Spannung vor dem Marsvorüberflug
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung astronews.com
13. Oktober 2014 / Update: 20. Oktober 2014
Am 19. Oktober wird der Komet C/2013 A1 (Siding Spring) in
nur geringem Abstand am Mars vorüberfliegen. Ein Zusammenstoß ist zwar
ausgeschlossen, doch der Schweif wird höchstwahrscheinlich in die Atmosphäre des
Mars eindringen. Den Raumsonden und Rovern, die den Mars derzeit erkunden,
bietet sich die einzigartige Gelegenheit, das seltene Schauspiel ganz aus der
Nähe zu verfolgen.

Der Komet C/2013 A1 (Siding Spring) wird am
19. Oktober in nur geringem Abstand am Mars
vorüberfliegen (künstlerische Darstellung).
Bild: NASA [Großansicht] |
Als der Komet mit der wissenschaftlichen Bezeichnung C/2013 A1 am 3.
Januar 2013 im Blickfeld eines Teleskops am australischen Observatorium Siding
Spring auftauchte, hielt er bereits Kurs auf den Mars. Sogar eine Kollision mit
dem Roten Planeten erschien zunächst möglich. Genaue Beobachtungen in den
Folgemonaten brachten die Entwarnung: Zu einem Zusammenstoß würde es zwar nicht
kommen, der Komet jedoch würde den Mars in einem Abstand von nur etwa 132.000
Kilometern passieren; dies entspricht in etwa einem Drittel der Entfernung
zwischen Erde und Mond (astronews.com berichtete).
Dabei hätte sich der kosmische Gast keine günstigere Flugroute aussuchen
können – zumindest aus wissenschaftlicher Sicht nicht. Kein anderer Planet wird
von so vielen Messinstrumenten vor Ort überwacht: Derzeit erforschen fünf
Raumsonden den Mars aus einer Umlaufbahn, zwei Rover bahnen sich ihren Weg über
die Oberfläche. In der Zeit des Vorbeiflugs werden all diese Instrumente ihren
Blick auf das ungewohnte Forschungsobjekt richten und jedes Detail der
einzigartigen Begegnung aufzeichnen.
Das gilt auch für den Teilchendetektor ASPERA-3 an Bord der ESA-Raumsonde
Mars Express. Das Spektrometer – wie auch die Sonde selbst – gehört zu den
betagteren Instrumenten: Seit 2003 misst es geladene und ungeladene Teilchen in
der Atmosphäre und Umgebung unseres Nachbarplaneten. Anders als etwa bei der
neuen NASA-Raumsonde MAVEN, die den Mars erst vor wenigen Wochen erreichte, sind
daher nicht zu strenge Sicherheitsvorkehrungen vorgesehen, um die Sonde vor dem
heranrasenden Kometenstaub zu schützen. "ASPERA-3 wird während des gesamten
Vorbeiflugs aktiv sein", sagt denn auch Markus Fränz vom Max-Planck-Institut für
Sonnensystemforschung.
"Wir erwarten, dass sich der Kometenschweif und die Marsatmosphäre zum Teil
vermischen werden", so Fränz. Die Wissenschaftler schätzen, dass Siding Spring
pro Sekunde etwa 100 Kilogramm fremden Materials in die Marsatmosphäre eintragen
wird. Das entspricht der Menge an Teilchen, die der Mars kontinuierlich ins All
verliert. "Diese geringen Teilchendichten machen die Messungen zu einer großen
Herausforderung", so Fränz. Dennoch hoffen die Forscher verfolgen zu können, wie
sich die Zusammensetzung der Marsatmosphäre durch den vorbeirauschenden Gast
verändert.
Neben anderen Ionen und Molekülen müsste ASPERA-3 etwa Wassermoleküle
aufspüren, die normalerweise in der oberen Marsatmosphäre nicht vorkommen. "Die
Zusammensetzung des Schweifs von Siding Spring auf diese Weise zu entschlüsseln,
liefert uns ein weiteres Puzzleteil zum Verständnis der Entstehung unseres
Sonnensystems", sagt Markus Fränz.
Die langperiodischen Kometen, zu denen auch Siding Spring zählt, entstammen
der sogenannten Oortschen Wolke, einer Region in den Tiefen des Weltraums weit
jenseits der Umlaufbahn des Neptuns. Fern der Sonne hat sich dieser Teil des
Alls seit der Geburtsstunde des Planetensystems kaum verändert. Welche Stoffe
liegen dort in welchem Verhältnis vor? Durch welche Vorgänge bildeten sich
Kometen und andere gefrorene Brocken?
"Jeder Komet ist ein wenig anders", meint Fränz. "Indem wir möglichst viele
genau untersuchen, können wir uns ein immer besseres Bild von ihrem
Entstehungsort machen." Am Mars könnte Siding Spring ein Teil dieses
Geheimnisses preisgeben.
Die NASA hat unterdessen die Bahnen ihre Sonden im Marsorbit so geändert,
dass sie sich während der für die Sonden gefährlichsten Phase des Vorüberflugs
gerade "hinter" dem Mars befinden. Trotzdem werden sie sich natürlich auch an der
Beobachtungskampagne beteiligen. Die Marsrover Curiosity und
Opportunity sind auf der Oberfläche durch die Atmosphäre vor den Partikeln des Kometen
geschützt. An den Beobachtungen von Siding Spring werden sich auch zahlreiche
Teleskope auf der Erde und im Erdorbit beteiligen.
Update (20. Oktober 2014): Nach Auskunft von NASA und ESA
haben alle Sonden den Vorüberflug von Siding Spring gut überstanden. Im Laufe
der Woche sollen nun Bilder und Daten der Beobachtungen zur Erde übertragen
werden.
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