Keramiken aus Marsboden
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der TU Berlin astronews.com
23. November 2018
Wenn Menschen irgendwann einmal zum Mars aufbrechen und dort
auch für einige Zeit leben und arbeiten, sollten möglichst auch vor Ort
vorhandene Ressourcen genutzt werden. Ein Team der TU Berlin hat nun mithilfe
von simuliertem Marsboden erste Versuche in diese Richtung unternommen: Die
Forscher stellten daraus Vasen und Ringe her.
Vasen, Ringe und Tabletten aus Marskeramik in
unterschiedlichen Brennstadien.
Foto: TU Berlin / David Karl [Großansicht] |
Die Ziele sind ambitioniert: In den 2030er-Jahren plant die US-amerikanische
Raumfahrtbehörde NASA mit ihren internationalen Partnerinnen und Partnern den
ersten bemannten Flug zum Planeten Mars – eine Reise in die Tiefen des Weltalls,
die von Forscherinnen und Forschern weltweit begleitet wird. Ein Team der TU
Berlin vom Fachgebiet Keramische Werkstoffe am Institut für
Werkstoffwissenschaften und -technologien befasst sich ebenfalls mit
Experimenten, die eine mögliche Reise zum Roten Planeten in den Fokus stellen.
Die Wissenschaftler haben für ihre Studie mithilfe des simulierten Marsbodens
"JSC-Mars-1A" erstmals komplexe geometrische Formen wie Ringe und Vasen
gefertigt. Das dem Marsboden (Regolith) nachempfundene Material ist vulkanischen
Ursprungs und stammt von der Flanke des höchsten Bergs auf Hawaii, dem Mauna
Kea. Die Materialien wurden vom Johnson Space Center der NASA
entwickelt und der Wissenschaftsgemeinde unter anderem für sogenannte
In-situ-Ressourcennutzung-Studien zur Verfügung gestellt. Ihre Beschaffenheit
simuliert den Mars-Regolith.
Der Mars und die Erde sind zwischen 56 und 401 Millionen Kilometer
voneinander entfernt. Eine Reise dorthin würde nach derzeitigen Erkenntnissen
bis zu acht Monate dauern. "Im Falle eines Marsaufenthalts wird es für
Astronautinnen und Astronauten wichtig sein, eigene Produkte aus lokalen
Materialien herzustellen. Diese Praxis wird 'in-situ resource utilization'
genannt und bildet die Grundlage für unsere Versuche“, erklärt David Karl von
der TU Berlin. Er ist gemeinsam mit Franz Kamutzki Projektverantwortlicher der
Studie.
"Unsere 'Marskeramik' besteht aus einer Erde, die in chemischer Hinsicht der
des Mars ähnlich ist. Für die Verarbeitung haben wir den Marssimulanten nur mit
Wasser gemahlen, in Gipsformen gegossen und gebrannt", erläutert Kamutzki. "Es
kamen nur 'Marsboden', Gips, Wasser und Energie zum Einsatz – alles Ressourcen,
die auf dem Mars vorhanden sind oder erzeugt werden können."
"Anfangs haben wir das Material vielen Vorprozessen unterzogen: Wir haben es
thermisch vorbehandelt, vorgemahlen, vorgesiebt, organische Additive in Form von
Dispergatoren und Bindemitteln hinzugefügt und letztlich festgestellt, dass die
denkbar einfachste Variante am stabilsten funktioniert", erklärt Karl. Die
Wissenschaftler versetzten den Marssimulanten mit Wasser in einem Verhältnis von
circa 50 zu 50 und haben ihn für 48 Stunden mischgemahlen. Der dadurch
entstandene Schlicker wurde anschließend in Gipsformen gegeben – etwa für Vasen
–, nach kurzer Zeit entformt, luftgetrocknet und bei unterschiedlichen
Temperaturen von 1000 bis 1130 Grad Celsius gebrannt. Das Ergebnis sind
keramische Bauteile, die, je nach Brenntemperatur, ähnliche oder sogar höhere
Druckfestigkeiten im Vergleich zu Porzellan aufweisen.
"Wir waren sehr überrascht von den guten mechanischen Eigenschaften unserer
Marskeramiken – theoretisch sind sie hierdurch für alle Anwendungen interessant,
für die heute auf der Erde Porzellan und Tonkeramiken genutzt werden: angefangen
von Geschirr über technische Bauteile zu Baumaterialien", fasst Kamutzki die
Bedeutung der Experimente zusammen.
Doch warum haben die Wissenschaftler gerade Vasen hergestellt? "In der
konzeptionellen Phase unseres Projektes haben wir ausgiebig diskutiert, welche
Werkzeuge für eine menschliche Mars-Kolonisation wesentlich sein würden", so die
Forscher. "Letztlich haben wir uns für die Form unserer 'Marskeramiken' auf eine
Geometrie geeinigt, die in der menschlichen Zivilisationsgeschichte von allen
Kulturen produziert, genutzt und hinterlassen wurde und noch heute weltweit
Verwendung findet."
Das Team betont außerdem, dass viele andere komplexe Formen mit der
entwickelten Prozessroute hergestellt werden könnten. Der Schlickerguss mit
Gipsformen sei für die Produktion von großen Stückzahlen mit gleicher Geometrie
sinnvoll. Zurzeit arbeitet das Team an neuen Prozessen, bei denen das
entwickelte Schlickersystem mittels 3-D-Druck verarbeitet wird. Theoretisch böte
eine solche ferngesteuerte beziehungsweise vollautomatische Prozessierung die
Möglichkeit, Bauteile mit flexiblen Geometrien zu erzeugen – sogar bevor
Menschen den Roten Planeten betreten.
Über die Ergebnisse berichtete das Team in der
Open-Access-Fachzeitschrift PLoS ONE.
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Mission Mars, die astronews.com-Berichterstattung über die Erforschung des roten Planeten |
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