Wie entfernte Quasare wachsen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
23. Dezember 2019
Supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien
finden sich zunehmend in Entfernungen, die einem Alter des Universums von nur
wenigen hundert Millionen Jahren entsprechen. Neue Beobachtungen zeigen nun, wie
diese Objekte so schnell anwachsen konnten: Ausgedehnte Wasserstoffwolken
liefern ihnen ausreichend Nahrung.
Rekonstruierte Bilder, die die Vielfalt der
Verteilung von Wasserstoffgas (schwarze Konturen
und rote Farben) in der Nähe von vier
hochrotverschobenen Quasaren und ihren
Wirtsgalaxien zeigen. Die Anteile der hellen
Quasare, die durch schwarze Punkte gekennzeichnet
sind, wurden entfernt. Das Gesichtsfeld dieser
Bilder beträgt 6 x 6 Bogensekunden, was einer
physischen Ausdehnung von etwa 100.000
Lichtjahren entspricht.
Bild: E. Farina [Großansicht] |
Quasare gehören zu den hellsten langlebigen Objekten des Universums.
Deswegen können sie selbst auf größten Entfernungen im Weltall nachgewiesen
werden. Mit zunehmender Entfernung der beobachteten Objekte schauen die
Astronomen gleichzeitig immer weiter in die Vergangenheit des Kosmos zurück.
Bei Quasaren handelt es sich um supermassereiche Schwarze Löcher mit Massen
von mehr als einer Milliarde Sonnen in den Zentren von Galaxien, in die Gas
und anderes Material hineinströmt. Dieses Gas heizt sich dabei so stark auf,
dass es extrem hell strahlt.
Die ersten Quasare existierten bereits wenige hundert Millionen Jahre nach
dem Urknall. Wie diese Schwarzen Löcher jedoch in der kurzen Zeit seit den
ersten Sternen zu solch großen Massen anwachsen konnten, ist eines der
größten Rätsel der Astronomie. Zudem bilden die Wirtsgalaxien dieser Quasare
neue Sterne mit einer 100-mal höheren Rate als die Milchstraße und andere
nahe Galaxien.
Simulationen lassen Astronomen vermuten, dass dafür ständig enorme Mengen an
Gas aus dem intergalaktischen Medium nachgeliefert werden, so dass die
Wirtsgalaxien der jungen Quasare in Wolken aus Wasserstoffgas eingehüllt sein
sollten. Bisher wurden nur eine Handvoll Quasare auf diese Weise untersucht.
In einem Anfang des Jahres veröffentlichten Artikel kartierte eine Gruppe von
Wissenschaftlern unter der Leitung von Alyssa Drake vom Max-Planck-Institut
für Astronomie (MPIA) nennenswerte Gasmengen um vier ferne Quasare.
Aufbauend auf den Vorarbeiten von Fabian Walter und Bram Venemans (beide
MPIA) hat Emanuele Paolo Farina, der sowohl am MPIA als auch am
Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) forscht, das Projekt REQUIEM (Reionization
Epoch QUasar InvEstigation with MUSE) initiiert. Diese systematische Studie
sucht nach Anzeichen von Gaswolken in der Nähe der ersten Quasare, die
bereits existierten, als das Universum lediglich eine Milliarde Jahre war.
Eine Auswertung der ersten 31 untersuchten Objekte führte nun in zwölf Fällen
zum Nachweis von ausgedehnten und überraschend dichten Wasserstoffwolken. Sie
alle umhüllen die Wirtsgalaxien und sind gravitativ an sie gebunden. Die
Menge an Gas reicht aus, um die Aktivität der Quasare sowie die vermehrte
Sternentstehung zu füttern.
Die Astronomen entdeckten die Wasserstoffwolken durch ein charakteristisches
Leuchten im UV-Licht. "Als wahrscheinlichste Erklärung für das leuchtende Gas
dient der Mechanismus der Fluoreszenz", erläutert Farina. "Der Wasserstoff
wandelt dabei die energiereiche Strahlung des Quasars in Licht mit einer
bestimmten Wellenlänge um, die sich durch ein Glimmen bemerkbar macht."
Aufgrund der großen Entfernung und der damit verbundenen kosmischen
Rotverschiebung erscheint das Leuchten in den irdischen Teleskopen als rotes
Licht.
Detektiert wurden diese Wolken durch den Spektrografen MUSE (Multi Unit
Spectroscopic Explorer) am Very Large Telescope der Europäischen
Südsternwarte in Chile. Neben der räumlichen Verteilung des Signals des
Wasserstoffs misst MUSE zudem die Geschwindigkeit des Gases entlang der
Sichtlinie. Aus der Analyse schließen die Wissenschaftler, dass das Gas
radial zu den Zentren der Galaxien zu strömen scheint und so die Schwarzen
Löcher füttert.
Erst durch den Einsatz neuer, leistungsstarker Instrumente können Astronomen
die Bedingungen zu Beginn der Entwicklung der ersten supermassereichen
Schwarzen Löcher und Galaxien studieren. "Die Entdeckung dieser ausgedehnten
Wasserstoffgaswolken ist ein wichtiger Schritt hin zum Verständnis, wie diese
Schwarzen Löcher innerhalb von wenigen hundert Millionen Jahren seit den
ersten Sternen wachsen konnten", stellt Farina fest. "Wir beginnen mit den
aktuellen Studien gerade erst zu erforschen, wie sich die ersten
supermassereichen Schwarzen Löcher so schnell entwickeln konnten", gibt Drake
zu bedenken. "Doch die neuen Instrumente wie MUSE sowie das zukünftige
James Webb Space Telescope helfen uns dabei, diese spannenden Rätsel zu
lösen.“
Über die Beobachtungen und ihre Analysen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift The Astrophysical Journal veröffentlicht wurde. Auch
die Studie über die Entdeckung von Wasserstoffgas um vier Quasare ist im The
Astrophysical Journal erschienen.
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