Bislang bester Blick auf das Saturn-Sechseck
von
Stefan Deiters astronews.com
6. Dezember 2013
Wissenschaftler haben jetzt die bislang besten Cassini-Bilder
des mysteriösen Sechsecks vorgestellt, das den Nordpol des Saturn umgibt.
Möglich wurden diese detaillierten Beobachtungen durch den beginnenden Frühling
auf der Nordhalbkugel des Ringplaneten und die damit verbundenen besseren
Lichtverhältnisse rund um den Nordpol.
Falschfarbendarstellung basierend auf den jetzt vorgestellten
detaillierten Beobachtungen der Saturnsonde Cassini. Die
Bilder der Animation entstanden über einen Zeitraum von 10
Stunden.
Bild: NASA / JPL-Caltech / SSI / Hampton University [Großansicht
ohne Animation] |
Mit den jetzt vorgestellten Beobachtungen gelang es erstmals, die Bewegungen
in dem mysteriösen Saturn-Sechseck über einen längeren Zeitraum aus einer
günstigen Perspektive und in verschiedenen Wellenlängenbereichen zu verfolgen
und einzelne Strukturen rund um den Nordpol des Ringplaneten näher zu
analysieren. Aus den Einzelbildern wurde auch eine faszinierende Animation
erstellt, die die Strömungen sichtbar macht.
Beim Saturnsechseck handelt es sich um Jetstream-ähnliche Winde mit
Geschwindigkeiten von rund 320 Kilometern pro Stunde rund um ein Sturmsystem im
Zentrum. Im Sonnensystem ist den Wissenschaftlern bislang keine vergleichbare
Struktur bekannt. "Beim Sechseck handelt es sich lediglich um Luftströmungen.
Andere Wetterphänomene, die diesem ähneln, zeichnen sich in der Regel durch
starke Turbulenzen und eine hohe Instabilität aus", erklärt Andrew Ingersoll vom
Cassini Imaging Team am California Institute of Technology die
Besonderheiten des Saturn-Sechsecks. "Ein Hurrikan auf der Erde existiert
normalerweise für eine Woche, diese Struktur aber gibt es schon seit
Jahrzehnten, vielleicht sogar schon seit Jahrhunderten."
Auf der Erde werden Wetterphänomene oft durch Kontakt mit Landmassen gestört.
Die große Stabilität des Saturn-Sechsecks könnte somit auch damit
zusammenhängen, dass es solche Störungen auf dem Ringplaneten nicht geben kann,
da es sich bei diesem im Wesentlichen um einen riesigen Gasball handelt.
Cassini gelangen die neuen Aufnahmen dank der besseren
Beleuchtungsverhältnisse auf der Nordhalbkugel des Saturn, auf der nun der
Frühling eingezogen ist. Lange Zeit lag das Saturn-Sechseck im Dunklen und
konnte daher nicht in den Wellenlängen des sichtbaren Lichts beobachtet werden.
Anhand der neuen Bilder können die Wissenschaftler nun auch Strukturen im
Inneren des Sechseck genauer und in verschiedenen Wellenlängenbereichen unter
die Lupe nehmen.
Das Sechseck hat einen Durchmesser von rund 30.000 Kilometern. Im Zentrum, am
Nordpol des Ringplaneten, befindet sich ein gewaltiges Sturmsystem, außerdem
gibt es zahlreiche weitere Wirbel im Inneren der Struktur. Die größten von ihnen
haben einen Durchmesser von 3.500 Kilometern und sind damit doppelt so groß wie
die gewaltigsten Hurrikans auf der Erde.
Die Beobachtungen in verschiedenen Wellenlängenbereichen verraten den
Wissenschaftlern auch etwas über die Art von Partikeln in der Region. "Im
Inneren des Sechsecks finden sich weniger große Dunstparktikel und eine
Konzentration von kleineren Dunstpartikeln, während es außerhalb genau umgekehrt
ist", so Kunio Sayanagi von der Hampton University in Virginia, der
auch zum Cassini Imaging Team gehört. "Der sechseckige Jetstream wirkt
wie eine Barriere und führt zu etwas, was dem Ozonloch über der Antarktis
gleicht."
Auch das antarktische Ozonloch wird von beständigen Winden umschlossen, die
eine gewissen Ähnlichkeit mit dem Saturnsechseck aufweisen. Im Winter kommt es
zu chemischen Prozessen, die das Ozon in der Atmosphäre zerstören und durch den
Jetstream kann kein frisches Ozon von außen nachfließen. Auf Saturn können
keinen größeren Aerosole ins Innere des Sechsecks gelangen. Solche größeren
Aerosole entstehen durch Sonneneinstrahlung in die Atmosphäre.
"Je weiter wir uns der Sommersonnenwende auf Saturn im Jahr 2017 nähern,
desto besser werden auch die Lichtverhältnisse am Nordpol. Wir freuen uns schon
darauf, die Veränderungen innerhalb und außerhalb des Sechsecks verfolgen zu
können", so Scott Edgington, der stellvertretende Projektwissenschaftler für
Cassini am Jet Propulsion Laboratory der NASA.
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