Neues Verfahren zur Massenbestimmung
von Stefan Deiters astronews.com
4. Februar 2013
Astronomen haben erfolgreich ein neues Verfahren zur
Bestimmung der Masse von supermassereichen Schwarzen Löchern ausprobiert. Sie
hoffen damit in Zukunft die Masse einer ganzen Reihe von Schwerkraftfallen
ermitteln und dadurch wichtiges Datenmaterial für Modelle zur Entwicklung von
Galaxien und ihrer Schwarzen Löcher bereitstellen zu können.
Die Galaxie NGC
4526 in einer Aufnahme des Weltraumteleskops
Hubble und das mit CARMA beobachtete molekulare
Gas (lila).
Bild: NASA/ESA/Tim Davies |
Supermassereiche Schwarze Löcher, also Schwerkraftfallen, deren Masse die
unserer Sonne um das viele Millionen-fache übersteigt, vermuten Astronomen in
den Zentren der meisten Galaxien. Trotzdem kennt man von vergleichsweise wenigen
ihre genaue Masse. In den vergangenen 15 Jahren ist es gerade einmal gelungen,
60 dieser Schwerkraftfallen zu "wiegen". Der Grund dafür ist einfach: Wegen der
großen Entfernung lassen sich, selbst mit dem Weltraumteleskop Hubble,
nur äußerst schwierig Anhaltspunkte ausmachen, durch die man auf die Masse der
Schwarzen Löcher schließen könnte.
Von daher dürfte sich das neue Verfahren, das jetzt von einem internationalen
Astronomenteam erfolgreich ausprobiert wurde, als große Hilfe bei der
"Vermessung" solcher Schwerkraftfallen erweisen. Es basiert auf der Beobachtung
von Kohlenmonoxid in Gaswolken, die um das Schwarze Loch kreisen. Die
Geschwindigkeit des Gases verrät den Astronomen dann etwas über die Masse der
Schwerkraftfalle. Die Forscher berichteten über das Verfahren in der jüngsten
Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift Nature.
Als Test für die Methode hatten sich die Astronomen das Schwarze Loch in der
Galaxie NGC 4526 im Sternbild Jungfrau ausgesucht. Diese Galaxie wurde gewählt,
da es von ihr schon zahlreiche Untersuchungen gibt. Die Wissenschaftler sind
überzeugt davon, dass sich ihre Methode auf ganz unterschiedliche Galaxientypen
anwenden lässt. Insbesondere, wenn sie mit neuen großen Radioteleskopen wie dem
Atacama Large Millimetre/submillimetre Array (ALMA) kombiniert wird,
sollten sich damit die Masse von Tausenden von entfernten Schwarzen Löchern
bestimmen lassen. Im Falle von NGC 4526 ergab sich für das Schwarze Loch die 450
Millionen-fache Masse unserer Sonne. Es ist damit Hundert Mal massereicher als
das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße.
"Wir haben Kohlenmonoxidmoleküle in der Galaxie mit dem Combined Array
for Research in Millimetre-wave Astronomy (CARMA) beobachtet", erläutert
Dr. Timothy Davis von der Europäischen Südsternwarte ESO, der Erstautor des
Fachartikels. "Die detaillierten Bilder erlaubten es uns, direkt ins Zentrum der
Galaxie zu blicken und das Gas zu beobachten, das sich um das Schwarze Loch
bewegt. Die Geschwindigkeit des Gases wird von der Masse des Schwarzen Lochs und
der Entfernung des Gases davon bestimmt. Durch die Messung der
Gasgeschwindigkeit an den jeweiligen Orten können wir so die Masse des Schwarzen
Lochs errechnen."
"Durch die Beschränkungen der derzeit verfügbaren Teleskope und der zuvor
angewandten Techniken sind uns die supermassereichen Schwarzen Löcher
ausgegangen", so Dr. Michele Cappellari von der Oxford University, die
auch zum Team gehörte. "Mit neuen Teleskopen wie ALMA und dieser neuen Technik
sollte es möglich sein, die Beziehung der supermassereichen Schwarzen Löcher und
ihrer Galaxien bei Tausenden von entfernten Galaxien und damit ihre gemeinsame
Entwicklung zu untersuchen. Außerdem wird unsere 'Wiegetechnik' mit allen Typen
von Galaxien funktionieren, einschließlich Spiralgalaxien, die mit bisherigen
Verfahren nur sehr schwer zu beobachten waren."
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