Die vielfältigen Botschafter des Universums
von Stefan Deiters astronews.com
24. September 2013
In dieser Woche treffen sich Astronomen aus Deutschland und
anderen Ländern wieder zur Jahrestagung der Astronomischen
Gesellschaft. Im Jahr ihres 150-jährigen Bestehens ist die AG zum vierten Mal
zu Gast an der Universität Tübingen. Die Tagung begann heute traditionell mit der
Verleihung der höchsten Auszeichnung, die die deutsche Astronomie zu vergeben
hat - der Karl-Schwarzschild-Medaille.

Poster der
diesjährigen AG-Tagung in Tübingen.
Bild: AG / Universität Tübingen

Karl-Heinz Rädler (links) erhielt von
AG-Präsident Andreas Burkert die
Schwarzschild-Medaille überreicht.
Foto: Stefan Deiters |
Mehr als 300 Astronomen aus dem In- und Ausland treffen sich in dieser Woche an
der Universität Tübingen zur Jahrestagung der Astronomischen Gesellschaft. Die
Versammlung steht in diesem Jahr unter dem Motto "Waves and Particles: Multi-Messengers
from the Universe", also etwa "Wellen und Teilchen: Vielfältige Botschafter des
Universums". Der Titel sei, so AG-Präsident Prof. Andreas Burkert bei der
Eröffnung der Tagung am Morgen, bewusst
allgemein gefasst, um so Diskussionen unter den Teilnehmern über ganz
verschiedene astronomische Themen zu ermöglichen.
Die Methoden, mit denen Astronomen das Weltall erkunden, haben sich jedoch in den
vergangenen Jahrzehnten dramatisch verändert: "Erstmals 'sehen' wir bisher
verborgene Objekte, Strukturen und Vorgänge im All, können Planeten, Sterne und
Galaxien in ihrer gesamten Komplexität untersuchen und damit grundsätzliche
physikalische Phänomene im größten uns verfügbaren Labor - dem Kosmos -
studieren", so beschreibt Burkert die Möglichkeiten, die sich heute durch
Beobachtungen in ganz verschiedenen Wellenlängenbereichen und mit
unterschiedlichen Verfahren ergeben.
Zur Begrüßung im Hörsaalzentrum auf der Tübinger Morgenstelle war auch Boris
Palmer, der grüne Oberbürgermeister der Stadt erschienen, der gleich einen
Bogen von der für seine Partei wenig erfreulich verlaufenen Bundestagswahl zur
Astronomie spannte: "Es ist ein idealer Zeitpunkt für die Astronomie", so
Palmer, schließlich sei Deutschland gerade schwarz geworden.
Traditionell beginnen die Tagungen der Astronomischen Gesellschaft mit der
Verleihung der höchsten Auszeichnung, die diese Vereinigung der
deutschsprachigen Astronomen zu vergeben hat: der Karl-Schwarzschild-Medaille.
Sie ging dieses Jahr an Professor Karl-Heinz Rädler vom Leibniz-Institut für
Astrophysik Potsdam (AIP) für seine bedeutenden Beiträge auf dem Gebiet der
kosmischen Magnetfelder und der Plasmaphysik.
Da es bei den Tagungen der Astronomischen Gesellschaft aber traditionell
besonders
um die Förderung der jungen Astronomengeneration geht, wurden am Dienstagmorgen
auch mehrere Preise an junge Wissenschaftler verliehen. Der
Ludwig- Biermann-Förderpreis für
herausragende Nachwuchsforscher ging an Frank Bigiel vom Zentrum für
Astronomie (ZAH) in Heidelberg. Bigiel beschäftigt sich mit Sternentstehung in
Galaxien. Der Dissertationspreis der AG ging an Matthias Frank, der ebenfalls vom ZAH
Heidelberg kommt. Frank hatte in seiner Doktorarbeit die Kinematik in kompakten
stellaren Systemen wie Zwerggalaxien und Kugelsternhaufen untersucht.
Den vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg vergebenen Roelin-Preis für
Wissenschaftspublizistik erhielt 2013 Claus Kiefer aus Köln für sein Buch "Der
Quantenkosmos. Von der zeitlosen Welt zum expandierenden Universum". Den
Sonderpreis "Jugend forscht" bekam der Schüler Adrian Bali aus Vilshofen. Er
hatte in seinem Jugend-forscht-Projekt extrasolare Planeten in Doppelsternsystemen untersucht.
Neben zahlreichen Übersichts- und Highlightvorträgen von renommierten
Wissenschaftlern bilden in den kommenden Tagen auch die sogenannten Splinter-Treffen
einen wichtigen Teil der AG-Tagung: In kleinerem Rahmen werden hier
speziellere Themen diskutiert und neue Arbeiten vorgestellt. Sie sind - zusammen
mit den im Foyer präsentierten Postern - das hauptsächliche Forum für junge
Astronomen, die mit ihren Diplom- und Doktorarbeiten zum ersten Mal vor ein
größeres Fachpublikum treten und so Erfahrungen im Präsentieren von
wissenschaftlichen Ergebnissen sammeln können.
Eine weitere Tradition von AG-Tagungen ist
es, einen öffentlichen Abendvortrag für
das allgemeine Publikum zu veranstalten. Die Organisatoren haben in diesem Jahr
mit dem aus dem Fernsehen bekannten Astronomen Harald
Lesch von der Universitäts-Sternwarte München einen besonders prominenten Vertreter
gewinnen können. Titel seines Vortrags ist "Wir irren uns empor - Warum ist die
Astrophysik so erfolgreich?" Der Vortrag findet am Donnerstag, dem 26.
September 2013, um 19.00 Uhr im Hörsaalzentrum, Auf der Morgenstelle 16, statt. Dort
können Besucher auch einen Blick auf einige Ausstellungen werfen, die im Rahmen
der AG-Tagung präsentiert werden. Der Eintritt ist frei.
Die Astronomische
Gesellschaft wurde 1863 in Heidelberg gegründet und war bis nach dem Ersten
Weltkrieg die einzige größere internationale astronomische Vereinigung. Diese
Rolle übernahm später die Internationale Astronomische Union (IAU). Heute ist die
AG ein Zusammenschluss von Astronomen aus den deutschsprachigen Ländern und
setzt sich verstärkt für die Förderung jüngerer Wissenschaftler, für die
Vernetzung von Astronomen und die Öffentlichkeitsarbeit ein. Der
Internationalität fühlt man sich jedoch auch heute noch verpflichtet: Die
Tagungssprache ist - wie bei wissenschaftlichen Fachtagungen üblich - Englisch.
Mit dem Gründungsjahr 1863 kann die Astronomische Gesellschaft somit in diesem
Jahr ihr 150-jähriges Bestehen feiern. Dies soll am morgigen Nachmittag im
Rahmen eines Festakts geschehen, über den astronews.com in einem gesonderten
Artikel berichten wird. Über Höhepunkte der Tagung informiert astronews.com zudem
aktuell über den Kurznachrichtendienst Twitter.
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