Progress-Raumfrachter wohl taumelnd im Orbit
von Stefan Deiters astronews.com
28. April 2015
Eigentlich sollte der russische Progress-Raumfrachter,
der heute Morgen von Baikonur aus ins All gestartet ist, schon längst an die
Internationale Raumstation ISS angedockt haben. Doch daraus wird erst einmal
nichts: Der Raumfrachter befindet sich offenbar taumelnd oder drehend in einer Umlaufbahn
und reagiert nicht auf Kommandos.
Ein russischer Raumfrachter beim Verlassen
der Internationalen Raumstation ISS im Sommer
2014.
Foto: NASA [Großansicht] |
Fast schon nach Fahrplan versorgten die unbemannten russischen Progress-Raumfrachter in den
letzten Jahren zuverlässig die Internationale Raumstation ISS mit Lebensmitteln,
Treibstoff, Ersatzteilen und anderen Gütern. Auch beim Start des Raumfrachters
Progress 59 heute Morgen von Baikonur aus lief zunächst noch alles nach Plan.
Doch nach der erfolgreichen Abtrennung der Oberstufe und dem Ausfahren der
Solarzellenpaneele begannen die Probleme. Zunächst sah es nur so aus, als hätten
sich Antennen, die für die Navigation und das Rendezvous mit der ISS benötigt werden, nicht richtig
ausgeklappt. Dann wurde aber schnell deutlich, dass man es mit einer sehr viel
gravierenderen Störung zu tun hatte.
Den Experten im Kontrollzentrum in Russland ist es bislang nicht gelungen, den
Progress-Raumfrachter unter ihre Kontrolle zu bringen - ganz im Gegenteil:
Empfangene Daten einer Kamera an Bord zeigen, wie das Raumschiff taumelt
oder sich schnell um eine Achse dreht (siehe
Youtube-Video mit einem Ausschnitt der
Übertragung von NASA TV). Nachdem man das ursprünglich schon für
heute geplante Andockmanöver an die ISS zunächst auf Donnerstag verschoben hatte, wurde am
Nachmittag auch dieser Termin erst einmal wieder abgesagt.
Bei keinem Kontakt mit dem Raumfrachter ist es nämlich bislang gelungen, eine
Zwei-Wege-Kommunikationsverbindung herzustellen. Entsprechend unsicher sind auch
die bislang vorliegenden Informationen. So ist nicht klar, wo genau das
Problem zu suchen ist und ob sich der Raumfrachter überhaupt in der vorgesehenen
Umlaufbahn befindet.
Die Suche wird auch dadurch erschwert, dass man im russischen Kontrollzentrum
immer warten muss, bis sich die Progress in Reichweite einer russischen
Bodenstation befindet, um einen Kommunikationsversuch unternehmen zu können.
Erst in der kommenden Nacht wird es daher wohl weitere Möglichkeiten geben,
etwas mehr über das Schicksal des Raumfrachters zu erfahren. An Bord der
Progress befinden sich große Mengen an Versorgungsgütern, darunter Wasser,
Sauerstoff und Treibstoff. Gelingt es nicht, die Progress zu stabilisieren, wird
der Raumfrachter irgendwann in die Erdatmosphäre eindringen und verglühen.
Die Besatzung der Internationalen Raumstation ist nicht in Gefahr. Die Progress
befindet sich in einem niedrigeren Orbit als die ISS. Und obwohl die
Versorgungslage nach der Explosion eines amerikanischen Raumfrachters im
vergangenen Jahr nicht so entspannt ist, wie sie vielleicht sein sollte,
befinden sich nach Medienberichten ausreichend Reserven für mehrere Monate
Normalbetrieb an Bord.
Update (29. April 2015, 9 Uhr): Auch in der Nacht ist es den
russischen Experten offenbar nicht gelungen, einen stabilen Kontakt mit dem
Progress-Raumfrachter herzustellen.
Update (29. April 2015, 16 Uhr): Bislang besteht noch kein
Kontakt zum Raumfrachter, der Orbit scheint aber ausreichend hoch zu sein, um
noch einige Tage eine stabile Umrundung der Erde zu ermöglichen. Die
Rettungsversuche sollen weitergehen, die Chance stehen aber wohl schlecht.
Update (4. Mai 2015): Die Progress wird vermutlich gegen Ende
der Woche in die Erdatmosphäre eintreten und verglühen. Es gibt Hinweise, dass
es offenbar Probleme bei der Trennung der letzten Raketenstufe vom Raumfrachter
gab und dies der Grund für das Scheitern der Mission war.
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