Gemüseanbau auf dem simulierten Mars
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
16. September 2014
Vier Monate lang lebte eine DLR-Wissenschaftlerin wie auf
dem Mars und hatte dabei manchmal fast vergessen, dass sie sich immer auf der
Erde befand - nämlich in einem speziellen Marshabitat auf Hawaii. Dort
erforschte sie den Gemüseanbau während einer längeren Raumfahrtmission. Jetzt
ist sie wieder in Deutschland.

Das kuppelförmige Marshabitat der University
of Hawaii war für vier Monate die Heimat von
DLR-Wissenschaftlerin Lucie Poulet (hinten im
Bild).
Foto: DLR [Gesamtansicht] |
Vier Monate lang hat Lucie Poulet vom Deutschen Zentrum für Luft- und
Raumfahrt (DLR) auf dem Mars gelebt, hat im Raumanzug den Roten Planeten
erkundet und im Inneren der kuppelförmigen Marsstation Gemüse gezüchtet.
Allerdings: Dabei entfernte sie sich keinen Zentimeter von ihrem Heimatplaneten
Erde, denn das Habitat des Hawaii Space Exploration Analog and Simulation
(HI-SEAS)-Programms steht am nördlichen Hang des Mauna Loa auf Hawaii. "Auch
wenn man beim Blick aus dem Fenster auf eine irdische Vulkanlandschaft gesehen
hat - es hat sich oft so angefühlt, als ob man auf dem Mars leben würde", sagt
sie über ihren mehrmonatigen Forschungsaufenthalt, der am 28. März 2014 begann.
Aus dem kuppelförmigen Habitat der University of Hawaii wurde
schnell ein Zuhause für Poulet. Niemals hätte sie daran gedacht, es ohne ihren
Raumanzug zu verlassen. "Man fühlt sich tatsächlich von der Außenwelt auf der
Erde isoliert." Kein direkter Kontakt zu anderen Menschen, ein gedrosseltes
Internet und nur verzögerte E-Mails mit Nachrichten von außen, all das hat bei
dem sechsköpfigen internationalen Team dazu geführt, dass man sich dann doch
weit entfernt vom irdischen Alltag fühlte.
Gerade einmal die wichtigsten Nachrichten von der Erde gelangten mit
Zeitverzögerung in der Marsstation an - "ich bin nach Deutschland zurückgekommen
und habe tatsächlich viele neue Dinge erfahren". Damit die Erde nicht ganz aus
den Gedanken verschwand und der Mars-Alltag zumindest ab und zu unterbrochen
wurde, ließ sich die DLR-Wissenschaftlerin schon vor ihrer Mission Briefe und
Postkarten von Familie und Freunden vorbereiten. Nach und nach öffnete sie diese
während der monatelangen Isolation und stattete die Wand ihres kleinen Zimmers
damit aus. "Wenn ich mich mal nicht so motiviert fühlte oder einfach mal nicht
gutgelaunt war, habe ich einen der Briefe geöffnet - und der Tag war gleich
wieder schöner."
Dabei waren ihre Tage dicht gefüllt mit Experimenten, die sie für die Mission
vorbereitet hatte. Die Wissenschaftlerin arbeitet normalerweise im EDEN-Labor (Evolution
& Design of Environmentally-closed Nutrition-Sources) des DLR in
Bremen, in dem unter anderem die Gemüsezucht für Langzeitmissionen erforscht
wird. Auf dem "Mars" war sie dafür zuständig, das Pflanzenwachstum bei unterschiedlichen
Wellenlängen zu untersuchen. Mit einem erfreulichen Nebeneffekt für das Team:
Nachdem Salat, Tomaten oder auch Radieschen geerntet, gewogen und vermessen
waren, landeten sie auf den Tellern der Crew und frischten deren Speiseplan auf.
"Ich habe sogar mit Tomatensamen gearbeitet, die sieben Jahren lang im
Weltall waren," so Poulet. Immerhin funktionierten drei von zehn Samen noch,
obwohl sie über einen so langen Zeitraum der Weltraumstrahlung ausgesetzt waren.
Auch die Auswirkungen von Grünpflanzen auf die Psyche der isolierten Crew im
Habitat untersuchte die Wissenschaftlerin. Die Antworten in den Fragebögen
fielen einheitlich aus: "Alle haben es genossen, sich um die Pflanzen zu kümmern
und etwas Frisches essen zu können."
Einfach war die Zeit aber nicht immer, in der Poulet vier Monate ihres Lebens
auf dem virtuellen Mars verbrachte. "Man verliert sehr schnell das Zeitgefühl".
Jeden Tag dieselbe Umgebung, jeden Tag dieselben fünf Menschen um sich herum.
Gerade einmal eine Woche vor dem Beginn der Mission lernte Poulet ihre
Mitstreiter persönlich kennen, die sie zuvor nur als Stimmen in
Telefonkonferenzen gehört hatte. Im ersten Monat der Mission musste sich das
Team zunächst einmal kennenlernen.
"Zum Glück gab es aber keine großen Konflikte", betont sie. "Auch wenn wir
mal unterschiedlicher Meinung waren, haben wir letztendlich immer wieder eine
gemeinsame Entscheidung treffen können." Tagsüber arbeiteten alle in ihren
individuellen Forschungsprojekten, zu den Mahlzeiten versammelten sich dann alle
an einem Tisch. Selbst am Wochenende arbeiteten die Wissenschaftler, kümmerten
sich um ihre Wäsche oder brachten das Habitat auf Vordermann - "wir haben uns
dann regelrecht miteinander verabredet, um gleichzeitig einmal Pause zu machen."
Um fit zu bleiben und Energie abzubauen, stieg Poulet jeden Tag aufs
Laufband. Dazu kamen Muskel- und Fitnesstraining. "Man bewegt sich nicht viel im
Habitat selbst, die einzigen Gelegenheiten für Bewegung sind die Außeneinsätze
im Raumanzug."
Nach den vier Monaten in der selbstgewählten Isolation standen für die
Wissenschaftlerin zwei Dinge auf dem Programm: eine frische Wassermelone essen
und Urlaub auf der Insel, die für sie vier Monate lang der Rote Planet war. Die
vier Monate im Mars-Habitat bereut sie nicht: "Ich will gerne aktiv bei der
bemannten Erkundung des Weltraums mitmachen und Erfahrungen beisteuern, die sie
ermöglichen." Im DLR Bremen geht nun wieder ein Projekt mit dem EDEN-Team für
sie weiter - die Planung eines Gewächshauses für den Mond.
|