Large Hadron Collider liefert wieder Daten
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Mainz astronews.com
3. Juni 2015
Der Large Hadron Collider, der größte und
leistungsfähigste Teilchenbeschleuniger der Welt, hat wieder seinen
wissenschaftlichen Betrieb aufgenommen. Ab heute werden Daten aufgezeichnet -
und dies bei noch nie erreichten hohen Energien. Die Forscher hoffen auf neue
Erkenntnisse über den Aufbau der Welt und vielleicht auch über die Natur der
Dunklen Materie.
Arbeiten an Dipolmagneten des Large Hadron
Collider (LHC) während der Betriebspause.
Foto: CERN [Großansicht] |
Nach einer etwa zweijährigen Betriebspause und zwei Monate nach seinem Neustart
hat der Large Hadron Collider (LHC) heute erstmals wieder Physik-Daten
geliefert - nun bei bislang noch nie erreichten hohen Energien. Mit diesen
Hochenergie-Kollisionen wird eine neue Ära der Teilchenphysik eingeläutet. Von
den Kollisionen am weltgrößten und leistungsfähigsten Teilchenbeschleuniger
erwarten die Forscher neue Erkenntnisse über den Aufbau der Materie und
vielleicht auch ein neues Weltbild der Physik.
Mit rund 50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist die Johannes
Gutenberg-Universität Mainz (JGU) in den kommenden Jahren aktiv an den
Forschungen am LHC beteiligt. Für die neue Laufzeit haben die Mainzer Experten
eine wichtige Komponente beigesteuert - eine Elektronikkarte für das Experiment
ATLAS, mit der unwichtige von wissenschaftlich interessanten Ereignissen bei den
Kollisionen getrennt werden sollen.
Der LHC am Forschungszentrum CERN bei Genf nahm Ende 2009 den Betrieb auf und
konnte in der folgenden Zeit seine enorme Leistungsfähigkeit unter Beweis
stellen, gekrönt von der Entdeckung des Higgs-Teilchens im Sommer 2012. In der
27 Kilometer langen Röhre des Beschleunigerrings werden zwei gegenläufige
Teilchenstrahlen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und dann zur
Kollision gebracht, wodurch neue Teilchen entstehen.
Nach einer zweijährigen Wartungspause wurde der LHC dieses Jahr zunächst auf
seine Betriebstemperatur von minus 271 Grad Celsius heruntergekühlt. Die
Protonenstrahlen kreisen seit Ostern wieder in der Röhre und treffen nun mit
einer Rekord-Energie von 13 Tera-Elektronenvolt (TeV) aufeinander - im Vergleich
zu 8 TeV am Ende der ersten Laufzeit. Von der Steigerung der Kollisionsenergie
erwarten die Wissenschaftler, dass häufiger als bisher Higgs-Teilchen erzeugt
werden.
Dies könnte ein Fenster zur sogenannten Neuen Physik öffnen, die über das
bekannte Standardmodell hinausgeht. Je mehr Higgs-Bosonen entstehen, desto
präziser können sie vermessen und mit den theoretischen Erwartungen verglichen
werden. "Vielleicht noch interessanter und wichtiger könnte es werden, wenn wir
ganz neue Teilchen finden, zum Beispiel Kandidaten für die Dunkle Materie",
blickt Prof. Dr. Volker Büscher vom Mainzer Institut für Physik voraus. "Wir
versprechen uns sehr viel von der Energieerhöhung, weil wir damit auch schwerere
Teilchen aufspüren können."
Durch technische Veränderungen wird der LHC in seiner zweiten Laufzeit mehr
Protonen als bisher transportieren und es werden mehr Zusammenstöße erfolgen,
nämlich ungefähr eine Milliarde Kollisionen pro Sekunde. Die Experimente werden
riesige Datenmengen erzeugen, die ausgewertet werden müssen. Um nur die wirklich
wichtigen Ereignisse zu erfassen, sind ausgeklügelte Trigger eingeschaltet.
Für das ATLAS-Experiment hat die Arbeitsgruppe aus Mainz eine neue
Elektronikkarte entwickelt, die vollautomatisch entscheidet, ob das Experiment
wie eine Kamera das Bild einer Kollision aufnimmt. "Der topologische Trigger aus
Mainz ist eine der Hauptkomponenten, die dafür sorgen, dass in Zukunft noch
besser gefiltert wird", sagt Adam Kaluza, der als Doktorand direkt in diese
Arbeiten involviert ist.
Die superschnelle Elektronikkarte schaut sich 40 Millionen Ereignisse pro
Sekunde an und entscheidet in Echtzeit für jedes einzelne, ob es gespeichert
wird oder nicht - eine technische Meisterleistung. "Wir sehen einer aufregenden
Zeit entgegen, die uns in noch völlig unbekanntes Gelände führen könnte", sagt
Büscher zu der bevorstehenden Laufzeit, die bis 2018 dauern soll.
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