Die Fingerabdrücke von Sternen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam astronews.com
9. Januar 2018
Mithilfe des Instruments PEPSI am Large Binocular
Telescope haben Astronomen detaillierte Spektren einer ganzen Reihe von
Sternen aufgenommen und jetzt erste Datensätze daraus veröffentlicht. Der Blick
richtete sich dabei nicht nur auf interessante Sterne der Milchstraße, sondern
auch auf unsere Sonne - obwohl es sich bei PEPSI eigentlich um ein Instrument
für ein Nachtteleskop handelt.
Farbkodiertes Spektrum des solaren
Zwillingssterns 18 Scorpii (Ausschnitt).
Bild: AIP und M. Bergemann, MPIA [Gesamtansicht] |
Mithilfe des Potsdam Polarimetric and
Spectroscopic Instrument (PEPSI) am Large Binocular Telescope
(LBT) in Arizona haben Astronomen einzigartige
spektrale Atlanten mit hoher Auflösung gewonnen, die sie anderen
Wissenschaftlern nun zur Verfügung stellen. Spektralatlanten enthalten praktisch die "Fingerabdrücke" von Sternen.
Die
aufgenommenen Spektren verraten den Astronomen etwas über die
astrophysikalischen Eigenschaften der Sonnen wie Temperatur, Druck,
Geschwindigkeiten und chemische Zusammensetzung. Zu den jetzt vorgestellten
Daten gehörte auch ein neuer Spektralatlas der Sonne, womit eindrucksvoll
gezeigt wird, dass ein Instrument eines Nachtteleskops Spektren mit der Qualität
eines spezialisierten Sonneninstruments liefern kann.
Alle solaren und stellaren Spektren wurden mit einer beispiellosen spektralen
Auflösung aufgenommen, die etwa einem Hundertstel des Durchmessers eines
Wasserstoffatoms entspricht und decken den gesamten optischen bis nahinfraroten
Wellenlängenbereich ab. Das Licht der Sonne wurde zudem auch in mehreren
spektralen Zeitreihen mit bis zu 300 Einzelspektren pro Tag analysiert. Die
daraus entstandenen Datensätze stehen der Fachgemeinschaft ebenso zur Verfügung.
"Unsere Sonne oszilliert mit einer Periode von fünf Minuten. Mit dem neuen
Instrument konnten wir diese Auf- und Abwärtsbewegung der Sonnenoberfläche aus
dem nicht-aufgelösten Sonnenscheibchen, wie bei einem weit entfernten Stern, mit
einer Amplitude von 47 Zentimeter pro Sekunde messen. Aus der Sicht eines
Sternforschers eine geradezu unglaublich kleine Geschwindigkeit", erklärt Prof.
Strassmeier, Hauptverantwortlicher von PEPSI und Direktor des
Forschungsbereiches Kosmische Magnetfelder am Leibniz-Institut für Astrophysik
Potsdam (AIP).
Der neue Atlas wurde auch verwendet, um die Häufigkeit von Lithium in der
Sonne mit sehr hoher Präzision neu zu bestimmen. "Lithium ist ein
Schlüsselelement für die Nukleosynthese im Universum und gleichzeitig ein
Indikator für Mischprozesse in Sternen", erklärt Dr. Matthias Steffen, einer der
Projektwissenschaftler. Dreidimensionale dynamische Modellatmosphären und eine
vollständige statistische Behandlung der spektralen Eigenschaften des
Lithiumatoms kamen zum Einsatz, um die Elementhäufigkeit in der Sonne zu
bestimmen.
Ein weitere Satz von 48 stellaren Atlanten enthält Spektren von Sonnen, die
als Standardsterne von Bedeutung sind und dies mit einer zuvor nicht verfügbaren
Auflösung und einem extrem guten Signal-zu-Rausch-Verhältnis. Die letzte Größe
repräsentiert das Photonenrauschen relativ zur Signalstärke eines Sterns und ist
ein Maß für die Qualität der Spektren. Die Spektralqualität entspricht dabei
der, die für Beobachtungen unserer Sonne am Tage typisch ist - obwohl es sich
natürlich um nächtliche Beobachtungen handelte.
Außerdem beschäftigen sich die Wissenschaftler mit den Stern Kepler-444, der
fünf subterrestrische Planeten beherbergt und 10,5 Milliarden Jahre alt ist.
Damit ist er mehr als doppelt so alt wie unsere Sonne und entsprechend arm an
Metallen. Das chemische Häufigkeitsmuster aus dem PEPSI-Spektrum erlaubt den
Rückschluss auf einen ungewöhnlich kleinen Eisenkern-Massenanteil von 24 Prozent
für seine Planeten, wenn sich Stern und Planeten zusammen gebildet haben.
Terrestrische Planeten in unserem Sonnensystem haben typischerweise einen
Massenanteil des Eisenkerns von 30 Prozent. "Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Planeten um metallarme Sterne weniger
dicht sind als Gesteinsplaneten vergleichbarer Größe um metallreichere Sterne
wie unsere Sonne", erklärt Claude "Trey" Mack, Projektwissenschaftler für die
Kepler-444-Beobachtungen.
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in drei
Veröffentlichungen, die
in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen sind.
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