Komplexe organische Moleküle nachgewiesen
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Heidelberg astronews.com
4. Juli 2018
Die Eismonde des Saturn galten lange Zeit als eher langweilig.
Das änderte sich, als die Sonde Cassini Fontänen entdeckte, die der Mond Enceladus ins All schleudert
und die von einem unterirdischen Ozean
gespeist werden. Die Analyse von Cassini-Daten ergab nun, dass sich unter dem
Material in den Fontänen auch komplexe organische Verbindungen befinden.
Der Saturnmond Enceladus bläst aus seiner
Südpolarregionen Fontänen ins All.
Bild: NASA / JPL / Space Science Institute [Großansicht] |
Der Saturnmond Enceladus verbirgt unter seiner Eiskruste einen globalen Ozean
aus flüssigem Wasser. Ein Detektor der Raumsonde Cassini hatte von
Enceladus ins All geschleuderte Eisteilchen aufgespürt, die organische
Substanzen in hohen Konzentrationen enthalten. Eine Analyse der Daten ergab nun,
dass die Substanzen die typischen Strukturen von sehr komplexen makromolekularen
Verbindungen aufweisen. "Dies ist der erste Nachweis großer organischer Moleküle
einer außerirdischen Wasserwelt. Sie können nur durch ebenfalls komplexe
chemische Prozesse erzeugt werden", so der Planetologe Dr. Frank Postberg vom
Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg.
Enceladus gilt als eines der vielversprechendsten Objekte in unserem
Sonnensystem, um nach außerirdischem Leben zu suchen. Der Saturnmond schleudert
Eisteilchen in Form von mehreren hundert Kilometer großen Eisfontänen ins All,
die vermutlich mit warmen Hydrothermalsystemen im Kern des Mondes in Verbindung
stehen. Dabei werden aus dem Gesteinskern auch organische Verbindungen
ausgewaschen, die sich im Wasserozean ansammeln und dann an die Oberfläche
transportiert werden.
Die Ozeanoberfläche befindet sich – in Spalten der Eiskruste – nur wenige
hundert Meter unter der eisigen Oberfläche von Enceladus. Die großen organischen
Moleküle, so Postberg, seien allerdings nicht wasserlöslich. Sie bestehen aus
komplexen Mischungen ringfömiger (aromatischer) und linearer (aliphatischer)
Bestandteile mit funktionellen Gruppen, die Sauerstoff und vermutlich Stickstoff
enthalten, und werden teilweise aus Hunderten von Atomen gebildet.
"Wahrscheinlich sorgen Gasbläschen für ihren Transport an die
Ozeanoberfläche, wo sie einen organischen Film bilden", so Dr. Nozair Khawaja,
der die begleitenden Laborexperimente mit organischen Substanzen leitete. "Es
scheint, als würde Enceladus sein organisches Inventar so aus den Tiefen des
Ozeans in stark erhöhten Konzentrationen an die Wasseroberfläche bringen. Von
dort aus wird es mit Ozeantröpfchen ins Weltall geschleudert."
Mit den Daten des Cassini-Detektors konnten die Heidelberger
Forscher nicht nur die Zusammensetzung des Ozeans von Enceladus, sondern auch
die komplexe organische Chemie in seinen Tiefen untersuchen. "Die Entdeckung
makromolekularer Verbindungen, die aus einer moderat warmen Wasserumgebung
stammen, wird das Interesse an solchen Eismonden als mögliche Habitate
extraterrestrischen Lebens weltweit befeuern", ist Prof. Dr. Mario Trieloff vom
Klaus-Tschira-Labor für Kosmochemie, das am Institut für Geowissenschaften
angesiedelt ist, überzeugt. Die vorliegenden Cassini-Daten allein
erlauben jedoch keine definitive Antwort auf die Frage, ob diesen großen
organischen Molekülen hydrothermale oder sogar biogene Prozesse zugrunde liegen.
"Dies ließe sich allerdings relativ leicht mit einer zukünftigen Enceladus-Raummission
klären", erläutert der Wissenschaftler.
Die amerikanisch-europäische Cassini-Huygens-Mission wurde 1997 als
gemeinsames Projekt der NASA und der ESA sowie der italienischen
Raumfahrtagentur ASI gestartet. Von 2004 an befand sich Cassini im
Saturnsystem und wurde im September 2017 kontrolliert in der Saturnatmosphäre
zum Absturz gebracht, wo die Raumsonde verglühte. Die Daten, mit denen die
Heidelberger Forscher gearbeitet haben, sind Bestandteil eines Datensatzes, der
über 13 Jahre gesammelt wurde und die Wissenschaft noch eine Weile beschäftigen
wird.
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel in
der Zeitschrift Nature.
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