Eisen und Titan in der Atmosphäre
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
16. August 2018
Einem Team von Astronomen ist es erstmals gelungen, in der
Atmosphäre eines extrasolaren Planeten Eisen und Titan nachzuweisen. Dies wurde
auch deswegen möglich, weil die Existenz dieser Elemente in Gasform zuvor
theoretisch vorhergesagt wurde. Der Fund gelang bei einem heißen Jupiter, der
seinen Zentralstern in nur geringen Abstand umkreist.
Künstlerische Ansicht eines Sonnenuntergangs
über KELT-9b. Unter dieser sengenden Sonne
leuchtet die Atmosphäre des Planeten rötlich, und
Schwermetalle wie Eisen und Titan verdampfen.
Bild: Denis Bajram [Großansicht] |
Planeten in anderen Sonnensystemen, sogenannte Exoplaneten, können sehr nah
um ihren Stern kreisen. Wenn dieser Stern viel heißer ist als unsere Sonne, dann
kommt es zu einem einzigartigen Phänomen: Der Exoplanet wird selber so heiß wie
ein Stern. Weil solche Gasriesen dem Jupiter physikalisch ähnlich sind, werden
sie auch "Hot Jupiters" (also "heiße Jupiter") oder "Ultra-hot Jupiters"
genannt.
KELT-9 ist ein Stern, der sich 650 Lichtjahre von der Erde entfernt im
Sternbild Schwan befindet. Mit einer Temperatur von über 10.000 Grad Celsius ist
er fast doppelt so heiß wie die Sonne. KELT-9 wird von einem riesigen
Gasplaneten, dem "Ultra-hot Jupiter" KELT-9b, umkreist, der seinem Zentralstern
30 Mal näher ist als die Erde der Sonne. Aufgrund dieser Nähe umrundet der
Exoplanet seinen Stern in 36 Stunden, und er wird auf eine Temperatur von über
4000 Grad Celsius erhitzt. Somit ist der Planet KELT-9b zwar nicht so heiß wie
die Sonne, aber heißer als viele andere Sterne.
Wie die Atmosphäre eines solchen "Hot Jupiter" aussehen könnte, und wie sie
sich unter solchen Bedingungen entwickeln konnte, war bislang unbekannt. Nun
konnte ein Team unter der Leitung der Universität Genf, das sich mit
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Bern
zusammengeschlossen hat, dank einer Simulation der Berner Forschergruppe Eisen-
und Titanatome in der Atmosphäre von KELT-9b nachweisen.
Um die Atmosphäre des Exoplaneten zu simulieren haben Forschende der
Universität Bern, die Teil des Nationalen Forschungsschwerpunktes PlanetS sind,
kürzlich eine Studie durchgeführt. "Die Ergebnisse dieser Simulationen zeigten,
dass die meisten Moleküle in der Atmosphäre von KELT-9b in atomarer Form
vorliegen sollten", erklärt der Co-Autor der Studie Kevin Heng, Direktor und
Professor am Center for Space and Habitabilty (CSH) an der Universität
Bern und Mitglied von PlanetS.
"Denn bei den extrem hohen Temperaturen auf KELT-9b finden Kollisionen
zwischen den Teilchen statt, die die Bindungen zwischen den Molekülen aufbrechen
und die dabei entstehenden Atome sogar teilweise ionisieren", so Daniel Kitzmann
vom CSH weiter. Die Simulationen des Berner Teams sagten auch voraus, dass es
möglich sein sollte, gasförmiges atomares Eisen in der Atmosphäre des Planeten
KELT-9b mithilfe von Teleskopen zu beobachten.
Gleichzeitig zu den Untersuchungen des Berner Teams beobachteten Forschende
des PlanetS an der Universität Genf den Planeten KELT-9b während eines Transits
vor seinem Zentralstern KELT-9. Ein winziger Bruchteil des Lichts des Sterns
KELT-9 wird während dieses Transits durch die Atmosphäre des Planeten KELT-9b
gefiltert. Wird nun dieses gefilterte Licht analysiert, können daraus Schlüsse
gezogen werden über die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre des Planeten
KELT-9b. Dies ist möglich dank einem Spektrographen, der das weiße Licht in
seine Komponenten aufteilt, das sogenannte Spektrum.
Die Genfer Forschenden nutzten für ihre Beobachtungen den
HARPS-Nord-Spektrographen in La Palma, der in Genf gebaut worden war. Wie von
Hengs Team vorhergesagt, hinterlassen Eisenatome, falls sie in der Atmosphäre
von KELT-9b vorhanden sind, einen gut erkennbaren "Fingerabdruck" im Spektrum.
Das Genfer Team entdeckte tatsächlich ein starkes Signal, das demjenigen von
Eisendampf entspricht. "Mit den theoretischen Vorhersagen von Hengs Team
brauchten wir nur noch einer Art Schatzkarte zu folgen", sagt Jens Hoeijmakers
von den Universitäten Bern und Genf. "Als wir uns intensiver mit den Daten
beschäftigt haben, fanden wir sogar noch mehr", fügt er hinzu.
Neben den Atomen wiesen die Forscher in der Atmosphäre von KELT-9b außerdem
das Vorhandensein von sowohl Eisen als auch Titan in ionisierter Form nach.
Bisher wurde angenommen, dass viele Exoplaneten, die sich in einer ähnlichen
Umgebung wie KELT-9b befanden, vollständig verdampft sind. "KELT-9b ist
wahrscheinlich massiv genug, um der totalen Verdunstung zu widerstehen",
vermutet Hoeijmakers.
Die Studie zeigt den starken Einfluss der Sternenstrahlung auf die
Zusammensetzung der Atmosphäre von Exoplaneten. Die Beobachtungen bestätigen,
dass die hohen Temperaturen, die auf dem Planeten KELT-9b herrschen, die meisten
Moleküle in ihre Atome aufspalten, also auch die Moleküle, die Eisen oder Titan
enthalten. Bei kühleren Exoplaneten werden Eisen- oder Titan-Atome in
gasförmigen Oxiden oder in kondensierter Form als Staubpartikel vermutet, wo sie
schwer zu erkennen sind.
Einig sind sich die Wissenschaftler, dass der Planet KELT-9b ein
einzigartiges Labor ist, um zu analysieren, wie sich Atmosphären von Planeten
unter intensiver Sternenstrahlung entwickeln können. "Für mich sind die beiden
Studien ein tolles Ergebnis des PlanetS-Netzwerks, das eine enge Zusammenarbeit
zwischen Theoretikern wie uns und Astronominnen und Astronomen an der
Universität Genf fördert", so Heng.
Über ihre Beobachtungen berichten die Forscher in einem Fachartikel in der Zeitschrift
Nature. Die Simulationen sind in einem Artikel im Astrophysical Journal
veröffentlicht.
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