Der Nebel um Beteigeuze
von Stefan Deiters astronews.com
29. Juni 2011
Mithilfe des am Very Large Telescope (VLT) der europäischen Südsternwarte ESO
installierten Instrumentes VISIR ist es Astronomen gelungen, den komplexen Nebel
um den Riesenstern Beteigeuze detaillierter als jemals zuvor unter die Lupe zu
nehmen. Der Nebel besteht aus Material, das der Stern zuvor ins All abgestoßen
hatte.
Das unlängst von der ESO veröffentlichte Bild
des Nebels um den Riesenstern Beteigeuze.
Bild: ESO / P. Kervella [Großansicht] |
Beteigeuze, der Schulterstern des Himmelsjägers Orion, ist einer
der hellsten Sterne am nächtlichen Himmel. Gleichzeitig ist der Riesenstern auch
einer der größten bekannten Sterne: Befände er sich in unserem Sonnensystem an
der Stelle der Sonne, würde er fast bis zur Bahn von Jupiter reichen. Ein neues,
mit dem Very Large Telescope (VLT) auf dem Gipfel des Paranal in Chile
aufgenommenes Bild zeigt nun den Nebel, der diesen stellaren Riesen umgibt. Er
erstreckt sich rund 60 Milliarden Kilometer von der Oberfläche Beteigeuzes ins
All. Das entspricht etwa der 400-fachen Entfernung der Erde von der Sonne.
Beteigeuze ist ein Stern, den Astronomen immer wieder nennen, wenn man sie
nach dem nächsten Stern fragt, der als Supernova explodieren wird. Der
Riesenstern befindet sich nämlich in der letzten Phase seines nuklearen Lebens.
In dieser bläht sich eine Sonne gewaltig auf und stößt dabei große Mengen an
Material ins All ab - im Falle von Beteigeuze ist dies etwa die Masse unserer
Sonne alle 10.000 Jahre.
Das Material gelangt bei Sternen wie Beteigeuze hauptsächlich durch zwei
zusammenwirkende Prozesse ins All: Zunächst entstehen große Schwaden aus Gas,
die sich von der Oberfläche des Sterns ins All erstrecken. Sie sind deutlich
kleiner als der ausgedehnte Nebel, den die neuen Beobachtungen zeigen, konnten
allerdings schon vorher mit dem Instrument NACO am VLT nachgewiesen werden
(astronews.com berichtete). Der zweite Prozess, der schließlich für das Abstoßen
der Gasschwaden verantwortlich ist, ist das ständige Auf und Ab von riesigen
Blasen in der Atmosphäre von Beteigeuze - ähnlich wie bei kochendem Wasser in
einem Topf.
Die Gasschwaden in unmittelbarer Nähe des Sterns stehen möglicherweise mit
Strukturen im äußeren Bereich des Nebels in Verbindung, die nun dank der
Infrarotbeobachtungen mit dem Instrument VISIR zu sehen sind. Im sichtbaren
Bereich des Lichts ist der äußere Nebel nicht zu beobachten, da hier Beteigeuze
alles überstrahlt. Das unsymmetrische Aussehen des Nebels zeigt, dass das
Material offenbar ungleichmäßig ins All abgestoßen wird. Die gewaltigen
Gasschwaden und großen Gasblasen könnten dafür verantwortlich sein.
Das in der Aufnahme sichtbare Material besteht vermutlich hauptsächlich aus
Silikaten und Aluminiumstaub - ganz wie die Kruste der Erde und anderer
Gesteinsplaneten. Das Material, aus dem sich einst die Erde bildete, entstand
vor langer Zeit in einem anderen Riesenstern, der schon längst explodiert ist.
Auf dem von der ESO veröffentlichten Bild sind nicht nur der ausgedehnte
Nebel sondern im Zentralbereich auch die früheren Beobachtungen der Gasschwaden
dargestellt. Der kleine rote Kreis zeigt den Durchmesser der sichtbaren
Oberfläche von Beteigeuze. Die schwarze Scheibe ist die Region, die bei den
VISIR-Beobachtungen ausgeblendet wurde, um den lichtschwächeren Nebel sichtbar
zu machen.
|