Erfolglose Suche nach Methan in der Atmosphäre
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
26. April 2019
Seit rund einem Jahr misst die Sonde ExoMars Trace Gas
Orbiter hochgenau die Zusammensetzung der Marsatmosphäre. Sie fahndet dabei
unter anderem nach Spuren von Methan. Das Gas gilt als möglicher Hinweis auf
Leben und wurde etwa vom Marsrover Curiosity bereits nachgewiesen. Der
Trace Gas Orbiter fand jedoch keinerlei Spuren von Methan.
Durch die spektrale Analyse des
Sonnenlichts, das die Atmosphäre des Mars
durchläuft, kann der Trace Gas Orbiter ihre
Zusammensetzung genau bestimmen.
Bild: ESA/ATG medialab [Großansicht] |
Mit mehr als 95 Prozent ist Kohlenstoffdioxid der Hauptbestandteil der
Marsatmosphäre, gefolgt von kleinen Mengen von Stickstoff, Argon, Sauerstoff,
Kohlenstoffmonoxid und weiteren Spurengasen. Ob zu letzteren auch Methan zählt
und in welcher Konzentration, ist eine der meistdiskutierten Fragen der
Marsforschung.
Da das Methan in der Erdatmosphäre in erster Linie von Mikroorganismen am
Boden erzeugt wird, liegt der Gedanke nahe, das Gas auf unserem Nachbarplaneten
könne ebenfalls einen biologischen Ursprung haben. Allerdings kämen auch andere
Quellen infrage, etwa bestimmte geochemische Reaktionen im Marsgestein.
Die ersten Funde von Methan in der Marsatmosphäre liegen etwa 16 Jahre
zurück. In den Folgejahren bestätigten sowohl bodengebundene Untersuchungen als
auch Messungen der ESA-Raumsonde Mars Express die Entdeckung. Auch der
NASA-Rover Curiosity, der sich seit 2012 einen Weg durch den
Gale-Krater bahnt, wurde fündig: In Bodennähe schwankt die Methankonzentration
dort demnach ständig zwischen 0,24 und 0,65 ppb (Teile pro Milliarde).
"Setzt man unser bisheriges Verständnis der Atmosphärenchemie des Mars
voraus, hat Methan dort eine Lebensdauer von einigen hundert Jahren", erklärt
Dr. Paul Hartogh vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, der zum Team
des Instruments ACS (Atmospheric Chemistry Suite) an Bord der Raumsonde
ExoMars Trace Gas Orbiter (TGO) gehört, einem gemeinsamen Projekt der
europäischen und russischen Weltraumagenturen. Vor allem der Einfall
ultravioletter Strahlung und Reaktionen mit dem Hydroxylradikal tragen zum Abbau
von Methan bei.
Methan, das in Bodennähe entsteht, müsste sich wegen seiner chemischen
Stabilität nach und nach gleichmäßig über die gesamte Marsatmosphäre verteilen
und selbst in großer Höhe messbar sein. Die aktuellen Daten der Instrumente
NOMAD und ACS an Bord von TGO zeichnen allerdings ein anderes Bild: Trotz der
hohen Empfindlichkeit der Messungen, die Konzentrationen von 0,05 ppb aufspüren
können, wurden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht fündig.
Marsforscherinnen und –forscher suchen nun nach Möglichkeiten, die scheinbar
widersprüchlichen Ergebnisse von TGO und Curiosity zu versöhnen. So
wäre es beispielsweise denkbar, dass ein bisher unbekannter Mechanismus in der
Marsatmosphäre am Werk ist und dort Methan abbaut.
Andere Erklärungen blicken genauer auf die Messdaten von Curiosity.
Weist tatsächlich der gesamte Gale-Krater dieselbe Methankonzentration auf, die
der Rover gemessen hat? Nur dann müsste auch ACS das Gas aufspüren können. Oder
müssen die Daten deutlich lokaler interpretiert werden? So gab es etwa
Befürchtungen, Curiosity selbst könnte Methan ausgedünstet haben. In
diesem Fall dürften die Methanmengen, welche die übrige Atmosphäre erreichen,
deutlich unter der Nachweisgrenze von TGO liegen.
MPS-Wissenschaftler Paul Hartogh bringt eine weitere Erklärung ins Spiel:
Möglicherweise gibt es unter der Regolithschicht am Boden des Gale-Kraters
Methanhydrate, wie sie beispielsweise in Permafrostböden der Arktis auf der Erde
vorkommen. Diese könnten mit anderen Gasen und Materialien im Marsboden
vermischt sein. Wird das Methan freigesetzt, könnte es ins Marsregolith
diffundieren und dort angelagert werden. Der Druck des darüber fahrenden Rovers
könnte das Gas dann freisetzen. Die Gesamtmengen wären zu gering, um sie mit TGO
aufzuspüren.
Trotz dieser Negativresultate wird der Gale-Krater weiterhin Ziel von
Methanmessungen von TGO sein. Über die Ergebnisse berichten die Forschenden
jetzt in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Nature erschienen
ist.
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