Wachstum eines Sterns im Detail
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
27. August 2020
Wie Sterne grundsätzlich entstehen, glaubt die Astronomie zu
wissen. Es gibt bei diesen Prozessen aber noch viele Details, die unbekannt
sind, weshalb immer wieder versucht wird, mit modernen Teleskopen auf junge
Sternsysteme zu blicken. Mit dem Instrument GRAVITY, das vier Teleskope des
Very Large Telescope kombiniert, gelang nun ein Blick auf die Materieflüsse
um einen wachsenden Stern.
Künstlerische Darstellung der heißen
Gasströme, aus denen sich Sterne bilden. Materie
von der umgebenden protoplanetaren Scheibe, dem
Geburtsort der Planeten, wird durch Magnetfelder
auf die Sternoberfläche gelenkt, wo sie mit
Überschallgeschwindigkeit Stoßwellen erzeugen.
Bild: Dr. Mark A. Garlick [Großansicht] |
Ein Team von Astronominnen und Astronomen hat zum ersten Mal die
Materieflüsse beobachtet, aus denen neugeborene Sterne entstehen. Dieser
detaillierte Blick ins Innere des jungen Sternsystems mit dem Instrument
GRAVITY, das am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) gebaut
wurde und jetzt am Very Large Telescope der ESO im Einsatz ist, zeigt,
dass das Material von Magnetfeldern geleitet wird und von der den Stern
umgebenden Scheibe stammt - derselben Scheibe, aus der schließlich Planeten
entstehen. Tatsächlich hat unser Sonnensystem den gleichen Prozess bei seiner
Entstehung vor fünf Milliarden Jahren durchlaufen.
Die Astronomie geht davon aus, dass junge Sterne über ihre Magnetfelder
Materie aufsammeln und dass diese Materie mit Überschallgeschwindigkeit auf die
Oberfläche trifft. Die neuen Beobachtungen helfen den Astronomen, besser zu
verstehen, wie Sterne wie unsere Sonne entstehen und wie aus den Scheiben, die
diese jungen Sterne umgeben, erdähnliche Planeten entstehen.
Das Team unter der Leitung von Rebeca Garcia Lopez vom University College
Dublin und dem Dublin Institute for Advanced Studies in Irland,
untersuchte einen der uns nächstgelegenen jungen Sterne im Sternbild
Wasserschlange. Der Stern befindet sich in einer sehr frühen Phase seiner
Entwicklung mit einem Alter von "nur" einigen Millionen Jahren. "Dieser Stern
ist etwas Besonderes, weil er mit nur etwa 200 Lichtjahren Entfernung sehr nahe
an der Erde liegt. Außerdem blicken wir direkt auf die Materiescheibe rund um
den Stern, in der Planeten entstehen können", erklärt Lopez. "Das macht ihn zum
idealen Kandidaten um zu untersuchen, wie Materie aus der Scheibe auf die
Sternoberfläche geleitet wird."
Überraschenderweise ist dieser Prozess noch nie direkt beobachtet worden,
auch wenn er auf einer Skala stattfindet, die einigen Sonnenradien entspricht.
Das mag sich zwar als eine große Entfernung anhören, der nächste junge Stern ist
allerdings so weit entfernt, dass für seine Beobachtung einige der größten
Teleskope der Welt und sehr hoch entwickelte Instrumente erforderlich sind.
Das GRAVITY-Instrument kombiniert das Licht der vier 8-Meter-Teleskope der
ESO zu einem Super-Teleskop mit einer Auflösung, die der eines Teleskops mit 130
Metern Durchmesser entspricht. "Mit diesem Instrument könnte man einzelne Autos
auf dem Mond ausmachen - oder die Details der protoplanetaren Scheibe, die den
jungen Stern umgibt", so MPE-Wissenschaftler Frank Eisenhauer, der die
Entwicklung des GRAVITY-Instruments leitete.
Eine solche protoplanetare Scheibe - der Geburtsort von Planeten - entsteht,
wenn der junge Stern weiterhin Materie aufnimmt. Es wird angenommen, dass
erdähnliche Planeten in den inneren Regionen dieser Scheiben entstehen, wo durch
den Akkretionsprozess enorme Energiemengen freigesetzt werden. Die Astronomen
bildeten die Emission aus heißem Gas ab und stellten fest, dass ihre Größe und
Geschwindigkeit den theoretischen Modellen entsprach.
"Dies ist das erste Mal, dass Beobachtungen eine Bestätigung für detaillierte
Theorien darüber liefern, wie ein junger Stern Material von der Scheibe
akkretiert", betont Paola Caselli vom MPE. "Dies gibt uns wichtige Hinweise
darauf, wie Materieflüsse von der Scheibe durch Magnetfelder auf die Oberfläche
junger Sterne gelenkt werden. Darüber wirft dieser Blick auf Details der
Akkretionsregion ein neues Licht auf wichtige Mechanismen der Entstehung
erdähnlicher Planeten, insbesondere wie das Material der Scheibe einer
Bestrahlung ausgesetzt ist und daraufhin chemische Prozesse ablaufen."
Über ihre Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature erschienen ist.
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