Magnetfelder sorgen für heiße Umgebung
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Eberhard Karls Universität Tübingen astronews.com
7. November 2018
Ein Astronomen-Team hat mithilfe des 3,5-Meter-Teleskops auf
dem Calar Alto erstmals eine Magnetosphäre um einen Weißen Zwergstern entdeckt.
Der Fund kann das Rätsel lösen, warum um diese Überreste sonnenähnlicher Sterne
offenbar manchmal Temperaturen herrschen, die weit über der Temperatur der
Objekte selbst liegen: Das Magnetfeld ist Schuld.
Künstlerische Darstellung des Weißen Zwergs
GALEXJ014636.8+323615 (weiß) und seiner
Magnetosphäre, in der ultra-heißes Gas (violett)
innerhalb eines Magnetfeldes (grün) gefangen ist.
Bild: Nicole Reindl [Großansicht] |
Ein internationales Astronomen-Team hat erstmals eine sogenannte
Magnetosphäre um einen Weißen Zwerg entdeckt, den Überrest eines Sterns
vergleichbar unserer Sonne. In dem Magnetfeld um den Stern befindet sich ein
extrem heißes Gas. Dies löst ein Jahrzehnte altes Rätsel: Nun kann sich die
Forschung erklären, wie im Umfeld mancher Weißer Zwerge Prozesse ablaufen
können, für die sehr hohe Temperaturen notwendig sind. An der Studie war
Professor Klaus Werner vom Institut für Astronomie und Astrophysik der
Universität Tübingen beteiligt, geleitet wurde sie von der ehemaligen Tübingerin
Dr. Nicole Reindl an der Universität von Leicester.
Weiße Zwerge sind die Überreste sonnenähnlicher Sterne, im Endstadium ihres
Daseins. In der letzten Lebensphase stoßen sie ihre äußere Hülle ab und
hinterlassen einen heißen, kompakten und dichten Kern, der über Jahrmilliarden
hinweg abkühlt. Die Temperatur auf ihren Oberflächen beträgt typischerweise
100.000 Grad Celsius ‒ zum Vergleich: die Sonne hat eine Oberflächentemperatur
von 5500 Grad Celsius.
Einige Weiße Zwerge gaben bislang Rätsel auf: Sie zeigten Anzeichen hoch
ionisierter gasförmiger Metalle. Mit "Metallen" werden in der Astronomie alle
Elemente schwerer als Helium bezeichnet. Eine hohe Ionisation bedeutet, dass
sich nur noch ein Elektron in ihren äußeren Atomhüllen befindet, alle anderen
wurden abgestreift. Für diesen Prozess ist eine Temperatur von einer Million
Grad Celsius notwendig, also weit mehr als die Oberflächentemperatur der
heißesten Weißen Zwerge.
In ihrer Studie hatte die Forschungsgruppe mit einem 3,5-Meter-Teleskop auf
dem Calar Alto in Spanien einen Weißen Zwerg im Sternbild Dreieck entdeckt und
beobachtet – er wurde unter dem Namen GALEXJ014636.8+323615 katalogisiert und
ist 1200 Lichtjahre entfernt. Bei der Spektroskopie seines Lichts traten die
Signaturen hoch ionisierter Metalle zu Tage. Erstaunlicherweise veränderten sich
diese über eine Zeitspanne von sechs Stunden hinweg, das ist exakt die Zeit, die
der Weiße Zwerg für eine Drehung um seine eigene Achse braucht.
Aus ihren Beobachtungen konnten die Forscher schließen, dass der Stern von
einem Magnetfeld umgeben ist. Diese fängt gasförmiges Material ab, das von
seiner Oberfläche abströmt. Stoßwellen innerhalb dieser sogenannten
Magnetosphäre heizen das Material drastisch auf und streifen somit fast alle
Elektronen von den Metallatomen ab. "Man kann sich die Gashülle als eine Art
Donut aus ultra-heißem Material vorstellen, der den sowieso schon heißen Stern
umgibt", erklärt Reindl. Die Achse des Magnetfelds sei dabei relativ zur
Rotationsachse des Sterns verkippt, die Menge des durch die Stoßwelle geheizten
Materials, das wir sehen, würde sich also mit der Drehung des Sterns verändern.
In den vergangenen 20 Jahren seien immer mehr dieser merkwürdigen Sterne mit
hoch ionisierten Metallen gefunden wurden, ohne dass die Forschung einen
Anhaltspunkt dafür hatte, woher diese kamen, erklärt die Wissenschaftlerin.
"Unser Modell einer durch Stoßwellen geheizten Magnetosphäre erklärt nun endlich
ihren Ursprung."
Magnetosphären wurden auch um andere Sterntypen gefunden, aber dies ist die
erste Beobachtung einer solchen Umgebung um einen Weißen Zwerg. Die Entdeckung
könnte weitreichende Konsequenzen haben. "Die Forschung hat das bisher einfach
nicht berücksichtigt", unterstreicht Werner. "Das könnte bedeuten, dass
Messungen anderer Eigenschaften Weißer Zwerge bisher stark verfälscht waren,
etwa deren Temperatur und Masse."
In der Tat könnte ein Viertel aller Weißen Zwerge eine solche
Entwicklungsphase durchlaufen, in der Material in einer Magnetosphäre gefangen
und super-geheizt wird, vermuten die Wissenschaftler. Das Team plant nun, dieses
Phänomen im Detail zu modellieren und weitere dieser faszinierenden Objekte zu
erforschen.
Über ihre Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society
erschienen ist.
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