Mission der Marssonde bis 2018 verlängert
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
19. Dezember 2014
Während die ESA gerade Abschied von ihrer Venus-Sonde Venus
Express nehmen musste, wurde die Mission von Mars Express jetzt bis ins Jahr
2018 verlängert. Damit dürfen sich Marsfans auch in den kommenden Jahren über
eindrucksvolle Bilder aus dem Orbit des Roten Planeten freuen. Für diese gelten
zudem ab sofort deutlich vereinfachte Nutzungsrechte.

Ausschnitt aus dem jetzt veröffentlichten
Film, der einen Flug über den Krater Becquerel
simuliert. Der Krater weist in der Mitte
Sedimentablagerungen auf.
Bild: ESA/DLR/FU Berlin,
CC BY-SA 3.0 IGO
[Großansicht] |
Ungestört, fast schon ein wenig einsam, zieht sie ihre elliptischen Bahnen um
den Mars - die Raumsonde Mars Express. Die erste und längst auch
dienstälteste Planetenmission der Europäischen Weltraumagentur ESA befindet sich
seit elf Jahren, genau seit dem späten Heiligen Abend 2003 in einer Umlaufbahn
um unseren Nachbarplaneten. Nun hat die ESA die Mission um zwei weitere Jahre
bis Ende 2018 verlängert.
Die Verlängerung eröffnet auch der vom Deutschen Zentrum für Luft- und
Raumfahrt (DLR) betriebenen Stereokamera High Resolution Stereo Kamera
(HRSC) an Bord von Mars Express zahlreiche weitere Möglichkeiten, den
Mars global in hoher Auflösung, in Farbe und vor allem in 3D aufzunehmen. Die
HRSC ist eines von insgesamt sieben wissenschaftlichen Experimenten an Bord der
Sonde.
Das Kamerasystem liefert zuverlässig dreidimensionale Daten zur Beantwortung
ganz unterschiedlicher wissenschaftlicher Fragestellungen. Außerdem soll mit dem
Experiment die erste globale topographische Bildkarte des Mars berechnet werden.
Je nach Entfernung von der Marsoberfläche werden mit den neun Kanälen der HRSC
(ein senkrecht auf die Oberfläche gerichteter Nadirkanal, sowie vier Farb- und
vier Stereokanäle) Bildauflösungen von bis zu zehn Metern pro Bildpunkt erzielt.
Seit 2004 wurden schon über 90 Prozent der Marsoberfläche aufgenommen, etwa
zwei Drittel der Marsoberfläche davon in der höchst möglichen Auflösung.
Planetengeodäten am DLR-Institut für Planetenforschung, das für den Betrieb der
HRSC verantwortlich ist, leiten aus den Stereobilddaten so genannte digitale
Geländemodelle ab, aus denen für jeden Bildpunkt die Höhenangabe über dem so
genannten Areoid, einem modellierten Referenzellipsoid, abgeleitet werden kann.
Insgesamt war die HRSC in 4.165 Orbits bisher angeschaltet, um 50 bis 200
Kilometer breite Bildstreifen der Marsoberfläche aufzunehmen.
Gegenwärtig befinden sich fünf aktive Raumsonden in Umlaufbahnen um den Mars:
Neben Mars Express sind dies von der NASA der
Atmosphären-Forschungssatellit MAVEN, der Mars Reconnaissance Orbiter
und die Mission 2001 Mars Odyssey und außerdem die indische Marssonde
Mars Orbiter. Neben dem Mars Science Laboratory, also dem
Rover Curiosity, ist der wenige Wochen nach Mars Express auf
dem Mars gelandete kleinere NASA-Rover Opportunity auch schon über zehn
Jahre, nämlich seit Januar 2004 im Einsatz - und hat mit über 40 Kilometern
zurückgelegter Wegstrecke den Distanz-Weltrekord auf einem anderen Himmelskörper
aufgestellt.
