Corona-Pause für sieben Sonden
von
Stefan Deiters astronews.com
25. März 2020
Die europäische Weltraumagentur ESA reduziert das Personal
im europäischen Raumfahrtkontrollzentrum in Darmstadt weiter: Nachdem schon die
meisten ESA-Mitarbeiter seit fast zwei Wochen von zu Hause aus arbeiten, wird
nun der Zugang ins Kontrollzentrum noch stärker eingeschränkt. Dies hat auch
Folgen für einige Missionen, darunter die beiden Marssonden der ESA.
Blick in den großen Kontrollraum der ESA in Darmstadt.
Bild: ESA / J. Mai,
CC BY-SA 3.0 IGO [Gesamtansicht] |
Schon seit fast zwei Wochen, so schreibt die europäische Raumfahrtagentur ESA
auf ihrer Website, würden die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten. In
den verschiedenen ESA-Zentren seien aber bislang noch diejenigen vor Ort,
die die Missionen der Raumfahrtagentur in Echtzeit steuern. Nachdem europaweit
neue Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie eingeführt wurden und es unter der
Belegschaft des Europäischen Raumfahrtkontrollzentrums (ESOC) in Darmstadt den
ersten Corona-Fall gab, hat sich die ESA entschlossen, den Zugang zum ESOC noch weiter einzuschränken. Vom ESOC aus werden insgesamt 21
Raumsonden überwacht und gesteuert.
"Das Wichtigste ist die Gesundheit unserer Mitarbeiter", unterstreicht Rolf
Densing, der Betriebsdirektor der ESA. "Wir werden daher die Aktivität einiger
unser wissenschaftlichen Raumsonden reduzieren, insbesondere die der
interplanetaren Raumsonden, die aktuell die größte Zahl von Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern vor Ort
erfordern. Diese befinden sich auf stabilen Orbits und haben lange
Missionsdauern, so dass es für den Gesamterfolg der Mission keine großen
Auswirkungen haben wird, wenn sie für einige Zeit in einen Ruhezustand versetzt
werden."
Die betroffenen Missionen sind die vier Cluster-Sonden, die seit
2000 um die Erde kreisen und das Magnetfeld der Erde und dessen Wechselwirkungen
mit dem Sonnenwind erkunden. Auch der ExoMars Trace Gas Orbiter, der vor allem
die Marsatmosphäre untersuchen soll, und die Sonde Mars Express sind betroffen.
Beide befinden sich in einem Orbit um den Roten Planeten. Die temporäre
Zwangspause gilt zudem für den unlängst gestarteten Solar Orbiter, der noch auf
dem Weg zu seinem Einsatzorbit ist.
"Es war eine schwere Entscheidung", so ESA-Wissenschaftsdirektor Günther
Hasinger, "aber die Richtige. Unsere größte Verantwortung gilt der Sicherheit
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und alle in der Wissenschaft verstehen, warum dieser Schritt nun
nötig ist. Es ist eine umsichtige Entscheidung, mit der gewährleistet wird,
dass Europas erstklassige Wissenschaftsmissionen sicher sind."
Durch die Maßnahme hat zudem das am ESOC verbliebene Personal mehr Zeit für
andere Missionen, von denen einige in nächster Zeit etwas mehr Aufmerksamkeit
benötigen. Dazu zählt die Merkursonde BepiColombo, die auf dem Weg zum
sonnennächsten Planeten am 10. April einen nahen Vorüberflug an der Erde
absolvieren soll, der sorgfältig überwacht werden muss.
Insbesondere die interplanetaren Missionen sind so ausgelegt, dass sie über
längere Zeit auch ohne Kontakt zur Erde betriebsbereit bleiben. Dies ist
beispielsweise nötig, wenn sie sich - von der Erde auf betrachtet - hinter der
Sonne befinden, so dass für einige Zeit keine störungsfreie Kommunikation mit
ihnen möglich ist. Wann der Ruhezustand für die Missionen wieder beendet wird,
soll für jede betroffene Mission individuell entschieden werden.
Weitere Missionen, die von Darmstadt aus gesteuert werden, sind von der
Maßnahme nicht betroffen. Sie benötigen ständig neue Befehle, können aber
weitgehend aus dem Homeoffice gesteuert werden - mit nur einem Techniker im
Kontrollraum. Hierzu zählen die Astronomie-Missionen und die
Erdbeobachtungssatelliten des Copernicus-Programms.
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