Der Ursprung des Tagish-Lake-Meteoriten
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Chemie astronews.com
2. Juli 2019
Vor 19 Jahren schlug ein Meteorit in einen vereisten See in
der kanadischen Provinz British Columbia ein. Er ist inzwischen als Tagish-Lake-Meteorit
bekannt. Eine Analyse der Kohlenstoffisotope in dem Brocken ergab nun, dass der
Meteorit offenbar aus den äußeren Bereichen des Sonnensystems stammt, eventuell
sogar aus dem Kuipergürtel.
Ein Bruchstück des Tagish-Lake-Meteoriten.
Bild: Mike Zolensky, NASA JSC |
Es war kurz vor neun Uhr an einem kalten Januarmorgen im Jahr 2000, als eine
Feuerkugel den Himmel über der kanadischen Provinz British Columbia erhellte.
Kurz darauf krachte der etwa 200 Tonnen schwere Meteorit auf die vereiste
Oberfläche des Tagish Lake. Die laute Explosion ließ die Erde in weitem Umkreis
beben. Der Tagish-Lake-Meteorit zerplatzte in Hunderte kleine Stücke. Seitdem
untersuchen Wissenschaftler aus der ganzen Welt die schwarzen Brocken.
Ein internationales Team unter Beteiligung von Peter Hoppe, Gruppenleiter am
Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, hat nun mehr über den Ursprung des
Meteoriten herausgefunden. Nach einer Analyse der Kohlenstoffisotope im Gestein
gehen die Wissenschaftler davon aus, dass der Mutterkörper des Tagish-Lake-Meteoriten
ursprünglich in den äußeren, kalten Bereichen unseres Sonnensystems entstanden
ist, dort wo Uranus und Neptun gebildet wurden, oder sogar noch weiter von der
Sonne entfernt, im Kuipergürtel.
Der Kuipergürtel enthält eine Vielzahl kleinerer Objekte. Viele Kometen
stammen aus diesem Bereich des Sonnensystems. Der Tagish-Lake-Meteorit gehört
zur Gruppe der kohligen Chondrite und ist ein Bruchstück eines sogenannten
D-Asteroiden. Asteroiden sind kleine Himmelskörper, die hauptsächlich in einem
Bereich zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter zu finden sind, dem
Asteroidengürtel. Asteroiden vom Typ D sind an der Oberfläche größtenteils aus
Silikaten mit Kohlenstoffanteilen zusammengesetzt. Sie besitzen eine geringe
Albedo, das heißt ein geringes Rückstrahlvermögen. D-Asteroiden sind
vergleichsweise selten und befinden sich in den äußeren Bereichen des
Asteroidengürtels oder auf Umlaufbahnen ähnlich derjenigen des Jupiters.
"Die Umgebungstemperatur, bei der sich ein Asteroid gebildet hat, ist
entscheidend für die Bestimmung seiner ursprünglichen Position. Sie wird durch
die Menge der darin enthaltenen flüchtigen Stoffe bestimmt", erklärt Hoppe. Die
Forscher haben den Anteil an Karbonaten und das Verhältnis zwischen den
Kohlenstoffisotopen 13C und 12C im Tagish-Lake-Meteoriten gemessen und einen
hohen Anteil an 13C festgestellt. Dieser Anteil ist höher als in anderen
Meteoriten, aber ähnlich demjenigen wie er kürzlich bei der Rosetta-Mission
für Trockeneis (CO2-Eis) des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko gemessen wurde.
"Karbonate entstehen bei wässerigen Reaktionen von CO2 mit Kalzium
oder einem anderen Element. Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass es im
Mutter-Asteroiden einmal eine große Menge an 13C-reichem CO2-Eis
gab", erläutert Hoppe. Hieraus schließen die Wissenschaftler, dass der
Mutterkörper des gefundenen Meteoriten im äußeren Bereich des Sonnensystems
entstanden sein muss, wo die Temperaturen niedrig genug sind, um CO2
vereisen zu lassen.
Einen weiteren wichtigen Hinweis fanden die Wissenschaftler im Verhältnis
zwischen CO2 und H2O. Das im Tagish-Lake-Meteoriten
gemessene Verhältnis ist deutlich größer als in anderen kohligen Chondriten. Die
Ergebnisse ähneln hingegen den Verhältnissen, wie man sie in Kometen findet. Die
Forscher schließen daraus, dass sich einige Asteroiden vom Typ D im kalten
äußeren Sonnensystem gebildet haben und anschließend aufgrund von
Gravitations-Wechselwirkungen mit den Riesen-Planeten Jupiter, Saturn, Uranus
und Neptun in das innere Sonnensystem transportiert wurden.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der gestern im
Magazin Nature erschienen ist.
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