Neue Namen für 305 ferne Welten
von Stefan Deiters astronews.com
17. Juli 2014
Die Internationale Astronomische Union nimmt sich jetzt auch
der Vielzahl von extrasolaren Planeten an, die seit Ende des vergangenen
Jahrhunderts entdeckt worden sind. Die Öffentlichkeit kann dabei über neue,
einprägsamere Namen für zunächst 305 ferne Welten mitentscheiden. Das Verfahren
ist allerdings kompliziert, soll aber zu Bezeichnungen führen, die auch
offiziell anerkannt sind.
Bald vielleicht
mit neuem Namen: Ein extrasolarer Planet um einen
fernen Stern.
Bild: IAU / M. Kornmesser /N. Risinger (skysurvey.org) |
Die Namen von extrasolaren Planeten sind in der Regel alles andere als
handlich: Um sie zu benennen, fügen die Astronomen nämlich lediglich einen
Buchstaben an den Katalognamen des Sterns, den die ferne Welt umkreist - und
diese Katalognamen sind meist wenig einprägsam und eignen sich für eine
Diskussion abseits der astronomischen Fachtagungen nur sehr begrenzt.
Es gibt daher schon seit längerem die Idee, zumindest den interessantesten
extrasolaren Planeten einen "handlicheren" Namen zu geben. Im letzten Jahr war
die IAU deswegen mit der Initiative Uwingu aneinander geraten, die
öffentlichkeitswirksam einen Namen für den damals gerade entdeckten Planeten um
Alpha Centauri B suchte.
Der Haken dabei war, dass man für einen Namensvorschlag bei Uwingu
4,99 US-Dollar und für die Abstimmung 0,99 US-Dollar zahlen sollte. Dieses Geld
würde, so versprach Uwingu, wissenschaftlichen Projekten zugutekommen.
Hinter Uwingu stehen einige bekannte Astronomen, beispielsweise der
verantwortliche Wissenschaftler der Pluto-Mission New Horizons Dr. Alan
Stern.
Auf die Uwingu-Aktion reagierte die IAU damals mit ungewohnter
Schärfe: "Angesichts jüngster Ereignisse, bei denen mit der Möglichkeit, sich
das Recht zur Benennung eines extrasolaren Planeten zu kaufen, Werbung gemacht
wurde, möchte die Internationale Astronomische Union die Öffentlichkeit darüber
informieren, dass solche Verfahren bei der offiziellen Benennung keinerlei Rolle
spielen", lautet der erste Satz einer damals verbreiteten Pressemitteilung. Zwar
begrüßte die IAU das Interesse der Öffentlichkeit an der Exoplanetenforschung,
betonte aber gleichzeitig die Bedeutung eines einheitlichen Benennungsverfahren.
Bei Uwingu und auch einigen Astronomen stießen die Äußerungen der
IAU auf wenig Verständnis: Man warf der Organisation, die sich als
Zusammenschluss aller professionellen Astronomen versteht und entsprechend deren
Interessen international vertritt, eine gewisse Überheblichkeit und Arroganz vor
(astronews.com berichtete).
Das Hauptproblem für die IAU dürfte sein, dass sie sich in der Vergangenheit
aus gutem Grund immer sehr deutlich von allen kommerziellen Unternehmungen
distanziert hat, in deren Rahmen Namen für Planeten, Sterne oder gar Grundstücke
auf anderen Planeten oder Monden verkauft werden. Eine klare, auch für die
Öffentlichkeit deutlich erkennbare Trennung zwischen "guten" und "schlechten"
Namensverkäufern ist da kaum möglich, so dass für die IAU nur die strikte
Ablehnung solcher Aktivitäten blieb.
Schon vor einem Jahr hatte die IAU jedoch zugestanden, dass es wünschenswert
wäre, für einige extrasolare Planeten einprägsamere Namen zu finden und
versprochen, sich darüber Gedanken zu machen. Die Ergebnisse wurden nun in der
vergangenen Woche vorgestellt: Die IAU wird die Öffentlichkeit einladen, sich an
der Benennung von 305 sicher bestätigten extrasolare Planeten zu beteiligen. Die
so gefundenen Namen werden von der IAU anerkannte Bezeichnungen für die fernen
Welten sein und können dann parallel zu den wissenschaftlichen Namen verwendet
werden.
Allerdings ist das von der IAU gewählte Verfahren recht komplex. So kann auch
nicht jeder einen Namensvorschlag machen: Dieses Recht soll Astronomievereinen
und gemeinnützigen Organisationen vorbehalten sein, die etwas mit Astronomie zu
tun haben. Entsprechende Registrierungen nimmt die IAU über eine spezielle
Webseite ab September entgegen. Jeder dort gemeldete Verein und jede
Organisation erhält dann die Möglichkeit, sich aus den insgesamt 305 zur
Benennung anstehenden extrasolaren Planeten ihre 20 bis 30 Lieblingskandidaten
auszusuchen.
Ab Dezember nimmt die IAU dann Namensvorschläge der Vereine und
Organisationen an, wobei das genaue Verfahren hier noch zu einem späteren
Zeitpunkt detaillierter festgelegt werden soll. Dabei sind einige Regeln zu
berücksichtigen: So kommen die Namen noch lebender Personen oder auch die von
Firmen und Produkten beispielsweise nicht als Planetennamen in Frage. Die
Bezeichnungen sollten sich zudem in mehreren Sprachen einfach aussprechen
lassen.
Ab März 2015 hat dann die allgemeine Öffentlichkeit das Wort: Sie kann über
die einzelnen Namensvorschläge abstimmen. Um den erwarteten Ansturm bewältigen
zu können, hat sich die IAU mit dem Projekt Zooniverse zusammengetan,
das schon jetzt die Öffentlichkeit bei der Auswertung astronomischer
Beobachtungen mitwirken lässt. Die Namen mit den meisten Stimmen werden
schließlich von der zuständigen Arbeitsgruppe der IAU geprüft und dann bei einer
Zeremonie während der Generalversammlung der IAU Anfang August 2015 in Honolulu
vorgestellt.
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