Internationale Zusammenarbeit wird gestärkt
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Karlsruher Instituts für Technologie astronews.com
16. April 2018
In Argentinien befindet sich seit 1999 das Pierre-Auger-Observatorium,
mit dem hochenergetische kosmische Strahlung erforscht wird. Nun intensiviert
das daran beteiligte Karlsruher Institut für Technologie die Zusammenarbeit mit
Argentinien durch die Gründung einer Helmholtz-Graduiertenschule. Sie ermöglicht
Doktoranden Forschungsaufenthalte sowie einen Dozentenaustausch.

Das Pierre-Auger-Observatorium in der
argentinischen Pampa misst die höchstenergetische
Komponente der kosmischen Strahlung.
Foto: Auger Collaboration, Steven Saffi los
Morados [Großansicht] |
Zwischen dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und argentinischen
Hochschulen und Forschungseinrichtungen besteht seit vielen Jahren eine enge
Zusammenarbeit in der Astroteilchenphysik. Diese langjährige Zusammenarbeit wird
nun durch die Gründung einer Helmholtz-Graduiertenschule weiter verstärkt. Sie
wird morgen, am 17. April 2018, offiziell eröffnet.
Eine Kooperation zwischen der Universidad Nacional de San Martín in
Buenos Aires und dem Karlsruher Institut für Technologie besteht bereit seit
2011. 2015 wurde ein Doppelpromotionsprogramm im Bereich der Astroteilchenphysik
vereinbart. Argentinien ist seit 1999 Standort des Pierre-Auger-Observatoriums,
das mit einem 3.000 Quadratkilometer großen Detektorfeld das weltweit führende
Instrument für die Erforschung hochenergetischer kosmischer Strahlung ist. Jetzt
wurde die langjährige enge Zusammenarbeit zwischen argentinischen und deutschen
Astroteilchenphysikern durch eine Helmholtz-Graduiertenschule weiter verstärkt.
Die Helmholtz-Gemeinschaft hat mit den International Research Schools
ein besonderes Instrument zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
entwickelt. Promovierende sollen damit unmittelbar an internationaler
Spitzenforschung in Grundlagenbereichen herangeführt werden. "Ohne
Internationalität ist die Scientific Community der Elementar- und
Astroteilchen-Physiker nicht vorstellbar", erklärt Professor Dr. Johannes Blümer,
der zuständige Bereichsleiter des KIT. "Wer Observatorien von derart
gigantischen Ausmaßen baut, muss auf eine möglichst breite vertrauensvolle
Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg setzen – und das über viele Jahre lang
lebendig halten."
Das seit 2015 bestehende Doppelpromotionsprogramm wird nun durch die Gründung
der internationalen Helmholtz-Graduiertenschule fortgeschrieben und
intensiviert. Alle Promovierenden werden sowohl einen argentinischen als auch
einen deutschen Betreuer haben. Die Promovierenden haben die Möglichkeit,
insgesamt ein Jahr im Partnerland zu arbeiten. Die Förderung durch die
Helmholtz-Gemeinschaft unterstützt nun entsprechende Reisestipendien und einen
ausgedehnten Dozentenaustausch.
Durch Gastaufenthalte und eine enge Zusammenarbeit wird die Expertise der
Partnerstandorte optimal für die Betreuung der Promovierenden und hervorragende
Forschungsergebnisse kombiniert. Die Einarbeitung in einen anderen Kultur- und
Sprachraum und die Aufgabe, sich schon früh eigenständig international forschend
zu bewegen, stellen hohe Anforderungen an die jungen Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler – die Zahl der Bewerbungen ist dennoch hoch. Am Ende halten die
Absolventen eine Promotionsurkunde in Händen, die auf der einen Seite in
Spanisch und auf der anderen in Deutsch ihre Fähigkeiten beurkundet, in einer
zweiten Sprache und einer zweiten Kultur erfolgreich Spitzenforschung
voranzutreiben.
Das Pierre-Auger-Observatorium ist eine Wissenschaftsinstitution, wie es
weltweit nur ganz wenige gibt. Im Westen der argentinischen Mendoza-Provinz
wurde in 1.500 Meter Höhe ein Detektorfeld in der Größe Luxemburgs aufgebaut. Es
besteht gegenwärtig aus über 1.600 mit Lichtsensoren ausgestatteten
tonnenschweren Wassertanks, die in dem nahezu menschenleeren Gebiet in
regelmäßigen Abständen installiert wurden. Hinzu kommen optische Teleskope. Sie
verfolgen in klaren mondlosen Nächten sogenannte Luftschauer, Teilchenkaskaden,
die durch die Interaktion von hochenergetischen Atomkernen mit Teilchen der
oberen Atmosphäre entstehen.
Diese Atomkerne erreichen die Erde mit Lichtgeschwindigkeit aus den Tiefen
des Universums und sind so selten, dass die statistische Wahrscheinlichkeit
ihres Auftretens bei gerade einmal einem Teilchen pro Quadratkilometer pro
Jahrhundert liegt. Das erklärt die große Ausdehnung der Beobachtungsfläche.
Untersuchen lassen sich diese Signale hochenergetischer extragalaktischer
Ereignisse nur indirekt durch die wie Regenschauer auf die Erde fallenden
Kaskaden von Milliarden von Sekundärteilchen, die in immer neuen
Wechselwirkungen mit der Atmosphäre weitere Teilchen erzeugen, bis sie
schließlich in den Wassertanks des Detektorfeldes einen Lichtblitz erzeugen.
Mehr als 90 Forschungsgruppen aus 17 Ländern versuchen so im argentinischen
Hochland Teilchen auf die Spur zu kommen, die jenseits des Energiebereichs
liegen, der etwa für den Beschleuniger Large Hadron Collider in Genf
zugänglich ist.
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