Bald Suche nach Signaturen einer neuen Physik?
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik astronews.com
16. August 2019
Physiker haben mithilfe des neuen Alphatrap-Experiments den
g-Faktor eines gebundenen Elektrons in Argon-Ionen mit einer unerreichten
Genauigkeit gemessen. Der Wert stimmt hervorragend mit theoretischen
Berechnungen überein. Dies ebnet den Weg für empfindliche Tests der
Quantenelektrodynamik in starken Feldern und auch den Nachweis möglicher
Signaturen einer neuen Physik.
Alphatrap: Links der supraleitende Magnet,
rechts die darin eingebaute Ionenfalle.
Bild: MPIK [Großansicht] |
Die Quantenelektrodynamik (QED) beschreibt die Wechselwirkung von geladenen
Teilchen mit elektromagnetischen Feldern und ist die am besten getestete
physikalische Theorie. Sie liefert äußerst exakte Vorhersagen für physikalische
Messgrößen und bisher wurde in keiner Messung eine Abweichung davon gezeigt.
Dennoch ist es von fundamentalem Interesse, mögliche Grenzen der Gültigkeit der
QED zu finden – dies wäre ein Weg zu neuer Physik.
Ein guter Zugang dafür ist ein hochpräziser Test unter extremen Bedingungen,
d. h. bei extrem hohen Feldstärken. Physiker der Abteilung von Klaus Blaum am
Heidelberger Max-Planck-Institut für Kernphysik haben hierzu die magnetischen
Eigenschaften von hochgeladenen Argon-Ionen in der neuen Ionenfalle Alphatrap
mit hoher Präzision vermessen. Das untersuchte borartige Argon ist dreizehnfach
geladen, und hat – wie das Element Bor - fünf Elektronen, aber eine deutlich
höhere Kernladung von 18 Elementarladungen (statt 5 für Bor). Das elektrische
Feld des Atomkerns, dem das äußerste Elektron ausgesetzt ist, ist dadurch im
Vergleich zu Bor etwa um einen Faktor 900 erhöht.
Messgröße ist die Magnetisierung des Elektrons, die durch den sogenannten
g-Faktor bestimmt wird. Hierzu tragen im betrachteten Beispiel sowohl der innere
Drehimpuls (Spin) als auch die Bahnbewegung des Elektrons um den Atomkern
(Bahndrehimpuls) bei. Der g-Faktor als Verhältnis des magnetischen Moments des
Elektrons zu seinem Gesamt-Drehimpuls ist ein Maß für die Stärke der
magnetischen Wechselwirkung und kann mittels der QED sehr genau berechnet wie
auch im Experiment mit vergleichbarer Genauigkeit bestimmt werden. Der Vergleich
von Theorie und Experiment stellt daher einen empfindlichen Test der QED für
gebundene Elektronen dar.
Für die Messung an einzelnen hochgeladenen Argon-Ionen kam erstmals die
doppelte Penning-Ionenfalle Alphatrap zum Einsatz. Die Ionen werden durch ein
starkes äußeres Magnetfeld auf eine Kreisbahn (Zyklotronbewegung) um die
Fallenachse gezwungen. Die ringförmigen Elektroden können auf verschiedene
elektrische Spannungen gelegt werden und so das Ion an einem Entweichen entlang
der Fallenachse hindern wie auch entlang dieser in gewünschter Weise
transportieren. Im Präzisionsfalle genannten Teil wird die Zyklotronfrequenz
zerstörungsfrei mit extrem hoher Genauigkeit gemessen.
Gleichzeitig werden Mikrowellen eingestrahlt, die bei geeigneter Frequenz den
Spin des Elektrons samt seiner Bewegung umklappen kann - stellt man sich das
Elektron als einen winzigen Kreisel vor, so stellt sich dieser dabei auf den
Kopf. Diese sogenannten "Spin-Flips" treten in Resonanz mit der
Mikrowellenfrequenz am häufigsten auf. Um solche Quantensprünge nachzuweisen,
wird das Ion in die dafür entwickelte Analysefalle transportiert, wo man die
Ausrichtung des Spins anhand einer präzisen Frequenzmessung feststellen kann.
Mit dieser Methode gelang dank der hohen Präzision und Stabilität des
gesamten Aufbaus, den g-Faktor auf neun Stellen genau zu bestimmen. Zum
Vergleich wurde in der Theorie-Abteilung von Christoph Keitel am MPIK und in
einer weiteren Gruppe um Dmitry Glazov von der St. Petersburg Universität der
g-Faktor für borartiges Argon neu berechnet, wobei neben QED-Beiträgen auch die
Wechselwirkung mit den übrigen vier Elektronen und der Rückstoß des Atomkerns
Berücksichtigung fanden. Es wurde eine Genauigkeit von sieben Stellen erreicht
und der theoretische Wert stimmt auf diesem Niveau hervorragend mit dem
experimentellen Resultat überein.
Es handelt sich um einen der präzisesten Tests von QED-Beiträgen von
Mehrelektronensystemen in starken Feldern und bereitet den Weg für zukünftige
Messungen mit Alphatrap. Hierzu zählt auch die hochpräzise Bestimmung der von
Arnold Sommerfeld eingeführte Feinstrukturkonstante α, welche als fundamentale
Naturkonstante in der QED die Stärke der die Stärke der elektrischen und
magnetischen Kräfte bestimmt.
Über ihre Arbeit berichteten das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Physical Review Letters erschienen ist.
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