Neue Methoden für Computer der Zukunft
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Goethe-Universität Frankfurt astronews.com
31. Mai 2018
Detaillierte Simulationen von Schwarzen Löchern sind eine gewaltige numerische Herausforderung, aber beispielsweise für die
Entdeckung von Gravitationswellen dieser Objekte von entscheidender Bedeutung.
Weltweit warten Theoretiker daher auf eine neue Generation von Supercomputern
und bereiten schon jetzt Codes vor, die die neuen Möglichkeiten dann auch nutzen
können.
Die detaillierte Simulation von Schwarzen
Löchern (hier sind zwei Schwarze Löcher kurz vor
der Verschmelzung zu sehen) stellt für
Theoretiker eine große Herausforderung dar.
Bild: SXS [Großansicht] |
Schwarze Löcher bergen auch nach der direkten Messung der Gravitationswellen
noch viele Geheimnisse. Was passiert, wenn zwei Schwarze Löcher miteinander
verschmelzen oder Sterne mit einem Schwarzen Loch zusammenstoßen? Das haben
Forscher der Goethe-Universität und des Frankfurt Institute for Advanced Studies
(FIAS) nun mit einer neuartigen numerischen Methode simuliert. Der
Simulationscode "ExaHyPE" ist so ausgelegt, dass er Gravitationswellen auf der
zukünftigen Generation von "Exascale"-Supercomputern sehr genau und schnell
berechnen kann.
Die Herausforderung bei der Simulation Schwarzer Löcher besteht darin, dass
man ein komplexes Gleichungssystem - die Einstein-Gleichungen - lösen muss. Das
ist nur numerisch möglich und geschieht mithilfe von leistungsfähigen
Parallelrechnern. Wie gut und wie schnell man sich der Lösung nähert, hängt von
dem verwendeten Algorithmus ab.
Hier hat das Team von Prof. Luciano Rezzolla am Institut für Theoretische
Physik der Goethe-Universität und am FIAS nun einen Meilenstein erreicht.
Langfristig könnten durch diese theoretische Arbeit auch die experimentellen
Möglichkeiten erweitert werden, Gravitationswellen von anderen astronomischen
Objekten als Schwarzen Löchern zu erkennen. Die neuartige numerische Methode,
die auf den Ideen des russischen Physikers Galerkin beruht, erlaubt die
Berechnung von Gravitationswellen auf Supercomputern mit sehr hoher Genauigkeit
und Geschwindigkeit.
"Das zu erreichen war nicht einfach und ist seit Jahren das Ziel vieler
Gruppen weltweit. Obwohl das Erreichte nur ein kleiner Schritt zur Modellierung
realistischer Schwarzer Löcher ist, erwarten wir, dass unser Ansatz zum
Paradigma aller zukünftigen Berechnungen wird", so Rezzolla. Sein Team ist Teil
einer europaweiten Kollaboration, die das Ziel hat, einen numerischen
Simulationscode, "ExaHyPE", für Gravitationswellen zu entwickeln, der die
Leistungsfähigkeit von zukünftigen "Exascale"-Supercomputern nutzen kann. Diese
existieren zwar bisher noch nicht, aber weltweit erforschen bereits viele
Wissenschaftler den Einsatz der Exascale-Maschinen.
Diese Supercomputer stellen eine Weiterentwicklung der heutigen "Petascale"-Supercomputer
dar und sollen in der Lage sein, so viele Rechenoperationen pro Sekunde
durchzuführen, wie es Insekten auf der Erde gibt. Dies ist eine Zahl mit 18
Nullen. Es wird angenommen, dass solche Supercomputer mit der Kapazität des
menschlichen Gehirns vergleichbar sind. Während sie darauf warten, dass die
ersten "Exascale"-Rechner gebaut werden, testen die ExaHyPE-Wissenschaftler ihre
Software bereits in den größten Supercomputing-Zentren Deutschlands. Die größten
sind das Leibniz-Rechenzentrum LRZ in München und das Hochleistungsrechenzentrum
HLRS in Stuttgart. Diese Computer sind bereits aus mehr als 100.000 Prozessoren
aufgebaut und werden in Kürze deutlich größer werden.
Die neuen mathematischen Algorithmen erlauben nicht nur, astrophysikalische
Kompaktobjekte wie Schwarze Löcher und Neutronensterne zu untersuchen, sondern
auch Tsunamis und Erdbeben. Das liegt an Gemeinsamkeiten in den
zugrundeliegenden Gleichungen. Weitere Anwendungen für den Exahype-Algorithmus
zu untersuchen, die Feststoffe, Flüssigkeiten und Gase innerhalb der Theorien
des Elektromagnetismus und der Gravitation mathematisch beschreiben können, ist
das Ziel eines von der Europäischen Kommission im Rahmen des EU-Forschungs- und
Innovationsprogramms Horizon 2020 geförderten Forschungsprojekts. Die
Frankfurter Wissenschaftler arbeiten darin eng mit Kollegen aus München, Trient
und Durham zusammen.
"Der spannendste Aspekt des ExaHyPE-Projekts ist die einzigartige Kombination
von theoretischer Physik, angewandter Mathematik und Informatik. Nur durch die
Kombination all dieser verschiedenen Disziplinen können wir das Potenzial von
Supercomputern nutzen, um die Komplexität des Universums zu verstehen", so Prof.
Michael Dumbser, Leiter des Teams für Angewandte Mathematik in Trient.
Über die neuen Algorithmen berichten die Wissenschaftler in einem
Fachartikel, der in der Zeitschrift Physical Review D erschienen ist.
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