Den Rekord an zurückgelegter Strecke um den Roten Planeten hält wegen seiner
elliptischen Umlaufbahn mit Entfernungen zwischen 240 und 11.000 Kilometern zur
Planetenoberfläche Mars Express mit etwa 400 Millionen Kilometern - am
Weihnachtsabend wird die Sonde ihren 13.936-ten Orbit fliegen.
Das DLR hat gestern auch eine Filmsequenz veröffentlicht, die einen Flug über
den Krater Becquerel simuliert. Becquerel hat einen Durchmesser von 167
Kilometern und befindet sich im Norden der Region Arabia Terra, in der
Übergangszone vom südlichen Hochland in die nördlichen Tiefebenen des Mars. Wie
viele andere Krater in dieser Gegend zeigt auch Becquerel in seinem Inneren
interessante Phänomene von Sedimentationsprozessen.
Auffallend sind vor allem die zu einer größeren, fast tausend Meter hohen
Erhebung aufgetürmten hellen Ablagerungen in der Mitte des Kraters. Sie erinnern
an den 5.500 Meter hohen Zentralberg Aeolis Mons im Krater Gale, an dessen Fuß
sich gegenwärtig der NASA-Rover Curiosity befindet.
Spektrometermessungen mit dem CRISM-Experiment an Bord des Mars
Reconnaissance Orbiter der NASA zeigen, dass es sich bei diesen hellen
Sedimenten um sulfathaltige Gesteine handelt, deren Minerale zum Teil Wasser-
bzw. Hydroxylmoleküle in ihrem Kristallgerüst enthalten. Auf der Erde entstehen
die meisten derartigen Sulfatminerale, zu denen beispielsweise Gips gehört, als
Rückstände bei der Verdunstung von Wasser.
Das verbreitete Auftreten derartiger geschichteter Ablagerungen in Arabia
Terra deutet darauf hin, dass der Entstehungsprozess dort über weite Flächen
stattgefunden haben muss. Die Wissenschaftler können sich gut vorstellen, dass
die Sedimente in einer Kombination aus vom Wind verfrachteten Materials - das
auch vulkanische Asche enthalten könnte - und warmem, aufdringendem Grundwasser
am Boden von Vertiefungen wie eben Einschlagskratern entstanden sind.
Die Ablagerungen scheinen einem gewissen Rhythmus zu folgen, was auf
jahreszeitliche Variationen oder der periodischen Veränderung der Neigung der
Rotationsachse des Mars zurückgeführt werden könnte. Diese Erklärungsversuche
werden unter den Forschern intensiv diskutiert. Als sehr wahrscheinlich gilt,
dass Wasser bei der Entstehung der Sedimente vorhanden gewesen sein muss.
Da es von solchen Sulfatschichten aber noch keine genaueren Untersuchungen
auf der Marsoberfläche gibt, richten sich nun alle Augen auf Curiosity:
Der Rover könnte in den nächsten Monaten entscheidende Informationen liefern,
wenn er Proben an ähnlichen Sedimentschichten am Aeolis Mons untersuchen wird.
Aus Altersbestimmungen anhand von Kratergrößen-Häufigkeitsmessungen ergibt sich,
dass die Ablagerungen etwa 3,5 bis 3,8 Milliarden Jahre alt sind. Zu jener Zeit
durchlief der Mars eine Übergangsphase und veränderte sich zu dem kalten und
trockenen Planeten, den wir heute sehen.
Seit gestern gelten für die Nutzung der Mars-Express-HRSC-Bilder
zudem deutlich einfachere Nutzungsbestimmungen: Alle drei Partner, DLR, ESA und
FU Berlin, haben beschlossen, die Bilder unter einer Creative Commons-Lizenz zu
veröffentlichen. Damit ist eine freie Nutzung und Weiterverarbeitung der Bilder
möglich, solange Urheber und Lizenz angeben sind, ein Link zur Lizenz angeben
ist und das Ergebnis der Bearbeitung wieder unter der gleichen Lizenz zur
Verfügung gestellt wird.
|