Bald Kollision um Riesenstern Beteigeuze?
von Stefan Deiters astronews.com
24. Januar 2013
Beteigeuze ist einer der uns am nächsten gelegenen Roten
Überriesen
und wird einmal als spektakuläre Supernova sein stellares Leben beenden. Doch
schon jetzt spielt sich rund um den Stern Interessantes ab, wie das
ESA-Infrarotweltraumteleskop Herschel enthüllte: So dürfte der Stern in
einigen Tausend Jahren in eine Wand aus Staub rasen.
Herschels Blick auf die Umgebung des
Riesensterns Beteigeuze. Bild: ESA /
Herschel / PACS / L. Decin et al. |
Den Riesenstern Beteigeuze, auch Alpha Orionis genannt, hat wohl schon jeder
einmal gesehen: Es handelt sich nämlich um den linken Schulterstern des
Himmelsjägers Orion und Hauptstern des besonders im Winter sehr auffälligen
Sternbilds. Beteigeuze ist ein Roter Überriese, also eine massereiche Sonne in der letzten
Phase ihres nuklearen Lebens. Beteigeuze hat etwa den 1.000-fachen Durchmesser
unserer Sonne und leuchtet 100.000-mal heller. Irgendwann einmal wird Beteigeuze
als spektakuläre Supernova explodieren.
Doch schon lange vor diesem explosiven Ende verläuft das "Leben" des
Riesensterns alles andere als ruhig: Beteigeuze hat bereits große Mengen an
Material in die Umgebung geblasen und Teile der äußeren Hülle bei intensiven
Pulsationen ins All abgestoßen. Ein neues Bild des Weltraumteleskops Herschel der
europäischen Weltraumagentur ESA, das im fernen Infrarot entstand, zeigt nun
Details dieser Vorgänge.
Gut zu erkennen ist beispielsweise, wo das ausgestoßene Material des Sterns
auf das interstellare Medium der Region getroffen ist und sich durch die
Bewegung von Beteigeuze durchs All eine Art "Bugwelle" gebildet hat, die
als Bow Shock bezeichnet wird. Der Riesenstern bewegt sich mit etwa 30
Kilometern pro Sekunde durch den Weltraum. Die unterbrochenen Bögen aus Material in der
Bewegungsrichtung des Sterns sind Zeugnisse einer turbulenten Phase von
Massenverlust in der Vergangenheit.
Doch auch das Material in der direkten Umgebung um den Stern ist alles andere
als symmetrisch verteilt. Offenbar haben große Konvektionszellen in der äußeren
Atmosphäre von Beteigeuze dazu geführt, dass sich Material nicht gleichmäßig in
alle Richtungen von dem Riesenstern gelöst hat, sondern es zu klumpigen, lokalen
Massenauswürfen zu verschiedenen Zeitpunkten gekommen ist.
Ins Auge fällt auf der Herschel-Aufnahme auch eine lineare Struktur am linken
Rand, die noch etwas vom Stern entfernt ist. Früher hatte man diese durch noch
weiter in der Vergangenheit liegende Massenauswürfe von Beteigeuze erklärt, doch
die Analyse der neuen Beobachtungen spricht eher für eine von dem Riesenstern
unabhängige Struktur. Es könnte sich um ein Filament handeln, das mit dem
Magnetfeld der Galaxie zusammenhängt, oder aber um den Rand einer nahegelegenen
interstellaren Wolke.
Sollte es sich tatsächlich um ein von Beteigeuze vollkommen unabhängiges
Objekt handeln, dürften der Riesenstern und die ihn umgebenden Bögen aus
Material in astronomisch kurzer Zeit auf diese "Wand" aus Staub treffen.
Berücksichtigt man die Entfernung und die Geschwindigkeit von Beteigeuze sollte
der äußere Bogen in bereits 5.000 Jahren mit der Struktur kollidieren.
Beteigeuze selbst würde die "Wand" dann rund 12.500 Jahre später erreichen.
Über die Beobachtungen der Umgebung von Beteigeuze berichteten die
beteiligten Wissenschaftler im Dezember in der Fachzeitschrift Astronomy &
Astrophysics.
Korrektur (24. Januar 2013): In
der ursprünglichen Fassung des Artikels hieß es im Vorspann, dass Beteigeuze der
uns am nächsten gelegene Rote Riese ist. Das stimmt nicht, Beteigeuze ist -
neben Antares A - der nächstgelegene Rote Überriese. Bei diesem Sternentyp
handelt es sich um eine deutlich größere und massereichere Version eines Roten
Riesen.
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