Naturkonstante mit höherer Präzision gemessen
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Technischen Universität Wien astronews.com
4. Juli 2019
Naturkonstanten, wie beispielsweise die
Lichtgeschwindigkeit, spielen in der Physik eine wichtige Rolle und ihre genaue
Messung ist von großer Bedeutung für eine ganze Reihe von Forschungsfeldern. Nun
wurde eine für die Teilchenphysik wichtige Naturkonstante neu gemessen – mit
deutlich höherer Präzision als bisher: die schwache
Axialvektor-Kopplungskonstante.
Das PERKEO-3-Experiment in Grenoble.
Foto: TU Wien [Großansicht] |
Es gibt einige Zahlenwerte, die grundlegende Eigenschaften unseres Universums
festlegen. Sie sind einfach so wie sie sind und niemand weiß warum. Dazu gehört
etwa der Wert der Lichtgeschwindigkeit, die Masse des Elektrons oder auch die
Kopplungskonstanten, von denen die Stärke der Naturkräfte definiert wird.
Eine dieser Kopplungskonstanten, die "schwache
Axialvektor-Kopplungskonstante" (abgekürzt gA) konnte nun mit Beteiligung der TU
Wien viel genauer gemessen werden als bisher. Sie wird benötigt, um die
Kernfusion in der Sonne zu erklären, um die Entstehung der Elemente kurz nach
dem Urknall zu verstehen oder auch, um wichtige Experimente der Teilchenphysik
nachzurechnen. Mithilfe ausgeklügelter Neutronenexperimente konnte man den Wert
der Kopplungskonstante gA nun mit einer Genauigkeit von 0,04 % angeben.
In unserem Universum gibt es vier fundamentale Kräfte: Elektromagnetismus,
starke und schwache Kernkraft und die Gravitation. "Um diese Kräfte zu
berechnen, muss man bestimmte Parameter kennen, die ihre Stärke angeben – und
insbesondere bei der schwachen Wechselwirkung ist das eine komplizierte
Angelegenheit", sagt Prof. Hartmut Abele vom Atominstitut der TU Wien. Die
schwache Wechselwirkung spielt eine entscheidende Rolle, wenn bestimmte Teilchen
in andere umgewandelt werden – wenn etwa in der Sonne zwei Protonen zu einem
Kern verschmelzen und eines von ihnen dabei zu einem Neutron wird.
Um solche Prozesse zu analysieren braucht man die "schwache
Axialvektor-Kopplungskonstante" gA. Es gab bisher unterschiedliche Versuche,
diese Konstante zu messen. "Bei manchen davon gab es allerdings systematische
Korrekturen und große Störfaktoren, die das Ergebnis um bis zu 30 %
veränderten", sagt Hartmut Abele. Ein anderes Messprinzip wurde in den 1980er
Jahren von Prof. Dirk Dubbers in Heidelberg entwickelt – unter dem Namen
"PERKEO".
Hartmut Abele ist an der Arbeit an den PERKEO-Detektoren seit vielen Jahren
beteiligt, "PERKEO 2" hatte er selbst im Rahmen seiner Dissertation entwickelt.
Nun arbeitete er mit seinem ehemaligen Studenten Prof. Bastian Märkisch von der
TU München und Torsten Soldner vom Institut Laue-Langevin in Grenoble zusammen,
um die Messmethode ein weiteres Mal deutlich zu verbessern. Mit "PERKEO 3"
konnten in Grenoble nun Messungen durchgeführt werden, die alle bisherigen an
Genauigkeit weit übertreffen.
Der PEREKO-Detektor analysiert Neutronen, die in Protonen zerfallen und dabei
ein Elektron emittieren. "Diese Elektronenemission ist nicht perfekt
symmetrisch", erklärt Hartmut Abele. "Auf der einen Seite misst man ein bisschen
mehr Elektronen als auf der anderen – das hängt von der Spinrichtung des
Neutrons ab." Der PERKEO-Detektor sammelt mithilfe starker Magnetfelder die
Elektronen aus beiden Richtungen ein und zählt sie dann. Aus der Stärke der
Asymmetrie, also dem Unterschied der Elektronenanzahl in den beiden Richtungen,
kann man dann direkt auf den Wert der Kopplungskonstanten gA schließen.
In vielen Bereichen der modernen Physik ist ein möglichst genauer Zahlenwert
für die Kopplungskonstante gA wichtig: Etwa eine Sekunde nach dem Urknall begann
die "primordiale Nukleosynthese" – die Entstehung der ersten Elemente. Welche
Menge von welchen Elementen damals entstand, hängt unter anderem von gA ab. Und
diese ersten Sekunden der Nukleosynthese bestimmen die Element-Verteilung des
Universums bis heute. Auch die Frage, wie die Energie im Universum auf
gewöhnliche Atome und Dunkle Materie verteilt ist, hängt mit dieser
Kopplungskonstante zusammen. Nicht zuletzt ist sie entscheidend um die
Genauigkeit großer Experimente zu erhöhen – etwa rund um Teilchenkollisionen am
CERN.
Über ihre Ergebnisse berichtet die Gruppe in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Physical Review Letters erschienen ist.
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