Ein 3D-Drucker für den Mond
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Laser Zentrums Hannover e.V. astronews.com
3. Juni 2019
Der Erdtrabant soll bald auch wieder von Menschen erkundet werden - und diesmal für
längere Zeit. Für den Bau einer Mondstation würde es sich dann anbieten, Baumaterial
direkt vor Ort zu produzieren. Ein Team aus Hannover und Braunschweig möchte
dazu Mondstaub schmelzen und ihn als Baumaterial für den 3D-Druck nutzbar
machen. 2021 wollen sie das auf dem Mond ausprobieren.
Die MOONRISE-Technologie im Einsatz auf dem
Mond. Links die Mondlandefähre ALINA, rechts der
Rover mit der MOONRISE-Technologie – mit
angeschaltetem Laser beim Aufschmelzen von
Mondstaub.
Bild: LZH [Großansicht] |
Internationale Raumfahrtorganisationen und Firmen planen nicht nur die
Erkundung, sondern auch die Besiedlung des Weltraums. Der Mond ist dabei als
Forschungsstation und Ausgangsbasis für weitere Expeditionen von großer
Bedeutung. Doch die Kosten für Flüge und Transporte zum Mond sind enorm – ein
Kilogramm Nutzlast kostet gut 700.000 Euro. Daher müssten Infrastruktur,
Bauteile und Geräte bestenfalls direkt auf dem Erdtrabanten hergestellt werden.
Hier setzt die MOONRISE-Technologie an: "Wir wollen ein Lasersystem auf den
Mond bringen, das dort Mondstaub, das sogenannte Regolith, aufschmelzen soll.
Damit würden wir den ersten Schritt gehen, um die additive Fertigung, also den
3D-Druck, auf den Mond zu bringen", erklärt Niklas Gerdes vom Laser Zentrum
Hannover e.V. (LZH).
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Institut für
Raumfahrtsysteme (IRAS) der Technischen Universität Braunschweig und des LZH
wollen so den Nachweis erbringen: Ein Lasersystem, das nicht mehr als drei
Kilogramm wiegt und das Volumen einer großen Saftpackung hat, kann lokal auf dem
Mond vorhandene Rohstoffe zielgerichtet aufschmelzen und später in vielseitige
Strukturen umwandeln. Die Möglichkeit, mit der ersten Mondmission des Berliner
New-Space Unternehmens PTScientists ihre MOONRISE-Technologie im Jahr 2021 auf
den Mond zu fliegen, bietet den niedersächsischen Forscherinnen und Forschern
die einmalige Gelegenheit des Tests ihrer Technologieidee unter realen
Bedingungen.
Konkret wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Braunschweig
und Hannover Regolith auf der Mondoberfläche kontrolliert - mithilfe ihres
Lasersystems - aufschmelzen. Nach dem Abkühlen liegt ein fester Körper vor, der
beispielsweise geeignet wäre, als Baumaterial für das "Moon Village", die Vision
des globalen Dorfes auf dem Mond als Außenposten im All, zu dienen. Das gezielte
Aufschmelzen in vordefinierte Strukturen wird mit hochauflösenden Kameras
überwacht und dokumentiert.
Die Erkenntnisse aus den Versuchen werden grundlegenden Einfluss auf
Erkundungsmissionen generell haben: Denn gelingt das Experiment auf dem Mond,
ließe sich das MOONRISE-Verfahren auf die Erzeugung größerer Strukturen
hochskalieren. Somit könnten auf lange Sicht ganze Infrastrukturen wie
Fundamente, Wege und Landeflächen durch die MOONRISE-Fertigungstechnologie
erbaut werden.
Das Projekt MOONRISE läuft seit knapp neun Monaten. Die Ergebnisse der
bisherigen Tests sind vielversprechend: Der Laboraufbau ist angepasst,
geeignete, gängige Laserhardware identifiziert und getestet, die Optiken
ausgelegt und erprobt. Das Material, das die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler für die Tests produzieren und verwenden, wird dem Regolith auf
dem Mond immer ähnlicher. Aktuell arbeiten sie daran, den Laser an den Laderaum
des Mondfahrzeuges, den sogenannten Rover, anzupassen. Der Laser wird in einen
Tunnel an der Unterseite des Rovers integriert.
Nach den Anpassungen wird das gesamte System auf seine Weltraumtauglichkeit
getestet: denn auf dem Weg zum Mond muss das Lasersystem Erschütterungen und
massiven Temperaturunterschieden widerstehen. "Der von uns geplante direkte
Nachweis, dass die Verarbeitung des Mond-Regoliths mit bereits verfügbaren
Hardwarekomponenten möglich ist, wird entscheidend für die Planung zukünftiger
Missionen sein. Größere und nachhaltige Projekte auf der Oberfläche unseres
kosmischen Nachbarn werden so ermöglicht," erläutert Stefan Linke vom IRAS.
2021 soll es dann so weit sein: Der MOONRISE-Laser von LZH und IRAS
wird ein Teil der Mondmission der PTScientists sein und integriert in den Rover
mit einer Rakete auf den Erdtrabanten geschickt. Gefördert wird das ehrgeizige
und zukunftsweisende Forschungsprojekt von der VolkswagenStiftung im Rahmen von
"Offen – für Außergewöhnliches". Darin unterstützt die Stiftung außergewöhnliche
und gewagte Vorhaben, für die sich kein anderer Geldgeber finden lässt.
"Die Zeit ist sehr knapp, um den Prozess sicher zu machen, den dazu passenden
Laser aufzubauen, zu testen und dabei das Gewichtsbudget einzuhalten", sagt
Prof. Dr.-Ing. Ludger Overmeyer vom LZH. "Doch nur wer Unmögliches versucht, hat
die Chance es zu erreichen."
"An dem zugrundeliegendem Verfahren für die MOONRISE-Technologie arbeiten
IRAS und LZH bereits seit 2015 gemeinsam. Jetzt haben wir durch das Projekt die
Chance, das erste Mal in der Geschichte additive Fertigung außerhalb der Erde
und des Erdorbits zu zeigen", erläutert Prof. Dr.-Ing. Enrico Stoll vom IRAS.
Unabhängig vom Erreichen des Mondmission-Ziels wird im Rahmen des Projekts
die wissenschaftlich-technische Grundlage für den 3D-Druck auf dem Mond
geschaffen. "Mit dem gerade eröffneten Forschungszentrum HITec (Hannover
Institute of Technology) und dem 'Einstein-Elevator' haben wir die nötige
Infrastruktur in der Metropolregion Hannover-Braunschweig für zukünftige
Raumfahrt-Spitzenforschung zur direkten Verfügung", erklärt Overmeyer. "Mit dem
Einstein-Elevator ist es möglich, die Umgebungs- und Gravitationsbedingungen des
Mondes darzustellen. Versuche in diesem Forschungsgroßgerät, unter Bedingungen
wie auf dem Mond, bilden daher eine stabile Grundlage für das außergewöhnliche
Vorhaben."
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