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Dass der Lander Philae gegenwärtig im Ruhezustand auf dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko steht, bedeutet nicht, dass das Lander-Team arbeitslos ist: Die Wissenschaftler machten sich sofort an die Auswertung der zahlreichen Daten, die Philae zur Erde übermittelt hat. Ein erster Blick zeigt, dass der Komet etwas anders aussieht als angenommen.
Als Lander Philae am 15. November 2014 um 1.36 Uhr MEZ in den Ruhezustand ging, hatte er mit Hilfe seiner Primärbatterie etliches geleistet: Über 500 Millionen Kilometer entfernt von der Erde hatte das Mini-Labor mit zehn Instrumenten an Bord nach der Atmosphäre geschnüffelt, gebohrt, gehämmert und den Kometen durchleuchtet. Dabei hatte er nach einer dreifachen Landung und einem neuen, ungeplanten Standort nicht die günstigsten Voraussetzungen. Mehr als 60 Stunden arbeitete Philae dennoch kontinuierlich und schickte bei jeder Funkverbindung Daten. Gesteuert und kommandiert wurde er dabei aus dem Lander Control Center (LCC) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Nun beginnt die aufwendige Datenauswertung. Mit den bisherigen Ergebnissen ist der wissenschaftliche Leiter des DLR-Projekts, Dr. Ekkehard Kührt, sehr zufrieden. "Wir haben viele wertvolle Daten gesammelt, die man nur in direkter Berührung mit dem Kometen erhalten kann. Zusammen mit den Messungen der Rosetta-Sonde sind wir auf einem guten Weg, Kometen besser zu verstehen. Ihre Oberflächeneigenschaften scheinen ganz anders zu sein als bisher gedacht!" Fest wie Eis ist 67P/Churyumov-Gerasimenko, schätzt das Team der Thermalsonde MUPUS (Multi-Purpose Sensors for Surface and Sub-Surface Science), deren Sonde sich in den Kometen hämmern sollte: "Obwohl die Leistung des Hammers stufenweise erhöht wurde, konnten wir sie nicht tief in den Boden fahren", erläutert Prof. Tilman Spohn vom DLR-Institut für Planetenforschung, der das Forscherteam der Thermalsonde leitet.
Kurz nach der dreifachen Landung konnten die Wissenschaftler nur hoffen, dass Lander Philae in einer Position aufsetzen würde, die das Hämmern erlauben würde. Zum ersten Mal konnte mit MUPUS jedoch direkt auf einer Kometenoberfläche deren Festigkeit untersucht werden - und 67P/Churyumov-Gerasimenko erwies sich überraschenderweise als harter "Gegner". "Wir haben reiche Ernte eingefahren und müssen diese Daten jetzt noch alle analysieren", betont Kometenforscher Spohn. Lediglich die Thermalsensoren und Beschleunigungsmesser in den Ankern kamen nicht zum Einsatz, da diese bei der Landung nicht ausgelöst wurden, um Philae auf der Kometenoberfläche zu fixieren. Auch das Team des SESAME-Experiments (Surface Electrical, Seismic and Acoustic Monitoring Experiments) kann bereits jetzt bestätigen, dass 67P/Churyumov-Gerasimenko bei weitem nicht so weich und fluffig ist, wie man es angenommen hatte. "Die Festigkeit der Eisschicht unter einer Staubschicht am ersten Landeplatz ist überraschend hoch", sagt Dr. Klaus Seidensticker vom DLR-Institut für Planetenforschung. Das Instrument CASSE, das in den Füßen des Landers sitzt, wurde bereits beim ersten Abstieg eingeschaltet und registrierte deutlich die Landung beim ersten Kontakt mit dem Kometen. Aus den weiteren Daten sollen die mechanischen Eigenschaften von 67P/Churyumov-Gerasimenko abgeleitet werden. Zwei weitere Instrumente von SESAME lassen auf eine derzeit noch geringe Aktivität des Kometen an dieser Landestelle sowie auf eine größere Menge Wassereis unter dem Lander schließen. Als letzte der zehn Instrumente an Bord von Lander Philae wurde