Blick auf die weißen Flecken des Saturnsystems
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
18. April 2017
Ende dieser Woche wird die letzten Phase der Cassini-Mission
beginnen: Die Sonde schwenkt auf einen Orbit ein, auf dem sie erstmals den
Bereich zwischen Ringsystem und Wolkenoberfläche des Gasriesen durchfliegen
wird. Die Messungen sollen den Forschern helfen, mehr über diese bislang
unerforschte und äußerst interessante Region des Saturnsystems zu erfahren.
Cassini soll in den kommenden Monaten
wiederholt durch die Lücke zwischen Ringen und
Planetenoberfläche fliegen.
Bild: NASA/JPL-Caltech [Großansicht] |
Für die NASA-Raumsonde Cassini beginnt in den nächsten Tagen das
letzte Abenteuer ihrer mittlerweile fast dreizehnjährigen Entdeckungstour im
Saturnsystem. Nach einem Vorbeiflug am Saturnmond Titan schwenkt die Sonde am
21. April in Umlaufbahnen ein, die sie erstmals in die Region zwischen den
Gasriesen und seinen innersten Ring, den D-Ring, führen. Am 26. April durchquert
Cassini dieses Neuland zum ersten Mal.
Auch den Forschern am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS)
bieten die geplanten Manöver Zugang zu einem noch weißen Fleck auf der Karte des
Saturnsystems. Bevor die Sonde Mitte September auf Kollisionskurs mit dem
Planeten geht, hoffen sie, sich ein umfassendes Bild von den geladenen Teilchen
und Magnetfeldern in nächster Nähe des Gasriesen zu machen.
Das nahende Ende der Cassini-Mission ist vor allem den
Treibstoffreserven der Raumsonde geschuldet, die nach fast 20-jährigem Flug
durchs All nun zur Neige gehen. In den Monaten vor dem endgültigen Aus im
September dieses Jahres sind nun Flugbahnen geplant, die etwas riskanter und
deshalb zu Beginn einer Mission undenkbar sind. Bereits seit Ende November
vergangenen Jahres ist dieses Endspiel in vollem Gange. Dafür hat Cassini
die Ebene verlassen, in der sich die Ringe und Monde des Saturns finden; die
Umlaufbahnen der Sonde kreuzen die Ringebene nun in einem Winkel von 60 Grad (astronews.com
berichtete).
Zudem hat sich die Raumsonde in den vergangenen Monaten näher an den Planeten
herangewagt: Dicht am F-Ring, dem (von innen betrachtet) fünften von sieben
Ringen zieht sie nun ihre Bahnen. Die geladenen Teilchen wie Elektronen und
Protonen, die sich dort entlang der Feldlinien des Saturn-Magnetfeldes bewegen,
waren detaillierten Messungen bisher nicht zugänglich. Diese aufzuspüren ist
Aufgabe des Teilchendetektors MIMI-LEMMS, der am MPS entwickelt wurde.
"Im Laufe der Mission konnten wir Energie und Verteilung von Elektronen und
Protonen in größerem Abstand zum Saturn umfassend bestimmen", so Dr. Norbert
Krupp vom MPS, Leiter des MIMI-LEMMS-Teams. Solche Daten lassen beispielsweise
Rückschlüsse auf die Lage kleiner Monde und schwacher Ringe zu. "Auf geladene
Teilchen wirken sowohl Ringe, als auch Monde wie eine Art kosmischer
Staubsauger", erklärt Dr. Elias Roussos vom MPS. "Ihre Bahnen sind deshalb
weitestgehend frei von solchen Teilchen." Die Lücken in der Teilchenverteilung
verraten somit ihre "Staubsauger".
Erst seit Kurzem liegen den Forschern nun auch Messdaten aus der Nähe des
F-Rings vor. "Unser Bild von der Plasmaumgebung des Saturns können wir in dieser
letzten Missionsphase nun endlich vervollständigen", erklärt Krupp. Besonders
gespannt sind die Wissenschaftler auf die innerste Region innerhalb des D-Rings,
in die Cassini in den nächsten Tagen vordringt. "Bei der Ankunft am
Saturn 2004 ermöglichte uns Cassinis Flugbahn einen kurzen Blick in
diese Region", so Krupp. Die Messungen deuteten auf eine bisher unbekannte
Verteilung geladener Teilchen hin; weder ihr Ursprung noch ihre genaue
Zusammensetzung ließen sich jedoch so schnell bestimmen. "Seit 13 Jahren warten
wir nun darauf, diesen Teilchen endlich genauer nachzuspüren", fügt der Forscher
hinzu.
Die nächsten Monate könnten auch zu einem besseren Verständnis der
beeindruckenden Nordlichter des Saturns führen. Denn auch die Elektronen, die
sich entlang der innersten Magnetfeldlinien des Saturns in Richtung der Pole
bewegen, lassen sich dann erstmals nahe am Saturn detektieren. Dort, wo sie auf
die Atmosphäre des Gasriesen stoßen, lösen sie das Himmelsphänomen aus.
Insgesamt 22 Mal wird Cassini in den nächsten knapp vier Monaten in die
Lücke zwischen Saturn und seinem innersten Ring vorstoßen.
Zwar legen Untersuchungen aus größerem Abstand nahe, dass dort nur wenige
größere Staubteilchen der Sonde gefährlich werden können. Um ganz sicher zu
sein, wird Cassini jedoch bei den ersten Durchflügen die Antenne in
Flugrichtung drehen und als Schutzschild nutzen. Mitte September endet dann auch
diese letzte Phase von Cassinis Entdeckungsreise. Am 15. September soll
die Sonde kontrolliert in den Gasriesen stürzen und bis zuletzt Daten
aufzeichnen und zur Erde senden. Eine letzte Botschaft aus dem Saturnsystem.
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