Von der Relativitätstheorie zu den Strings
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Technischen Universität Wien astronews.com
14. August 2013
Theoretische Physiker rechnen längst nicht nur mehr mit drei
Raumdimensionen. Bei der Untersuchung von Schwarzen Löchern mit unendlich vielen
Dimensionen stießen sie jetzt auf eine verblüffende Verbindung zwischen
Relativitätstheorie und Stringtheorie. Sie hoffen nun auf ganz neue Erkenntnisse
über bestimmte Schwarze Löcher und deren Umgebung.
Bei der theoretischen Untersuchung von Schwarzen
Löchern machten Physiker jetzt eine verblüffende
Entdeckung.
Bild: TU Wien, Ute Kraus, Axel
Mellinger |
Um in der Physik möglichst exakte Ergebnisse zu bekommen, geht man oft von
einem einfachen Fall aus und fügt dann kleinere zusätzliche Störungen mit ins
Modell ein: Die Bewegung der Erde um die Sonne lässt sich grob berechnen, indem
man zuerst alle anderen Himmelskörper ignoriert und anschließend die Störungen
durch die großen Planeten hinzufügt. In der Teilchenphysik berechnet man die
Wechselwirkung von wenigen Teilchen und bezieht erst dann weitere
Teilchen-Interaktionen als kleine Störung mit ein.
Statt der Anzahl von Himmelskörpern oder Teilchen-Interaktionen kann man auch
die Anzahl der Raumdimensionen als Störungs-Größe annehmen. Dort funktioniert
das allerdings umgekehrt: Man geht nicht von einer möglichst kleinen Anzahl aus
sondern nimmt zunächst unendlich viele Raumdimensionen an. Von diesem Extremfall
ausgehend, kann man sich dann mathematisch wieder einem realistischeren Fall -
etwa mit unseren wohlbekannten drei Raumdimensionen - annähern.
Gemeinsam mit Kollegen aus Spanien untersuchte Daniel Grumiller vom Institut
für Theoretische Physik der Technischen Universität Wien die Physik Schwarzer
Löcher und verwendete dabei den Trick einer unendlichen Dimensionsanzahl.
Allerdings hielt die unendlich-dimensionale Relativitätstheorie eine
Überraschung bereit: "Wenn wir damit den Raum in der Nähe eines Schwarzen Loches
beschreiben, dann ergibt sich aus den Gleichungen plötzlich eine
zweidimensionale Stringtheorie - obwohl wir nirgendwo Strings in unsere
Rechnungen eingefügt haben", erklärt Grumiller.
Dieser Zusammenhang erinnert die sogenannte "AdS-CFT-Korrespondenz": Diese
1997 aufgestellte Vermutung besagt, dass sich ganz unterschiedliche Theorien
(Quanten-Gravitationstheorien und Quantenfeldtheorien) in bestimmten Grenzfällen
aufeinander abbilden lassen - vorausgesetzt man nimmt jeweils die passende
Anzahl von Raumdimensionen an. Warum es solche Querverbindungen zwischen
scheinbar ganz unterschiedlichen Bereichen der Physik gibt, ist bis heute nicht
ganz verstanden.
Dass die unendlichdimensionale Relativitätstheorie gerade auf eine
zweidimensionale Stringtheorie führt, ist für Daniel Grumiller ganz besonders
erfreulich: Seine Forschergruppe in Wien beschäftigt sich nämlich schon seit
vielen Jahren mit zweidimensionalen Quanten-Gravitationstheorien. "Unsere
bereits bestehenden Ergebnisse aus der zweidimensionalen Stringtheorie können
wir nun aufgrund dieses neuentdeckten Zusammenhangs verwenden, um Aussagen über
Schwarze Löcher abzuleiten", hofft Grumiller.
Solche zweidimensionalen Theorien sind besonders dort interessant, wo der
Raum als kugelsymmetrisch angenommen werden kann - etwa rund um ein
nichtrotierendes Schwarzes Loch. Um diese physikalische Situation zu
beschreiben, benötigt man nur zwei Dimensionen: Den räumlichen Abstand vom
Zentrum des Schwarzen Lochs und die Zeit.
Für seine bisherigen Forschungen im Grenzgebiet zwischen Gravitations- und
Quantentheorien erhielt Grumiller den Förderungspreis für Wissenschaft der Stadt
Wien. Er wird einmal jährlich an Personen vergeben, die bereits ein
hervorragendes Gesamtwerk vorweisen können, das 40. Lebensjahr allerdings noch
nicht vollendet haben. Über seine aktuellen Forschungen berichtet der Physiker
in einem Fachartikel in der Zeitschrift Physical Review Letters.
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