Die dunklen Seiten des Universums
von Stefan Deiters astronews.com
25. September 2012
Wer die eindrucksvollen Bilder von Sternen, Nebeln und
Galaxien vor Augen hat, vergisst leicht, dass der größte Teil der Materie
und Energie im Universum nicht zu sehen ist, da es sich um Dunkle Materie und Dunkle Energie
handelt. Genug Gesprächsstoff also
für rund 300 Astronomen, die sich in dieser Woche in Hamburg zur Jahrestagung der
Astronomischen Gesellschaft treffen.

Poster der
AG-Tagung in Hamburg.
Bild: AG

Sandra M. Faber (rechts) bekam von
AG-Präsident Andreas Burkert die
Schwarzschild-Medaille überreicht.
Foto: Stefan Deiters |
Dunkle Materie und Dunkle Energie sind die beherrschenden Themen der
diesjährigen Tagung der Astronomischen Gesellschaft (AG), die aus Anlass des 100.
Jubiläums der Hamburger Sternwarte in Hamburg-Bergedorf an der Universität
Hamburg stattfindet. In den kommenden Tagen wollen rund 300 Astronomen aus
Deutschland und anderen Ländern die jüngsten Forschungsergebnisse rund um diese
spannende Thematik vorstellen und
diskutieren. Zu den weiteren Themen der Tagung zählen Planeten außerhalb unseres
Sonnensystems und neue Teleskopprojekte.
Traditionell beginnen die Tagungen der Astronomischen Gesellschaft mit der
Verleihung der höchsten Auszeichnung, die diese Vereinigung der
deutschsprachigen Astronomen zu vergeben hat: der Karl-Schwarzschild-Medaille.
Sie ging dieses Jahr an die Astrophysikerin Sandra Moore Faber von der
University of California in Santa Cruz. "Sandy Faber lieferte in ihrer über mehr
als vier Jahrzehnte währenden Forschertätigkeit fundamentale Beiträge zum
Verständnis der Entstehung und Entwicklung von Galaxien und hat die
beobachtende Kosmologie entscheidend mitgeprägt", so AG-Präsident Andreas
Burkert.
In der anschließenden "Schwarzschild-Vorlesung" blickte Faber dann auf 30 Jahre
Simulationen zur Entstehung und Entwicklung von Galaxien zurück und stellte am
Ende fest, dass das weitverbreitete "Lambda Cold Dark Matter"-Modell auf großen Skalen und zur
Erklärung der Entstehung von großen Galaxien ganz gut funktioniert, es aber noch
Probleme mit der Beschreibung kleinerer Systeme gibt.
Die Preisträgerin - es handelt sich erst um die zweite Frau überhaupt, die die
Astronomische Gesellschaft mit der Schwarzschild-Medaille geehrt hat - dürfte
bereits
Studenten der Astronomie ein Begriff sein: Schon in den Vorlesungen nämlich
lernen sie etwas
über die Faber-Jackson-Beziehung, die die Verteilung der Geschwindigkeiten von
Sternen in elliptischen Galaxien in Relation zur Gesamtleuchtkraft der
Systeme setzt, was ein nützliches Hilfsmittel etwa zur Abschätzung der
Entfernung von Galaxien sein kann. Darüber hinaus hat Faber wichtige Beiträge zur
Entwicklung neuer Beobachtungsinstrumente geliefert, etwa für das
Weltraumteleskop Hubble oder das Keck-Teleskop auf Hawaii.
Die Astronomische Gesellschaft vergab am Dienstagmorgen zudem noch den
Ludwig-Biermann-Förderpreis für herausragende junge Astronomen an Cecilia
Scannapieco vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP), die sich mit
detaillierten Simulationen von Spiralgalaxien beschäftigt. Der Promotionspreis
der Astronomischen Gesellschaft ging an Julius Donnert vom Institut für
Radioastronomie in Bologna, der sich in seiner Doktorarbeit an der
Universitäts-Sternwarte München den Magnetfeldern und der kosmischer Strahlung
in Galaxienhaufen gewidmet hat.
Im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung erhielt zudem der Journalist Hermann
Michael Hahn aus Köln den Bruno H. Bürgel Preis für hervorragende populäre
Darstellungen der Astronomie in den Medien. Zudem wurden die Schüler Fabian
Kopel, Markus Hadwiger und Robert Macsics vom Dientzenhofer-Gymnasium in Bamberg
mit einem Sonderpreis Jugend forscht geehrt.
Neben zahlreichen Übersichts- und Highlightvorträgen von renommierten
Wissenschaftlern bilden in den kommenden Tagen auch die sogenannten Splinter-Treffen
einen wichtigen Teil der AG-Tagung: In etwas kleinerem Rahmen werden hier
speziellere Themen diskutiert und neue Arbeiten vorgestellt. Sie sind - zusammen
mit den im Foyer präsentierten Postern - auch ein Forum für junge
Astronomen, die mit ihren Diplom- und Doktorarbeiten zum ersten Mal vor ein
größeres Fachpublikum treten und so Erfahrungen im Präsentieren von
wissenschaftlichen Ergebnissen sammeln können.
Eine weitere Tradition von AG-Tagungen ist
es, einen öffentlichen Abendvortrag für
das allgemeine Publikum zu veranstalten. Prof. Rolf-Peter Kudritzki vom
Astronomischen Institut der Universität Hawaii wird diesmal unter dem Titel "Unser
Fenster zum Universum - Astronomie auf den Vulkanen von Hawaii" über aktuelle
und zukünftige Teleskope auf Hawaii und die spannende Forschung berichten, die durch diese
ermöglicht wird. Der Vortrag findet am Mittwoch, 26. September 2012, um 20 Uhr im
Planetarium Hamburg statt. Der Eintrittspreis beträgt fünf Euro.
Die Astronomische
Gesellschaft wurde 1863 in Heidelberg gegründet und war bis nach dem Ersten
Weltkrieg die einzige größere internationale astronomische Vereinigung. Diese
Rolle übernahm dann die Internationale Astronomische Union (IAU). Heute ist die
AG ein Zusammenschluss von Astronomen aus den deutschsprachigen Ländern und
setzt sich verstärkt für die Förderung jüngerer Wissenschaftler, für die
Vernetzung von Astronomen und die Öffentlichkeitsarbeit ein. Der
Internationalität fühlt man sich jedoch auch heute noch verpflichtet: Die
Tagungssprache ist - wie bei wissenschaftlichen Fachtagungen üblich - Englisch.
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