Die Transits eines nahen Gesteinsplaneten
von Stefan Deiters astronews.com
3. August 2015
Der Planet HD 219134b ist alles andere als eine zweite Erde,
könnte sich aber in den kommenden Jahren als wahre Goldgrube für die Forschung
erweisen. Beobachtungen des Infrarotteleskops Spitzer bestätigten
nämlich jetzt, dass es sich bei der nur 21 Lichtjahre entfernten Welt um einen
Transitplaneten handelt. Große Teleskope könnten bald weitere Informationen über
ihn liefern.

Der Planet HD 219134b wandert - von der Erde
aus betrachtet - regelmäßig vor der Scheibe
seines Zentralsterns entlang.
Bild: NASA / JPL-Caltech [Großansicht] |
Der Planet HD 219134b ist keine zweite Erde - und noch nicht einmal die
PR-Strategen der NASA versuchen, die nur rund 21 Lichtjahre entfernte Welt als
solche zu verkaufen. Der Planet umkreist seinen Zentralstern nämlich in so
geringer Entfernung, dass er lediglich drei Tage für eine Umrundung benötigt.
Die Temperaturen auf der Oberfläche des Planeten dürften entsprechend hoch sein.
Trotzdem könnte sich HD 219134b zu einer Goldgrube für die
Exoplanetenforscher entwickeln: Beobachtungen mit dem NASA-Weltraumteleskop
Spitzer, das im infraroten Bereich des Lichts beobachtet, zeigten nämlich jetzt, dass der
Planet - von der Erde aus betrachtet - auch regelmäßig vor seinem Zentralstern vorüberzieht. Es
handelt sich also um einen Transitplaneten. Der Zentralstern von HD 219134b
befindet sich im Sternbild Kassiopeia, dem "Himmels-W", und ist bei optimalen
Sichtbedingungen sogar schon mit bloßem Auge zu erkennen.
"Transitplaneten sind ihr Gewicht in Gold wert, da man sie sehr genau
beschreiben kann", erklärt Michael Werner, der Spitzer-Projektwissenschaftler am
Jet Propulsion Laboratory der NASA. "Dieser Exoplanet wird in den kommenden
Jahrzehnten zu einem der meist untersuchten Objekte dieser Art werden."
Ursprünglich war der Planet mithilfe des Instruments HARPS-North am 3,6 Meter
durchmessenden Telescopio Nazionale Galileo auf der Kanareninsel La Palma entdeckt
worden. HARPS-North sucht - genau wie das Schwesterinstrument am La Silla
Observatory der ESO in Chile - nach dem leichten Wackeln eines Sterns, das durch
einen umlaufenden Planeten verursacht wird. Das Verfahren ist unter dem Begriff
Radialgeschwindigkeitsmethode bekannt und erfordert die Aufnahme und Auswertung
detaillierter Spektren von Sternen.
Aus den Beobachtungen mit HARPS-North folgerten die Astronomen, dass HD
219134b eine Masse haben muss, die in etwa der 4,5-fachen Masse der Erde
entspricht. Dies deutete bereits darauf hin, dass es sich bei dem Planeten um
eine sogenannte "Supererde" handeln muss.
Weitere Beobachtungen mit Spitzer zeigten dann, dass sich von dem Planeten
zudem Transits beobachten lassen. Auch bei einem Transit ist der Planet nicht
direkt zu sehen. Man beobachtet aber einen periodische Rückgang der Helligkeit
des Zentralsterns, der durch den vor der Scheibe vorüberziehenden Planeten
verursacht wird. Aus dieser "Verdunkelung" lässt sich auf die Größe des Planeten
schließen - und diese lag bei HD 219134b etwa beim 1,6-fachen Durchmesser
der Erde.
Aus Größe und Masse des Planeten konnten die Wissenschaftler dann die Dichte
ableiten, die mit sechs Gramm pro Kubikzentimeter auf einen Gesteinsplaneten
hindeutet. Dies macht den Planeten natürlich noch interessanter, gehört er
doch als "Supererde" zu einer Klasse von fernen Welten, die man schon häufiger
um andere Sonnen aufgespürt hat - und die, unter günstigen Bedingungen, durchaus
lebensfreundlich sein könnten.
Da dieser Planet uns nicht nur vergleichsweise nahe ist, sondern es sich
auch um einen Transitplaneten handelt, bestehen gute Aussichten, dass man bald
noch mehr über ihn erfahren wird: Während eines Transits durchläuft nämlich auch
ein kleiner Teil des Lichts des Sterns eine möglicherweise vorhandene
Atmosphäre. In einem entsprechenden Spektrum sollten sich dann Hinweise auf die
Zusammensetzung dieser Atmosphäre finden lassen - wenn es diese denn bei den
fast höllischen Bedingungen, die auf dem Planeten herrschen müssen, gibt.
Die Auswertung von weiteren Daten von HARPS-North hat inzwischen ergeben, dass HD 219134b nicht allein um seine Sonne kreist, sondern es noch
drei weitere Planeten in dem System gibt. Zwei davon sind vergleichsweise klein
und auch nicht viel weiter von ihrer Sonne entfernt als HD 219134b. Um den Stern
HD 219134b gibt es damit wohl ein Planetensystem, das sich von unserem
Sonnensystem deutlich unterscheidet.
Über HD 219134b berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheinen wird.
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