Seit 20 Jahren mit Besatzung
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
2. November 2020
Am 31. Oktober 2000 startete mit den Raumfahrern Shepherd,
Gidsenko und Krikalev die erste Langzeitcrew - die Expedition 1 - zur
Internationalen Raumstation ISS. Vor genau 20 Jahren dann, am 2. November 2000,
öffnete sich die Luke der Internationalen Raumstation zum ersten Mal. Seitdem
ist die ISS ständig besetzt gewesen.
Die Expedition 1: Astronaut William
McMichael Shepherd (Mitte) und die Kosmonauten
Juri Pawlowitsch Gidzenko (links) und Sergei
Konstantinowitsch Krikalev.
Foto: NASA
[Großansicht] |
Als sich am 2. November 2000 die Luke der Internationalen Raumstation ISS zum
ersten Mal öffnete, zog mit dem ersten ISS-Kommandanten William McMichael
Shepherd von der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA und den Kosmonauten Juri
Pawlowitsch Gidzenko und Sergei Konstantinowitsch Krikalev von der russischen
Raumfahrtagentur Roskosmos vor 20 Jahren die erste ISS-Crew in ihr neues Zuhause
im All ein. Ihr 136-tägiger Aufenthalt endete am 19. März 2001 und markierte den
Beginn des astronautischen Dauerbetriebes der Raumstation.
"Diese drei Pioniere haben Raumfahrtgeschichte geschrieben. Seit der
Expedition 1 war der Außenposten der Menschheit im All immer besetzt. Die
ISS-Astronauten sind gekommen, um zu bleiben", erinnert sich Volker Schmid,
ISS-Missionsmanager im Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR). "Die Expedition 1 war für die Raumfahrt sicher ein
großer Meilenstein. Nicht nur für die USA, Russland und Europa, sondern für die
Raumfahrt allgemein - und Wegbereiter für internationale Kooperationen und
Langzeitmissionen", betont der deutsche ESA-Astronaut Dr. Matthias Maurer. Auch
er möchte zur ISS fliegen. Dann wird er einer von vier deutschen Raumfahrern
sein, die dort gelebt, gearbeitet und geforscht haben.
Die Reise des Trios begann am 31. Oktober 2000 von einem ganz besonderen
Startplatz: Sheperd, Gidzenko und Krikalev starteten mit ihrer
Sojus-TM-31-Kapsel von der legendären Rampe 1 am kasachischen Kosmodrom in
Baikonur, von der aus Juri Gagarin 40 Jahre zuvor als erster Mensch in den
Weltraum aufgebrochen war. Für Sheperd war es sein vierter und auch gleichzeitig
letzter Raumflug.
Der Expedition 1-Kommandant war erst der zweite US-Amerikaner, der
damals in einer Sojus-Kapsel mitfliegen durfte. Gidzenko verbrachte
zuvor 179 Tage als Kommandant der russischen Raumstation Mir im All.
Krikalev war der erste Mensch, der damals zum zweiten Mal die ISS besuchte.
Zuvor brachte er im Dezember 1998 an Bord des US-Space Shuttles Endeavour
das russische ISS-Modul Sarja (Morgenröte) und das US-amerikanische Unity
(Einigkeit) zusammen – damit begann der Aufbau der Raumstation über zehn Jahre.
Krikalev verbrachte 803 Tage im Weltraum und ist noch heute der Raumfahrer mit
der drittlängsten Verweildauer im All.
Während ihres viermonatigen Aufenthalts gab es für Sheperd, Gidzenko und
Krikalev viel zu tun. "Die Expedition-1-Crew hat auf der Raumstation
Pionierarbeit geleistet. So nahm sie die lebenswichtigen Systeme wie die
Wasseraufbereitung, einen Kohlendioxidabsorber sowie die Küche und die Toilette
in Betrieb", betont DLR-ISS-Manager Volker Schmid. Das Trio installierte
außerdem Computer für ein US-Kommunikationssystem, die zentrale Steuerung des
russischen Swesda-Moduls, das Amateurfunksystem im Sarja-Modul
für das ARISS-Projekt sowie eine Handsteuerung und einen Monitor für das
TORU-System (Telerobotically Operated Rendezvous Unit), mit dem unbemannte
Transportraumschiffe von der Station aus gesteuert werden können.
"Mit den drei Raumfahrern begann aber auch die Forschung auf der ISS. Das
erste Experiment überhaupt war das deutsch-russische PKE-Experiment zur
Erforschung des Wachstums von Plasmakristallen in Schwerelosigkeit. Damit hat
Expedition 1 deutsche Wissenschaft auf die Raumstation gebracht – eine
Forschung, die bis heute auf der ISS fortgeführt wird", erklärt Volker Schmid.
