First Light für MATISSE
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
6. März 2018
Im Februar konnten die ersten Beobachtungen mit dem neuen
Interferometer-Instrument MATISSE gemacht werden, das im letzten Vierteljahr auf
dem Gipfel des Paranal in Chile aufgebaut wurde. MATISSE kombiniert das Licht
von mehreren Teleskopen des Very Large Telescope. Die Astronomen
erhoffen sich unter anderem detaillierte Blicke in die Zentren von Galaxien und
auf junge Sterne.
Vier-Teleskop-Interferogramm des hellen
Sterns Sirius im Zuge der First-Light-Beobachtung
am 18. Februar 2018 mit dem MATISSE-Instrument.
Das Bild ist die Farbdarstellung der
Infrarotdaten. Die blauen Farben entsprechen
dabei kürzeren und die roten Farben längeren
Wellenlängen. Interferogramme sind die Rohdaten,
aus denen hochaufgelöste Bilder der
astronomischen Objekte gewonnen werden können.
Bild: ESO / MATISSE-Konsortium [Großansicht] |
Nach insgesamt zwölf Jahren Design und Entwicklung in Europa ist das
MATISSE-Interferometer im Lauf der letzten drei Monate am Very Large
Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte auf dem Cerro Paranal in
Chile aufgebaut worden. Mit diesem Instrument werden insgesamt vier
Einzelteleskope des VLT zu einem Interferometer mit extrem hoher Winkelauflösung
verbunden. MATISSE wird die Erforschung der Umgebung von jungen Sternen, von
Sternoberflächen und von aktiven Galaxienkernen im mittleren Infrarotbereich
ermöglichen.
Im Februar 2018 konnte der erste erfolgreiche Einsatz, die sogenannte
"First-Light-Beobachtung", mit diesem neuen, leistungsstarken und technisch
herausfordernden Instrument durchgeführt werden. Das Ergebnis krönt die
langjährige Arbeit einer großen Anzahl von Ingenieuren und Astronomen aus
Frankreich, Deutschland und den Niederlanden, darunter auch der Forschungsgruppe
"Infrarot-Interferometrie" am Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie.
MATISSE ist ein Interferometrie-Instrument der zweiten Generation für das
Very Large Telescope Interferometer (VLTI), das Beobachtungen mit extrem
hoher Winkelauflösung ermöglicht. Es kombiniert abbildende und spektroskopische
Interferometrie im mittleren Infrarot von drei bis fünf Mikrometer Wellenlänge
(das sogenannte L- und M-Band) und von acht bis 13 Mikrometer Wellenlänge ( das
N-Band). MATISSE baut auf der Erfahrung auf, die mit den VLTI-Instrumenten der
ersten Generation wie etwa AMBER und MIDI gewonnen wurde, geht aber wesentlich
weiter in der Fähigkeit zur Erzeugung detaillierter Bilder bei hoher Auflösung.
Das Instrument nutzt die Verbindung mehrerer Teleskope und die Wellennatur
des Lichts, um so detailgenauere Bilder von Himmelsobjekten zu erhalten als mit
jedem vorhandenen oder geplanten Einzelteleskop im gleichen Wellenlängenbereich
möglich wäre. Die Erzeugung von hochaufgelösten Bildern im Infraroten stellt
eine große technische Herausforderung dar, ermöglicht aber auch spektakuläre
Ergebnisse wie die Entdeckung von planetenbildenden Scheiben um junge Sterne,
aufgelöste Bilder der Oberfläche von Sternen oder von Staubscheiben um die
Kernbereiche von aktiven Galaxien. Das Zielobjekt für die
First-Light-Beobachtung mit MATISSE war der helle Stern Sirius.
Aufgrund der technischen Herausforderungen gab es vor MATISSE nur einige
wenige Interferometer im mittelinfraroten Spektralbereich: das
SOIRDETE-Prototyp-Instrument auf dem Plateau de Calern in Frankreich, das
ISI-Interferometer der Berkeley University in Kalifornien, das
Keck-Interferometer auf dem Mauna Kea auf Hawaii sowie das MIDI-Instrument der
ESO, ebenfalls am VLT. MATISSE ist für einen weiten Bereich von
wissenschaftlichen Zielen ausgelegt, wobei die Untersuchung von Gas- und
Staubscheiben um junge Sterne und die Kerne von aktiven Galaxien einen
Schwerpunkt darstellt.
MATISSE verfügt über ein weltweit einzigartiges Leistungsvermögen: es
eröffnet die L- und M-Bänder für Infrarot-Interferometrie mit großen
Basislinien. Die Winkelauflösung im L-Band beträgt drei Millibogensekunden; das
entspricht nur einem Drittel des Abstands Erde-Sonne bei einem Stern in über 300
Lichtjahren Entfernung. Mit unterschiedlichen spektralen Auflösungen in einem
Bereich zwischen 30 und 5000 kann MATISSE charakteristische Spektrallinien von
Atomen und Molekülen in Sternen und Galaxien unterscheiden. Außerdem kann
MATISSE hochaufgelöste Bilder im mittleren Infrarot mit der Methode der
Apertursynthese mit bis zu vier Teleskopen des VLT (entweder die
8,20-Meter-Hauptteleskope oder die 1,80-Meter-Hilfsteleskope) erzeugen.
"Mit einzelnen Teleskopen lässt sich eine maximale Auflösung erreichen, die
durch den Durchmesser der Teleskopspiegel vorgegeben ist. Um eine noch höhere
Auflösung zu erreichen, kombinieren oder besser gesagt interferieren wir das
Licht von vier der VLT-Teleskope", sagt Bruno Lopez vom Observatoire de la Côte
d'Azur in Nizza, der leitende Wissenschaftler des MATISSE-Projekts. "Diese
interferometrische Technik ermöglicht uns eine sehr hohe Winkelauflösung, die
proportional zum Abstand zwischen den beteiligten Teleskopen ist. Damit liefert
MATISSE die schärfsten Bilder überhaupt im Wellenlängenbereich von drei bis 13
Mikrometer."
"MATISSE ermöglicht uns neben der hohen räumlichen Auflösung gleichzeitig
eine hohe spektrale Auflösung", fügt Gerd Weigelt, vom Bonner
Max-Planck-Institut für Radioastronomie hinzu, der an der Entwicklung des
Instruments beteiligt war. "So können wir unsere Untersuchungen in vielen
spektralen Kanälen innerhalb von Spektrallinien durchführen und dadurch sogar
die Geschwindigkeitsverteilung in unseren Objekten messen; das ist sehr wichtig
für die Erforschung der physikalischen Eigenschaften dieser Objekte."
Der Wellenlängenbereich von MATISSE liefert hochaufgelöste Bilder im
mittleren Infrarotbereich zum direkten Vergleich mit Bildern entsprechender
Auflösung bei Submillimeter-Wellenlängen, die durch das Atacama Large
Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) zur Verfügung stehen. MATISSE stellt
einerseits das Nachfolgeinstrument für MIDI, das MID-infrared
Interferometric instrument am VLT dar, andererseits aber auch den Vorläufer
für das zukünftige METIS-Instrument am Extremely Large Telescope (ELT).
Weitere Testbeobachtungen mit MATISSE werden im Verlauf des Jahres 2018
erfolgen, bevor Anfang 2019 der normale Beobachtungsbetrieb beginnt, in dem
MATISSE allen ESO-Astronomen zur Verfügung steht.
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