Erfolgreiche Messungen mit Laser-Interferometer
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik astronews.com
24. Juli 2019
Seit Ende Mai 2018 umrunden die beiden
GRACE-Follow-On-Satelliten die Erde und vermessen deren Schwerefeld durch die
Erfassung ihres gegenseitigen Abstands. Neben bewährter Messtechnik kommt dabei
seit Mitte Juni 2018 erstmals ein neuartiges Laser-Instrument zum Einsatz, das
die Änderungen des Abstands der Satelliten auf Atomdurchmesser genau erfassen
soll - mit Erfolg.
GRACE Follow-On ist ein Tandem aus zwei
Satelliten, die die Erde in einem gegenseitigen
Abstand von 220 Kilometern auf der gleichen Bahn
in 490 Kilometer Höhe über dem Erdboden umrunden.
Die Mission vermisst den Abstand zwischen den
Satelliten mit Mikrowellen (blau) und einem neuen
Laserinterferometer (rot).
Bild: Erde: NASA (Blue Marble), Satelliten:
Schütze/AEI [Großansicht] |
Nach dem ersten großen Erfolg – dem erfolgreichen sofortigen Einschalten des
Laser Ranging Interferometers (LRI) im Juni 2018 – lief das Messinstrument
abgesehen von Unterbrechungen im Rahmen des Missionsbetriebs einwandfrei.
Kontinuierliche Messungen von mehr als 1000 Umrundungen der Erde zeigen die
Verlässlichkeit des Instruments. Schnell reagierende Steuerspiegel sorgen dafür,
dass die Laserverbindung währenddessen zwischen den ständig leicht wackelnden
Satelliten nicht abreißt. Die gewonnenen Daten nutzte das internationale Team um
die Leistung des LRI in der Erdumlaufbahn zu verstehen und zu beurteilen.
Die Ergebnisse können sich sehen lassen: "Das Laser Ranging Interferometer an
Bord von GRACE Follow-On funktioniert perfekt – es ist ein Traum! Das Instrument
misst Abstandsänderungen zwischen den Satelliten ganz genau, etwa 200-mal
präziser als die etablierte Mikrowellen-Technik und damit auch 20-mal präziser
als in der Missionsanforderung spezifiziert", freut sich Prof. Gerhard Heinzel,
Leiter der Weltrauminterferometrie-Gruppe am Max-Planck-Instituts für
Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut / AEI) und Manager der deutschen
Beiträge zum LRI. "Damit können wir nicht nur zukünftige Satellitenmissionen zur
Erdvermessung noch genauer machen, sondern bereiten außerdem den Weg zur
Gravitationswellen-Messung im All mit LISA."
"„Der Laserstrahl von einem Satelliten muss den anderen ganz genau treffen,
damit unsere Abstandsmessung so präzise funktioniert", erklärt Heinzel. "Anfangs
ist der Laser so ausgerichtet, dass er einen Teller auf 100 Meter Entfernung
träfe. Für eine erfolgreiche Laserverbindung müssen wir dann eine
Zwei-Euro-Münze auf diesem Teller treffen. Wenn der automatische Zielmechanismus
das mittels der Steuerspiegel geschafft hat, zielt er immer auf einen Punkt in
der inneren Hälfte der Münze und zwar mit höchster Genauigkeit. Wir treffen dann
stets Mallorca auf der Zwei-Euro-Münze in 100 Meter Entfernung, während die
Satelliten so hin- und herwackeln, dass die Münze sich um drei Zentimeter
bewegt!"
GRACE Follow-On führt die erfolgreiche Messreihe der GRACE-Mission
(2002-2017) seit Mitte 2018 fort und verwendet dafür die bewährte
Mikrowellen-Abstandsmessung der Vorläufermission. Das LRI ist ein Demonstrator,
der Technik für künftige Missionen erprobt, nun aber auch gleichzeitig
vollwertige Messdaten höchster Genauigkeit liefert. Das LRI bestimmt den
Abstandsänderungen zwischen den Satelliten auf Bruchteile eines Nanometers
genau; das entspricht etwa einem Atomdurchmesser.
"Eine Überraschung in den LRI-Messdaten waren plötzlich auftretende Sprünge
in den Laser-Messungen – ein Rätsel das wir mittels unserer Analyse in den
vergangenen Monate gelöst haben", erklärt Dr. Vitali Müller, wissenschaftlicher
Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Weltrauminterferometrie am AEI. "Wenn die
Satelliten einige Male pro Erdumrundung ihre Schubdüsen zur Lageregelung
aktivieren, kommt es zu den Sprüngen, die sich leicht in den Messdaten erkennen
und korrigieren lassen. Diese Sprünge beinträchtigen die Leistung des LRI
nicht."
"Nur mit Satellitenbeobachtungen aus dem All lässt sich auf der gesamten Erde
verfolgen, wie sich Eismassen, Grundwasserspiegel und andere für die Zukunft der
Menschheit wichtige Indikatoren des Erdsystems im Laufe der Monate und Jahre
verändern“, sagt Prof. Karsten Danzmann, Direktor am AEI Hannover und Direktor
des Instituts für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover. Obgleich
das LRI als Demonstrationsexperiment für lediglich ein halbes Jahr funktionieren
musste, zeigen sich keinerlei Alterungserscheinungen. Die hochpräzisen
LRI-Messungen werden sich also noch lange fortführen lassen. Die LRI-Messdaten
des ersten Jahres werden Ende Juli 2019 veröffentlicht, danach auf regelmäßiger
Basis. Die Aufzeichnungen der anderen Instrumente sind schon jetzt online
verfügbar.
Das GRACE-Follow-On-Satellitenpaar umrundet die Erde rund 490 Kilometer über
ihrer Oberfläche. Die Satelliten folgen einander in einer Entfernung von 220
Kilometern in einer 90-Minuten-Bahn, die sie über die Pole der Erde führt. Der
Abstand zwischen den Satelliten verändert sich aufgrund der Erdabplattung um
einige Hundert Meter während jeden Umlaufs. Darüber hinaus gibt es weitaus
kleinere Änderungen im Bereich von Mikrometern und Nanometern, verursacht durch
die lokale Feinstruktur des irdischen Schwerefelds, die beispielsweise von
Gebirgszügen, Eismassen und Grundwasserpegeln stammt.
Indem sie diese winzigen Veränderungen über Monate verfolgen, können die
Forschenden das Abschmelzen von Eismassen in Grönland und der Antarktis,
steigende Meeresspiegel, veränderte Grundwasserspiegel, Dürren und Überflutungen
genau nachweisen und das Geoid zu definieren, das Grundlage globaler
Höhenmessungen ist. Die neuartige Laser-Ranging-Interferometer-Technologie an
Bord von GRACE Follow-On wird die Genauigkeit zukünftiger ähnlicher Missionen
signifikant erhöhen und dadurch detailliertere Messungen des irdischen
Schwerefelds und seiner Veränderungen mit der Zeit ermöglichen.
Über die Messungen im ersten Jahr mit dem Laser Ranging Interferometer
berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der Fachzeitschrift Physical
Review Letters erschienen ist.
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