der Bohrer SD2 aktiviert, der Bodenproben für die Instrumente COSAC und PTOLEMY zur Verfügung stellen sollte. Sicher ist, dass der Bohrer ausgefahren wurde und alle Arbeitsschritte abarbeitete, um eine Probe in den dafür vorgesehenen Ofen zu transportieren. Auch COSAC funktionierte wie geplant. Nun müssen die Wissenschaftler die gewonnen Daten analysieren, um herauszufinden, ob eine Bodenprobe tatsächlich in ihrem Gas-Chromatographen untersucht wurde. Geschehen soll dies in Zusammenarbeit mit mehreren Instrument-Teams: Hat CASSE das Bohren gehört? Auf welche Bodenfestigkeit ist MUPUS beim Hämmern gestoßen? Mit welcher Kraft kam Bohrer SD2 zum Einsatz? "Wir haben zurzeit noch keine Informationen über Menge und Gewicht der Bodenprobe", sagt Dr. Fred Goesmann vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung. Allerdings konnte COSAC bereits nach der Landung die Atmosphäre "erschnüffeln" und die ersten organischen Moleküle aufspüren. Die Analyse der Spektren und die Identifikation der Moleküle laufen zurzeit. Einer der großen "Gewinner" der Philae-Landung ist Dr. Stefano Mottoloa, der für die Kamera ROLIS verantwortlich ist. Das Instrument an der Unterseite der Kamera nahm bereits während des ersten Abstiegs Fotos auf, die den geplanten Landeplatz Agilkia zeigen. Aber auch nach der dritten Landung konnte ROLIS erneut aktiviert werden und Aufnahmen der Kometenoberfläche aus nächster Nähe anfertigen. Somit liegen dem Team nun Daten für gleich zwei verschiedene Standorte auf dem Kometen vor. Auch für das Experiment CONSERT konnten reichlich Daten gewonnen werden: Dabei befanden sich Lander und Orbiter auf unterschiedlichen Seiten des Kometen und durchleuchteten gemeinsam den Kometenkern, um ein dreidimensionales Profil des Kerns zu erstellen. Mit CONSERT-Messungen verabschiedete sich Philae auch in den Winterschlaf, nachdem die Energie seiner Primärbatterie wie berechnet erschöpft war. Diese Batterie war bereits in aufgeladenem Zustand mit durchs All geflogen, um die erste wissenschaftliche Arbeitsphase sicherzustellen. "Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass Philae wieder Kontakt mit uns aufnimmt und wir erneut die Instrumente betreiben können", sagt Lander-Projektleiter Dr. Stephan Ulamec vom DLR. Hat sich die wieder aufladbare Sekundärbatterie des Landers durch die Sonneneinstrahlung ausreichend aufgeladen, meldet sich Philae selbstständig und das Team des Lander-Kontrollzentrums am DLR nimmt seine Arbeit an den Steuerkonsolen erneut auf. "Auf dem ersten Landeplatz hätten wir dazu natürlich bessere Beleuchtungsbedingungen vorgefunden", sagt Ulamec. "Jetzt stehen wir etwas schattiger und werden für das Aufladen länger benötigen." Ein Vorteil des schattigeren Landeplatzes an einem Kraterrand: Lander Philae wird bei der Annäherung an die Sonne nicht so schnell überhitzen, sondern von der stärkeren Sonneneinstrahlung profitieren. Dafür drehte das Lander-Kontrollteam Philae in der Nacht vom 14. auf den 15. November 2014, so dass dass größte Solarpaneel nun in Richtung Sonne ausgerichtet ist. Wahrscheinlich im Frühjahr 2015, so schätzt DLR-Wissenschaftler Ulamec, kann das Lander-Kontrollzentrum des DLR wieder mit Philae kommunizieren und eine kurze Rückmeldung erhalten, wie es dem Lander auf Churyumov-Gerasimenko geht. Im Sommer 2015 könnte es dann auf dem Kometen Bedingungen geben, die es Philae erlauben, seine Batterie aufzuladen. "Der Orbiter wird bei seinen Überflügen auf Empfang sein und hören, sobald Philae wieder aus dem Winterschlaf aufwacht."
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