Informatiker und Astronomen Hand in Hand
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Heidelberger Instituts für Theoretische Studien astronews.com
29. Oktober 2013
Immer fortschrittlichere Teleskope und teils automatische
Beobachtungsprogramme liefern den Astronomen inzwischen gewaltige Datenmengen,
die von den Wissenschaftlern allein kaum noch auszuwerten sind. Helfen könnten
da automatische Analysen. Die neue Arbeitsgruppe Astroinformatik am Heidelberger
Institut für Theoretische Studien will nun entsprechende Methoden entwickeln.
Informatiker wollen Astronomen beim Blick in die
Weiten des Alls unterstützen.
Bild: STScI / NASA |
Am Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS) nahm jetzt die neue
Junior-Forschungsgruppe "Astroinformatik" ihre Arbeit auf. Sie soll neue Ansätze
entwickeln, um die stetig wachsende und in verteilten Archiven gespeicherte
Datenmenge in der Astronomie zu analysieren und zu verarbeiten. Gruppenleiter
ist der Physiker und Informatiker Dr. Kai Polsterer. Damit forschen nun
insgesamt neun Arbeitsgruppen am HITS.
"Wir konzentrieren uns darauf, durch neue Ansätze die beobachtenden
Wissenschaftler bei ihrer Forschung zu unterstützen", sagt Kai Polsterer. Die
neu eingerichtete Juniorgruppe ergänzt die Aktivitäten der Forschungsgruppe "Theoretical
Astrophysics" unter Leitung von Prof. Volker Springel, die sich mit
Computersimulationen zur Galaxienentstehung und zur Dunklen Materie befasst. Im
Frühjahr 2014 wird dann noch eine weitere Forschungsgruppe mit Schwerpunkt
Hochenergie-Astrophysik eingerichtet werden und den Bereich Astrophysik am HITS
weiter stärken.
Der Computer hat die Astronomie in den letzten zwanzig Jahren revolutioniert.
Dank neuer Detektoren und innovativer Teleskope können Astronomen heute Objekte
in nie dagewesenem Umfang und mit hoher Auflösung beobachten. Hinzu kommen neue,
bisher unerschlossene Wellenlängenbereiche. Spezielle "Survey-Teleskope"
durchmustern den Himmel und sammeln kontinuierlich Daten.
Polsterer möchte den Zugriff der Astronomen auf die in Archiven verfügbaren
Daten so verbessern, dass Forschung intuitiver stattfinden kann. Als Beispiel
nennt er den Sloan Digital Sky Survey, der mit Bildern in fünf
Wellenlängen sowie spektroskopischen Detailaufnahmen den Himmel durchmustert und
digital zur Verfügung stellt. "Hier gibt es viele Datenschätze zu heben, die
Astronomen können die Daten aber nicht einfach durchstöbern, also explorativ
arbeiten", so der 37-jährige.
In einem ersten Schritt will er Werkzeuge entwickeln, die Merkmale von
Objekten automatisch aus den vorhandenen Daten extrahieren können, wie zum
Beispiel die sogenannte Rotverschiebung (redshift). Die Rotverschiebung zeigt
an, wie weit eine Galaxie von uns entfernt ist. Diese direkt zu messen erfordert
einen sehr hohen messtechnischen Aufwand. Daher sind die auf Modellen
basierenden, statistischen Werte sehr wichtig für die Astronomen.
"Die Zahl der Daten steigt exponentiell an, die der Astronomen nicht", so Kai
Polsterer. Hier können Methoden der Informatik helfen. Deshalb arbeitet die neue
HITS-Gruppe daran, Ansätze des maschinellen Lernens in der Astronomie populärer
zu machen. Polsterer ist in beiden Gebieten zuhause: Nach seinem Informatikdiplom
an der TU Dortmund promovierte der gebürtige Westfale in Physik und Astronomie
an der Universität Bochum. Dort leitete er später die Softwareentwicklung im
Projekt LUCIFER, an dem auch die Landessternwarte Heidelberg (LSW) und das
Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) beteiligt sind.
LUCIFER ist eine Kombination aus Kamera und Spektrograph am weltgrößten
optischen Teleskop, dem Large Binocular Telescope in Arizona. Dieses
Instrument wurde für Untersuchungen im nah-infraroten Spektralbereich gebaut,
der für das Auge nicht sichtbar ist. Mit den beiden Heidelberger Einrichtungen
LSW und MPIA arbeitet Polsterer auch in Zukunft eng zusammen, ebenso mit dem
German Astrophysical Virtual Observatory unter der Leitung von Prof.
Joachim Wambsganss vom Astronomischen Rechen-Institut und der Universität
Heidelberg.
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