Heißester Weißer Zwerg entdeckt
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Tübingen
astronews.com
12. Dezember 2008
Tübinger Astronomen haben einen äußerst heißen Weißen Zwerg
aufgespürt. Der ausgebrannte Sternenrest mit der Bezeichnung KPD 0005+5106 hat
eine Oberflächentemperatur von rund 200.000 Grad Celsius und ist damit einer der
heißesten bekannten Sterne. Der Fund gelang mit Hilfe von Daten des
Ultraviolett-Weltraumteleskops FUSE.
Das Weltraumteleskop FUSE.
Bild: NASA / Lauren Fowler (JHU FUSE Project) |
Der Weiße Zwerg mit der nüchternen Bezeichnung KPD 0005+5106 ist mit
einer Oberflächentemperatur von rund 200.000 Grad Celsius einer der
heißesten bekannten Sterne. Diese Entdeckung machten Prof. Klaus Werner
und Dr. Thomas Rauch vom Institut für Astronomie und Astrophysik der
Universität Tübingen in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen
Astronomen Dr. Jeffrey Kruk von der Johns Hopkins University
mit Hilfe des FUSE-Weltraumteleskops (Far-Ultraviolet Spectroscopic
Explorer) der amerikanischen Weltraumbehörde NASA. Die Arbeitsgruppe
veröffentlicht ihre Forschungsergebnisse heute in der Fachzeitschrift
Astronomy & Astrophysics.
Der Weiße Zwerg KPD 0005+5106 ist so heiß, dass seine Photosphäre
Emissionslinien im Ultraviolett-Spektrum zeigt, ein Phänomen, das bisher nicht
bekannt war. Diese Emissionen stammen von extrem ionisiertem Kalzium (neunfach
ionisiert, also Ca X), das die höchste Ionisationsstufe eines chemischen
Elements darstellt, die jemals im Photosphärenspektrum eines Sterns gefunden
wurde.
Sterne mittlerer Masse, entsprechend ein bis acht Sonnenmassen, beenden ihr
Leben nach der Erschöpfung ihres nuklearen Energievorrats als Weißer Zwerg,
einem Objekt von der Größe der Erde. Während der Übergangsphase von einem
kernfusionierenden Stern zum Weißen Zwerg wird der Stern sehr heiß. Viele
solcher Objekte mit Oberflächentemperaturen um 100 000 Grad Celsius sind
bekannt. Sternentwicklungstheorien sagen vorher, dass die Sterne viel heißer
werden können. Allerdings ist die Chance sehr gering, sie in diesem heißen
Stadium zu finden, da diese Phase relativ kurz ist.
Seit seiner Entdeckung als lichtschwacher blauer Stern hat KPD 0005+5106 die
Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gezogen. Die optischen Spektren, die mit
bodengebundenen Teleskopen aufgenommen wurden, wiesen bereits darauf hin, dass
dieser Weiße Zwerg sehr heiß ist. Weiterhin gehört er einer besonderen Klasse
seltener Weißer Zwerge an, deren Atmosphären von Helium dominiert werden. Eine
genaue Auswertung dieser Spektren, kombiniert mit Beobachtungen im
ultravioletten Bereich mit dem Hubble-Weltraumteleskop, führte zu dem
Schluss, dass KPD 0005+5106 eine Temperatur von rund 120.000 Grad Celsius hat,
die ihn zum heißesten Mitglied seiner Klasse machte.
Allerdings gab es Konkurrenz durch ähnlich heiße Weiße Zwerge, die im
Sloan Digital Sky Survey (SDSS), einer großangelegten
Himmelsdurchmusterung, vor einigen Jahren gefunden wurden. Das
FUSE-Observatorium führte in seiner achtjährigen Betriebszeit spektroskopische
Beobachtungen im fernen Ultraviolettbereich durch, der dem Hubble-Teleskop
unzugänglich ist. Mit FUSE wurde KPD 0005+5106 wiederholt beobachtet. Der Stern
wurde nämlich als Kalibrationslichtquelle genutzt, um das Leistungsvermögen des
Observatoriums zu überwachen.
Das Astronomenteam um Werner hat diese gesammelten Beobachtungen nun genutzt,
um einen Datensatz mit außergewöhnlich hoher Qualität zu erstellen. Dabei
entdeckten sie die Anwesenheit zweier Emissionslinien von Kalzium. Eine genaue
Modellierung der Sternatmosphäre bestätigte den Ursprung dieser Linien und
beweist, dass die Temperatur 200.000 Grad Celsius betragen muss, um diese
Emissionslinien überhaupt zu erzeugen.
Obwohl die Theorie die Existenz so heißer Weißer Zwerge vorhergesagt hat,
stellt der Stern jedoch wegen seiner chemischen Zusammensetzung eine
Herausforderung für die wissenschaftlichen Vorstellungen der Sternentwicklung
dar. Die gemessene Kalziumhäufigkeit (ein- bis zehnfacher Wert dessen, was wir
in der Sonne sehen) in Kombination mit der heliumreichen Natur seiner Atmosphäre
stellt eine chemische Zusammensetzung dar, die von Sternentwicklungsmodellen
nicht vorher gesagt wird.
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