Astronaut steuert Roboter auf der Erde
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
7. März 2018
Astronauten, die aus dem Orbit des Mars die Arbeit mehrerer
Roboter auf der Oberfläche des Roten Planeten überwachen, könnten in Zukunft
eine wichtige Rolle spielen. Dazu müssten die Roboter allerdings eine gewisse
Intelligenz besitzen und kleinere Aufgaben selbstständig ausführen. Auf der
Internationalen Raumstation ISS lief in der vergangenen Woche ein entsprechender
Test.

DLR-Roboter Justin reinigt die Solarpaneele
in der Mars-Landschaft. Astronaut Scott Tingle
beauftragt ihn dafür von der ISS aus.
Bild: DLR (CC-BY 3.0) [Großansicht] |
Der Chef fliegt in 400 Kilometern Höhe um die Erde, der Helfer arbeitet am
Boden - beim Experiment "SUPVIS Justin" führen Befehlsempfänger und Befehlsgeber
eine Fernbeziehung: Am 2. März 2018 wählte der amerikanische Astronaut Scott
Tingle an Bord der Internationalen Raumstation ISS auf einem Tablet die
gewünschten Kommandos aus, und Roboter Justin des Deutschen Zentrums für Luft-
und Raumfahrt (DLR) führte im irdischen Labor in Oberpfaffenhofen - wie verlangt
- die notwendigen Arbeiten an einer Solaranlage aus.
Dafür hatten die Ingenieure des DLR-Instituts für Robotik und Mechatronik
ihrem Roboter die notwendige künstliche Intelligenz beigebracht, damit dieser
Teilaufgaben selbstständig und ohne detaillierte Befehle ausführen konnte. "Der
Roboter ist smart, aber der Astronaut hat jederzeit die Kontrolle", sagt
DLR-Projektleiter Dr. Neal Lii. Im August 2017 wurde das Experiment im Rahmen
des METERON-Projekts (Multi-Purpose End-to-End Robotic Operation Network)
gemeinsam mit der europäischen Raumfahrtorganisation ESA zum ersten Mal
erfolgreich durchgeführt, nun wurden im zweiten Testlauf die Aufgaben für
Roboter und Astronaut anspruchsvoller.
Für das Experiment wurde Roboter Justin als Mitarbeiter zumindest optisch auf
den Mars versetzt, um dort möglichst selbstständig - Aufgabe für Aufgabe -
Solarpaneele zu inspizieren, zu warten und seinem Astronauten im Orbit immer
wieder Rückmeldungen für die nächsten Arbeitsschritte zu geben. "Die künstliche
Intelligenz lässt den Roboter viele Aufgaben eigenständig abarbeiten - dadurch
sind wir unabhängiger von Kommunikationsverzögerungen, die eine kontinuierliche
Steuerung bei so großer Entfernung erschweren würden", erläutert DLR-Ingenieur
Neal Lii. "Und wir reduzieren gleichzeitig die Arbeitsbelastung des Astronauten,
der Aufgaben an den Roboter übertragen kann." Dafür müssen Astronaut und Roboter
allerdings reibungslos miteinander kooperieren und sich ergänzen.
Zunächst ließen die Wissenschaftler das Mensch-Maschine-Team einige
Standardaufgaben abarbeiten, die bereits am Boden vorab trainiert wurden und
auch von der ISS aus bereits mit Justin durchgeführt wurden. Doch die daran
anschließenden Aufgaben gingen dann deutlich über mechanische Aufgaben hinaus:
Die Solarpaneele waren - und dies wäre bei einer planetaren Mission
beispielsweise auf dem Mars ein Problem, das Astronaut und Roboter lösen müssten
- mit Staub bedeckt und zudem nicht optimal in Richtung Sonneneinstrahlung
ausgerichtet. Bei einem Betrieb von Solaranlagen für eine Marskolonie würde dies
schnell dazu führen, dass die Energieversorgung schwächer und schwächer würde.
Scott Tingle, der auf seinem Tablet mit Justins Augen auf die Arbeitsumgebung
auf dem Roten Planet blickte, war schnell klar: Justin muss die Anlage reinigen
und so vom Staub befreien. Und er muss die Solarkomponenten neu ausrichten.
Dafür konnte er unter unterschiedlichen abstrakten Kommandos auf dem Tablet
auswählen. "Unser Team hat dabei ganz genau beobachtet, wie der Astronaut diese
Aufgaben löste, ohne diese Probleme vorab zu kennen und ohne die neuen
Fähigkeiten des Roboters zu kennen."
Auch für Roboter Justin waren die neuen Aufgaben eine Herausforderung. Statt
wie beim ersten Testlauf im August 2017 lediglich mitzuteilen, ob eine
Anforderung von ihm erfüllt oder nicht erfüllt wurde, musst er dieses Mal
gemeinsam mit seinem Bediener "abschätzen", in welchem Umfang er beispielsweise
die Reinigung der Paneele erledigt hatte. Im nächsten Experimentlauf im Sommer
2018 wird der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst das Kommando über Roboter
Justin übernehmen - dann werden die Aufgaben erneut etwas komplizierter als
bisher, denn Justin wird dann im Auftrag des Astronauten eine Komponente
auswählen und an der Solaranlage installieren müssen.
"Das ist ein deutlicher Schritt voran in Richtung einer bemannten planetaren
Mission mit robotischer Unterstützung", betont Prof. Alin Albu-Schäffer, Leiter
des DLR-Instituts für Robotik und Mechatronik. In der Zukunft würde ein
Astronaut im Orbit um einen außerirdischen Himmelskörper fliegen - und von dort
aus ein Team aus Robotern mit künstlicher Intelligenz auf der Oberfläche dieses
Himmelskörpers steuern. "Damit müsste der Astronaut nicht dem Risiko einer
Landung ausgesetzt werden, und wir könnten bei limitierten menschlichen
Ressourcen eine größere Zahl robotischer Helfer beispielsweise für den Aufbau
und die Wartung von Infrastruktur setzen." Der Roboter wäre in dieser
Konstellation auch nicht mehr nur der verlängerte Arm des Astronauten: "Er wäre
vielmehr sein Partner am Boden."
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