"Das heißt die ersten Astronautinnen und Astronauten auf der ISS waren
Wegbereiter für das, was wir jetzt, 20 Jahre später, fortführen. Heute natürlich
viel zeitgemäßer, moderner und mit ausgereifteren Experimenten. Wir haben
mittlerweile sehr viel dazugelernt", ergänzt Maurer.
Doch die Forschung auf der ISS war zu Beginn noch sehr begrenzt, weil
Hardware und Labore fehlten. "Die ISS war damals ein Rohdiamant, der schon unter
der ersten Crew stetig weiter geschliffen wurde", so Schmid weiter. Die drei
Space-Shuttle-Crews, die Sheperd, Gidzenko und Krikalev während ihrer
gemeinsamen Zeit im All beherbergten, brachten nicht nur wichtige Bauteile wie
die großen US-amerikanischen Sonnensegel zur ISS. Sie hatten auch das US-Labor
Destiny an Bord.
"Von nun an ging es stetig bergauf. Heute haben wir auf der Raumstation ganz
andere Möglichkeiten. So wird zum Beispiel das Cold Atoms Lab kalte
Atome in Schwerelosigkeit untersuchen. Mit dem Fluoreszenzmikroskop FLUMIAS
können wir erstmals live im All in Zellen schauen und mit CIMON ist zum ersten
Mal ein Crew-Assistent ausgestattet mit Künstlicher Intelligenz an Bord. Die
Forschungsmöglichkeiten haben sich seit damals unglaublich erweitert", betont
Schmid und Maurer fügt hinzu: "In diesen 20 Jahren ist die Station unglaublich
gewachsen. Die Experimente sind ausgereifter als damals. Die Experimentatorinnen
und Experimentatoren wissen nun viel besser, wie man auch unter Bedingungen der
Schwerelosigkeit Experimente ideal durchführt. Von daher ist die Qualität der
Experimente heute eine ganz andere. Aber auch damals wurde schon erstklassige
Forschung im Weltraum betrieben und die Experimente waren Wegbereiter für die
herausragende Wissenschaft, die wir heute im Weltraum betreiben."
Bis heute wurden insgesamt 2950 Experimente auf der ISS durchgeführt. Rund
390 davon stammen aus den ESA-Nutzungsprogrammen. In rund 140 dieser
europäischen Experimente waren deutsche Wissenschaftler beteiligt. Als weiteres
Element der ISS wurde das in Bremen gefertigte, europäische Columbus-Labor
am 11. Februar 2008 an der Raumstation angebracht. Mit diesem Labor als eine
wesentliche Infrastruktur für den permanenten Betrieb im niedrigen Erdorbit
konnten die Forschungsmöglichkeiten in der Schwerelosigkeit drastisch erweitert
werden.
"Ab dann hieß es aus der Erdumlaufbahn auch ‚Calling Munich‘ in Richtung des
Columbus-Kontrollzentrums, das war ein ganz besonderer Moment diese
Worte erstmals über Funk zu hören", erinnert sich Prof. Dr. Felix Huber,
Direktor des DLR Raumflugbetriebs. Das Columbus-Kontrollzentrum (Col-CC)
im Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum (German Space Operation Center, GSOC) beim
DLR in Oberpfaffenhofen steht seit nun mehr als zwölf Jahren in ständigem
Kontakt zu den Kontrollzentren der Partneragenturen (NASA, JAXA, RSA und CSA)
und zu den Astronauten an Bord der ISS. Es überwacht kontinuierlich das Modul
und seine Subsysteme, um den Astronauten einen sicheren und angenehmen
Arbeitsplatz zur Verfügung stellen zu können. Das GSOC bildet so die Nahtstelle
zwischen den Columbus-Experimentanlagen auf der ISS und den
Wissenschaftlern in den europäischen Nutzerkontrollzentren.
Neben der Wissenschaft bietet die Raumstation auch Chancen für
Kommerzialisierung. Ein aktuelles Beispiel dafür ist Bartolomeo, die
von Airbus in Bremen gebaute, erste private Außenplattform Europas. An der
Außenhülle von Columbus befestigt, können hier seit April 2020 vor
allem kommerzielle Nutzlasten untergebracht werden. Mit Bartolomeo
startet die ISS in ein neues Zeitalter. Bei der Kommerzialisierung wirkt sich
die deutsche ISS-Beteiligung direkt auf die deutsche Wirtschaft aus. Eine
Kosten-Nutzen-Analyse des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Price Waterhouse
Coopers hat gezeigt: Jeder investierte Euro hat eine Rendite von einem Euro.
Zudem ist die ISS für neue Industriezweige und Technologien wie
Laserkommunikation, Robotik und Sensorik ein Innovationsmotor.
|
ISS - die astronews.com
Berichterstattung über die Internationale Raumstation |
|