Ultraleichte Felder aus dem All
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Mainz astronews.com
4. November 2020
Gewaltige astrophysikalische Ereignisse wie die
Verschmelzung Schwarzer Löcher könnten Energie in unerwarteter Form freisetzen,
nämlich als exotische ultraleichte Felder. Diese wiederum könnten schwache
Signale verursachen, die mit Quantensensornetzwerken detektierbar wären.
Besonders interessant ist dieses Ergebnis mit Blick auf die Suche nach Dunkler
Materie.
Die Fusion von Schwarzen Löchern könnte
Energie in Form von ELFs freisetzen (links unten
im Bild). Deren schwache Signale könnten mit
Quantensensornetzwerken wie dem GPS-Netzwerk
(rechts oben im Bild) nachweisbar sein.
Bild: Sarah und Hannah Lilienthal [Großansicht] |
Das Feld der Multi-Messenger-Astronomie – die koordinierte Beobachtung
verschiedener Signale, die aus dem gleichen astrophysikalischen Ereignis
resultieren – erfährt seit dem erstmaligen Nachweis von Gravitationswellen mit
dem LIGO-Spektrometer vor wenigen Jahren eine enorme Popularität und liefert
seitdem eine große Menge neuer Informationen aus den Tiefen des Universums.
"Wenn irgendwo im Weltraum Gravitationswellen ausgelöst und auf der Erde
nachgewiesen werden, richten sich zahlreiche Teleskope auf dieses Ereignis, um
unterschiedliche Signale, wie zum Beispiel elektromagnetische Strahlung, zu
detektieren“, erläutert Dr. Arne Wickenbrock vom Exzellenzcluster PRISMA+ der
Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und dem Helmholtz-Institut Mainz
(HIM). "Unsere Ausgangsfrage war: Was wäre, wenn in den beobachteten Ereignissen
ein Teil der freigesetzten Energie auch in Form sogenannter exotischer
ultraleichter Felder (ELF) abgestrahlt würde? Könnten wir diese dann mit
existierenden Netzwerken von Quantensensoren detektieren?".
Die Antwort auf die Frage, das zeigen die Berechnungen der Wissenschaftler,
ist: ja. "Dazu haben wir uns überlegt, dass solche Felder, wenn sie abgestrahlt
werden, ein charakteristisches Frequenzsignal in den Netzwerken hervorrufen
sollten", erläutert Wickenbrock. "Ähnlich eines vorbeifahrenden Martinshorns,
das im Ton erst heller und dann dunkler wird." Zwei Netzwerke haben die Forscher
dabei besonders im Blick: das weltweite GPS-Netzwerk aus Atomuhren und das
sogenannte GNOME-Netzwerk, das aus vielen über den Globus verteilten
Magnetometern besteht.
Aufgrund der Stärke des zu erwartenden Signals sollte das GPS-System derzeit
empfindlich genug sein, um ELFs zu detektieren. Das GNOME Netzwerk sollte in
einer späteren Ausbaustufe, die im Moment beispielsweise in der Arbeitsgruppe
von Prof. Dr. Dmitry Budker von der JGU am HIM umgesetzt wird, ebenfalls
empfindlich genug sein, um solche Ereignisse zu beobachten.
Potenzielle ELFs sind im Hinblick auf die Suche nach Dunkler Materie von
besonderer Bedeutung. Obwohl diese exotische Materieform existieren muss, weiß
bisher niemand, woraus sie besteht. In der Fachwelt wird eine ganze Reihe
möglicher Teilchen, die als Kandidaten theoretisch infrage kommen, diskutiert
und erforscht. Als einer der vielversprechendsten Kandidaten gelten heute
sogenannte extrem leichte bosonische Teilchen, die auch als klassisches Feld,
das mit einer bestimmten Frequenz oszilliert, betrachtet werden können. "In den
Tiefen des Universums kann also etwa bei der Verschmelzung zweier Schwarzer
Löcher Dunkle Materie in Form von ELFs entstehen", fasst Wickenbrock zusammen.
"Präzisions-Quantensensornetzwerke wiederum könnten als ELF-Teleskope
funktionieren und so den Werkzeugkasten der Multi-Messenger-Astronomie um ein
weiteres wichtiges Element erweitern."
Über ihre Untersuchungen berichtet das Team in einem Fachartikel in
Nature Astronomy.
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