Zwei Braune Zwerge in Sonnennähe
von Stefan Deiters astronews.com
14. März 2013
Ein Astronom hat auf Bildern des Infrarotteleskops WISE zwei
neue stellare Objekte in unmittelbarer Nachbarschaft der Sonne aufgespürt. Die
beiden Braunen Zwerge sind lediglich 6,5 Lichtjahre von der Sonne entfernt. Nach
den Sternen des Systems Alpha Centauri und Barnards Pfeilstern ist das Zwergpaar
der drittnächste Nachbar unserer Sonne.
Das Objekt WISE
J104915.57-531906 auf einem Bild von WISE. Die
Vergrößerung zeigt eine Detailansicht des
Teleskops Gemini South.
Bild: NASA/JPL-Caltech / Gemini
Observatory / AURA / NSF |
Bei den beiden Neuentdeckungen handelt es sich um Braune Zwerge, also um
massearme stellare Objekte, deren Masse nicht groß genug ist, um dauerhaft
nukleare Fusionsprozesse in ihrem Inneren zu ermöglichen. Sie sind daher äußerst
lichtschwach und kühl und dürften Gasriesen wie dem Jupiter ähneln. Die geringe
Leuchtkraft von Braunen Zwergen führt dazu, dass sie auch in unserer
Nachbarschaft nur schwer zu entdecken sind. Von Vorteil sind dabei Beobachtungen
im Infraroten, wo diese Objekte deutlicher zum Vorschein kommen als etwa im
sichtbaren Bereich des Lichts.
"Die Entfernung zu diesem Paar aus Braunen Zwergen beträgt 6,5 Lichtjahre",
erläutert Kevin Luhman von der Penn State University, der die Objekte
entdeckte. "Das heißt, sie sind uns so nahe, dass man dort irdische
Fernsehübertragungen aus dem Jahr 2006 schon empfangen könnte." Es dürfte, so
Luhman, interessant sein zu sehen, ob um die Braunen Zwerge Planeten kreisen.
Als drittnächstes System der Sonne könnte das Paar auch ein Ziel der ersten
Erkundungsmissionen außerhalb unseres Sonnensystems werden.
Die neuen Nachbarn tragen den etwas unhandlichen Namen WISE J104915.57-531906
und wurden im Datenmaterial des Wide-field Infrared Survey Explorer
(WISE) der NASA entdeckt, der den gesamten Himmel im Infraroten kartiert hat.
Das System ist lediglich ein wenig weiter entfernt als Barnards Pfeilstern in
sechs Lichtjahren Entfernung. Dieser war 1916 entdeckt worden. Das
nächstgelegene Sternsystem, Alpha Centauri, in 4,4 Lichtjahren Entfernung kennt
man seit 1839, dessen lichtschwächere Komponente Proxima Centauri in 4,4
Lichtjahren Entfernung seit 1917.
Eines der Ziele der WISE-Mission war es, bislang unentdeckte Sterne in
Sonnennähe aufzuspüren. WISE J104915.57-531906 ist dabei der mit Abstand
sonnennächste Stern, der mithilfe der Daten des Teleskops entdeckt wurde. Auf
den WISE-Bildern erscheint das Paar allerdings lediglich als ein Objekt. Da WISE
jeden Himmelsbereich nicht nur einmal beobachtet hat, konnte man auf zeitlich
versetzt aufgenommenen Aufnahmen erkennen, dass sich das Objekt sehr schnell am
Himmel bewegt - ein Hinweis darauf, dass es uns sehr nahe sein muss.
So aufmerksam geworden, suchte Luhman in Archivmaterial nach weiteren
Aufnahmen des Objekts und wurde in älteren Himmelsdurchmusterungen fündig.
"Basierend auf der Bewegung des Sternsystems am Himmel in den WISE-Daten konnte
ich vorhersagen, wo sich das System in älteren Durchmusterungen finden lassen
müsste und da war es dann auch tatsächlich", erzählt Luhman.
Er konnte mithilfe der verschiedenen Beobachtungen die Entfernung des Systems
durch seine Parallaxe - also die scheinbare Verschiebung vor dem Hintergrund
entfernter Sterne durch die Bewegung der Erde um die Sonne - bestimmen.
Beobachtungen mit dem Teleskop Gemini South in Chile zeigten dann, dass
es sich um einen Braunen Zwerg handelte. Und nicht nur das: "Als unerwarteten
Bonus ergaben die scharfen Bilder von Gemini sogar, dass es sich nicht
nur um einen Braunen Zwerg, sondern um ein Paar Brauner Zwerge handelte, die
sich umkreisen", so Luhman.
"Da gehörte schon eine Menge Detektivarbeit dazu", erinnert sich der
Astronom. "Es gibt Milliarden von Infrarotpunkten am gesamten Himmel und die
Frage ist, welcher davon - wenn überhaupt - ein Stern sein könnte, der unserem
Sonnensystem sehr nahe ist." Über seine Entdeckung berichtet Luhman in der
Fachzeitschrift Astrophysical Journal Letters.
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