

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siehe auch
Sterne: Ein Galaxiencrash wird datiert - 17. Januar 2020
Links im WWW
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg
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