Blick auf mysteriöses Saturn-Sechseck
von Stefan Deiters astronews.com
10. Dezember 2009
Jahrelang lag der Nordpol des Ringplaneten Saturn im Dunkel des arktischen
Winters. In diesem Jahr konnte die Sonde Cassini nun endlich einen
ersten Blick im sichtbaren Bereich des Lichtes auf diese Region werfen, in
der man schon vor Jahrzehnten ein mysteriöses Sechseck entdeckt hatte. Seit
damals rätseln die Wissenschaftler über dessen Entstehung.
Cassinis Blick auf das Sechseck, das den Nordpol
des Saturn umgibt.
Bild: NASA / JPL / Space Science
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Auf den jetzt veröffentlichten Bildern sind neue Details der mysteriösen
Struktur in der Saturnatmosphäre zu sehen. Zu erkennen sind beispielsweise
konzentrische Kreise und Schnörkel, die man auf früheren Aufnahmen nicht
ausmachen konnte. Die letzten Bilder, die im sichtbaren Bereich des Lichtes vom
gesamten Sechseck gemacht wurden, sind fast 30 Jahre alt und stammen von den
Voyager-Sonden. In den letzten 15 Jahren war der Nordpol des Saturn in
Dunkelheit gehüllt. Auf den neuen Aufnahmen von Cassini befindet sich
das Sechseck genau dort, wo es auch schon von Voyager beobachtet worden
war.
"Diese Langlebigkeit der Sechseckstruktur macht sie schon zu etwas
Besonderem. Wettersysteme auf der Erde sind ja gerade einmal einige Wochen
stabil", so Kunio Sayanagi vom Cassini Imaging-Team am California
Institute of Technology. "Das ist für uns ein genauso großes Mysterium wie
der gewaltige Sturm auf Jupiter, der Große Rote Fleck."
Das Sechseck befindet sich bei etwa 77 Grad nördlicher Breite und hat einen
Durchmesser, der mehr als dem doppelten Durchmesser der Erde entspricht. Der die
Struktur bildende Jetstream dürfte Geschwindigkeiten von etwa 100 Metern pro
Sekunde erreichen, also rund 360 Kilometer pro Stunde.
Auf den frühen Bildern des Rechtecks, die von Voyager oder von der
Erde aus gemacht wurden, war die mysteriöse Struktur nur aus einer ungünstigen
Perspektive zu erkennen. Die Sonde Cassini, die sich seit 2004 im Orbit
um den Ringplaneten befindet, hat da eine deutlich bessere Beobachtungsposition.
In den ersten Jahren waren aber, wegen des arktischen Winters in dieser Region
des Saturn, nur Beobachtungen im Infraroten möglich (astronews.com berichtete).
Dabei hatte sich herausgestellt, dass das Sechseck nahezu stationär ist und die
Struktur tief in die Saturnatmosphäre hinabreicht. Auch weitere Sturmsysteme und
Hotspots wurden dabei entdeckt.
Die Kameras an Bord von Cassini, die im sichtbaren Bereich des
Lichtes arbeiten, haben eine deutlich höhere Auflösung als die von Voyager
oder auch als die Infrarot-Instrumente an Bord der Sonde. Im Januar gelang damit
nun der langerwartete erste Blick auf die Struktur im sichtbaren Licht. Den
jetzt präsentierten kleinen Film, der aus drei Einzelbildern besteht, setzte das
Imaging-Team aus insgesamt 55 Aufnahmen zusammen. Der Nordpol des
Ringplaneten ist noch nicht zu erkennen, weil der noch im Dunklen lag.
Mit Hilfe der neuen Daten wollen die Wissenschaftler nun versuchen, hinter
das Geheimnis der Langlebigkeit der Struktur zu kommen. Dabei haben sie unter
anderem die auf den Aufnahmen neu entdeckten Wellen im Blick, die von den Ecken
des Rechtecks auszugehen scheinen, sowie die Wolkenstrukturen an seinen Seiten.
Auch ein merkwürdiger schwarzer Fleck, der in früheren Infrarot-Bildern an einer
anderen Stelle zu finden war und jetzt etwa in der 2 Uhr-Position zu sehen ist,
hat das Interesse der Forscher geweckt.
Mit Hilfe der neuen Daten, so Kevin Baines vom Jet Propulsion Laboratory
der NASA, "können wir nun nach Lösungen für die unbeantworteten Fragen rund um
diese wohl bizarrste Struktur im Sonnensystem suchen. Diese könnten uns dann
vielleicht grundlegende Fragen über das Wetter beantworten, die wir uns auch in
Bezug auf unserem eigenen Planeten immer noch stellen."
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