Der unglaubliche Flug des Kometenlanders
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der TU Braunschweig astronews.com
28. November 2014
Noch hat man bei der ESA nichts wieder vom kleinen Lander
Philae
auf dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko gehört. Die Daten des Landers werden
aber überall gründlich analysiert. Jetzt haben Wissenschaftler Ergebnisse der
Auswertung von Magnetometer-Daten vorgestellt. Sie sprechen für einen
spektakulären Flug von Philae - und für eine Kollision an einem
Kraterrand.
Das Instrument
ROMAP lieferte detaillierte Daten über den
Verlauf der Landung, die nun vorgestellt wurden.
Bild: ESA/ATG medialab |
Zunächst gab es erleichterten Applaus, doch dann folgte bald ein Wechselbad
der Gefühle: Die Landung des Kometenlanders Philae auf 67P/Churyumov-Gerasimenko
war nämlich nicht ganz so verlaufen, wie ursprünglich geplant worden war. Ein
Forscherteam um den Geophysiker Dr. Hans-Ulrich Auster vom Institut für
Geophysik und Extraterrestrische Physik der Technischen Universität Braunschweig
war an diesem Abend im Philae-Kontrollzentrum im Einsatz und verfolgte
gespannt den unglaublichen Flug der Landeeinheit.
Jetzt präsentierten die Braunschweiger Forscher detaillierte Daten des
ROMAP-Magnetometers an Bord von Philae, aus denen sich die mehrfachen
Landungen von Philae im Detail rekonstruieren lassen. Das Team um
Auster war überrascht, als sie am Abend des 12. Novembers 2014 die Daten ihres
ROMAP-Magnetometers unmittelbar nach der Landung sahen.
"Vergleichbar mit der
Drehung einer Kompassnadel, kann man die Bewegung der Landeeinheit im Weltraum
mit einem Magnetometer nachvollziehen. So konnten wir schnell feststellen, dass
Philae nach dem Aufsetzen wieder abgeprallt war und erst nach zwei
Stunden auf die Oberfläche zurückkehrte. Nach der Auswertung unserer Daten
wissen wir jetzt ein wenig besser, was auf dem Weg zum ungeplanten Landeplatz
passierte", erklärt Auster.
Die Magnetfelddaten geben nun preis, dass sich Philae nach dem
ersten Abprall angefangen habe, sich immer schnell um seine vertikale Achse zu
drehen. "Der Grund dafür war, dass das für die Landung erforderliche
Reaktionsrad ausgeschaltet war und sich sein Drehmoment nun auf den frei
fliegenden Lander übertrug", erläutert Auster. "Innerhalb von 40 Minuten
beschleunigte sich Philae auf diese Weise auf Rotationsgeschwindigkeit
von etwa fünf Umdrehungen pro Minute, was mit einem Windrad bei geringer
Windstärke vergleichbar ist."
Doch dann änderte sich das Bewegungsmuster schlagartig: "Die
Drehgeschwindigkeit halbierte sich, die Drehachse neigte sich und der Lander
begann zu taumeln. Die Ursache war höchstwahrscheinlich die Kollision mit einem
Riff an einem Kraterrand", so die Analyse Austers.
Wie das Braunschweiger Magnetometer zeigt, flog die Landeeinheit noch über
eine Stunde taumelnd über den Kometen, bevor es zur zweiten, holprigen Landung
kam. "Hier hat sich der Erfolg der Mission entschieden, auch das war durch die
Signaturen im Magnetfeld nachvollziehen. Erst im letzten Moment fiel der Lander
auf seine Füße. Ein letzter Hüpfer mit einer Länge von sieben Minuten war für
den Bewegungsverlauf dann vergleichsweise unspektakulär und endete in der von
Eiswänden umgebenen Landeposition", so Auster.
"Obwohl etwas Glück im Spiel war", meint der Geophysiker, "wurde mit der
spektakulären Landung eindrucksvoll der Nachweis erbracht, dass der Lander
robust genug war, um nicht nur die unwirtlichen Bedingungen im Weltraum, sondern
auch eine solche Lande-Odyssee schadlos zu überstehen."
Der Rosetta Lander Magnetometer and Plasma Monitor (ROMAP) ist eines
von zehn Instrumenten auf der Philae-Landeeinheit, das im Rahmen der
ESA-Weltraummission Rosetta das Magnetfeld sowie die
Sonnenwindwechselwirkung mit dem Kometen 67P/Churyumov–Gerasimenko untersucht.
Außer Austers Team in Braunschweig sind das Energieforschungszentrum Budapest in
Ungarn sowie das Institut für Weltraumforschung Graz in Österreich und das
Max-Planck Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen an dem Instrument
beteiligt.
Bislang konnte die ESA noch nicht wieder Kontakt zu Philae
aufnehmen. Die Hoffnung ist aber, dass dies im Laufe des kommenden Jahres
gelingen könnte, wenn sich - bei Annäherung von 67P/Churyumov–Gerasimenko an die
Sonne - die Beleuchtungsverhältnisse auf dem Kometen verbessern und die
Temperaturen erhöhen.
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