Neuer Blick auf Titans Seenlandschaft
von Stefan Deiters astronews.com
24. Oktober 2013
Der Saturnsonde Cassini sind in den vergangenen
Monaten einige neue beeindruckende Aufnahmen der Nordhalbkugel des Saturnmonds
Titan gelungen. Hier befinden sich zahlreiche Seen, die vermutlich mit flüssigen
Kohlenwasserstoffen gefüllt sind. Einige scheinen aber inzwischen verdampft zu
sein. Von den neuen Daten erhoffen sich die
Wissenschaftler neue Hinweise auf den Flüssigkeitskreislauf des Mondes.

Der neue Blick
auf die nördliche Seenlandschaft des Titan.
Bild: NASA / JPL-Caltech / University of
Arizona / University of Idaho [Großansicht] |
Dank der verbesserten Lichtverhältnisse und günstiger Vorüberflüge der
Saturnsonde Cassini am Mond Titan sind in den vergangenen Monaten
einige neue eindrucksvolle Beobachtungen der Seenlandschaft auf der
Nordhalbkugel des größten Trabanten des Ringplaneten gelungen.
Die Bilder könnten den Wissenschaftlern mehr über die Entstehung der Seen und
den eigentümlichen Flüssigkeitskreislauf auf dem Mond verraten, der im
Sonnensystem wohl einzigartig ist. Er gleicht dem Wasserkreislauf der Erde,
basiert jedoch auf flüssigen Kohlenwasserstoffen.
In den vergangenen Jahren hatte Cassini immer wieder die vermutlich mit
flüssigen Kohlenwasserstoffen gefüllten Seen auf Titan in Augenschein genommen. Ein großer
und wenige kleine Seen befinden sich in der Nähe des Südpols des Mondes, in den
hohen nördlichen Breiten der Nordhalbkugel hingegen gibt es eine regelrechte
Seenlandschaft.
Bislang waren von diesen nördlichen Seen nur wenig detailreiche Aufnahmen gelungen. Das lag zum einen
an dem ungünstigen Winkel, unter dem Cassini bei früheren Vorüberflügen die
fraglichen Regionen anvisieren konnten. Ein weiterer Grund war aber auch das
Wetter: Auf der Nordhalbkugel des Titan herrschte in den vergangenen
Jahren tiefster Winter. Erst jetzt sorgt die stärkere Sonneneinstrahlung für
bessere Sichtbedingungen. Bei den Vorüberflügen im Sommer dieses Jahres herrscht
auf der Nordhalbkugel des Mondes nahezu wolken-
und niederschlagsfreies Wetter.
Die neuen Bilder beruhen auf Daten, die im Infraroten während der
Titan-Vorüberflüge von Cassini am 10. Juli, 26. Juli und 12. September gemacht
wurden. Sie zeigen die variierende Zusammensetzung der Oberfläche rund um die großen
Seen auf der Nordhalbkugel. Eine erste Auswertung ergab, dass einige der Seen
offenbar teilweise verdampft sind und eine ebene Fläche hinterlassen haben, die
ausgetrockneten Salzseen auf der Erde ähneln könnten. Auf dem Bild erscheinen
sie orange - im Gegensatz dazu ist die typische Oberfläche aus
Wassereis grünlich dargestellt.
"Dieser Blick von Cassini bietet uns eine Gesamtansicht einer Region, die wir
bislang nur in kleinen Teilbereichen und mit niedrigerer Auflösung gesehen
haben", erklärt Jason Barnes von der University of Idaho, der zum Team des
Visual and Infrared Imaging Mapping Spectrometer gehört, mit dem die Beobachtungen
gemacht wurden. "Es zeigt sich, dass der Nordpol von Titan noch interessanter
ist, als wir gedacht hatten. Es gibt ein komplexes Wechselspiel der
Flüssigkeiten in kleineren und größeren Seen und Ablagerungen, die durch
Verdunstung von Seen entstanden sind."
Ein bestimmter Bereich dieser nördlichen Seenlandschaft des Titan ist auf den
neuen Bildern erstmals zu erkennen. Die Oberfläche hier scheint sich deutlich von
der Oberfläche in anderen Regionen des Saturnmondes zu unterscheiden. Dies
könnte eventuell erklären helfen, warum sich fast alle Seen gerade hier finden
lassen. Aufgrund des Aussehens der Titanseen werden gegenwärtig verschiedene
Entstehungsszenarien diskutiert - vom Einsturz der Oberfläche nach vulkanischen
Eruptionen, bis zu Prozessen, die auf der Erde zur Entstehung eindrucksvoller Karstlandschaften geführt haben.
"Seit Entdeckung der Seen auf Titan fragen wir uns, warum sie sich in hohen
nördlichen Breiten konzentrieren", erklärt Elizabeth Turtle vom Johns Hopkins
Applied Physics Laboratory, die zum Imaging-Team von Cassini gehört. "Die
Entdeckung, dass die Oberfläche dort irgendwie besonders ist, könnte ein wichtiger
Hinweis sein, um die möglichen Erklärungen einzugrenzen."
Dabei profitieren die Wissenschaftler auch von der Langlebigkeit der
Saturnsonde: "Die nördliche Seenlandschaft von Titan ist eine der erdähnlichsten
und faszinierendsten Regionen im Sonnensystem", so Linda Spilker,
Cassini-Projektwissenschaftlerin am Jet Propulsion Laboratory der NASA in
Kalifornien. "Wir wissen, dass sich die Seen auf der Erde im Laufe der
Jahreszeiten verändern. Die langlebige Cassini-Mission gibt uns nun die
Möglichkeit, solche saisonalen Veränderungen auch auf Titan zu beobachten."
Cassini befindet sich seit 2004 im Saturnsystem. Die Mission der Sonde wurde
inzwischen mehrfach verlängert. Ein Saturnjahr dauert rund 30 Jahre, so dass
Cassini den Ringplaneten und seine Monde inzwischen schon fast ein Drittel
Saturnjahr beobachten konnte.
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