Forscher untersuchen außerirdisches Material
Redaktion
/ Pressemitteilungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
28. November 2012
Wissenschaftler des Instituts für Planetenforschung des DLR
können in ihrem Labor erstmals Staub eines Asteroiden untersuchen, den eine
Raumsonde im Weltall eingesammelt hat. Die Proben stammen von der japanischen
Sonde Hayabusa, die das Material vor etwas mehr als zwei Jahren vom
Asteroiden Itokawa zur Erde brachte.

Die weniger als ein Zehntel Millimeter kleinen
Teilchen des Asteroiden Itokawa wurden von der
japanischen Raumsonde Hayabusa zur Erde gebracht.
Erstmals konnten Forscher des DLR Material von
einem Asteroiden untersuchen, das nicht durch den
Eintritt in die Erdatmosphäre verunreinigt wurde.
Foto: DLR |
Mit dem bloßen Auge ist nichts zu erkennen und dennoch ist in dem kleinen
durchsichtigen Behälter etwas bisher nicht Dagewesenes: Erstmals können
Wissenschaftler Staub eines Asteroiden untersuchen, der von einer Raumsonde im
Weltall eingesammelt und zur Erde zurückgebracht wurde. Dr. Ute Böttger vom
Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR) gehört zu einem von elf Teams weltweit, die mit den außerirdischen
Asteroidenteilchen der japanischen Hayabusa-Mission wissenschaftlich
arbeiten dürfen.
Die weniger als ein Zehntel Millimeter kleinen Teilchen, die Dr. Ute Böttger
und Dr. Sergey Pavlov mit dem Raman-Mikroskop untersuchen, liegen eingehüllt in
Stickstoff, damit die irdischen Einflüsse das Material vom Asteroiden Itokawa
nicht verunreinigen. "Das sind die wirklichen Außerirdischen", sagt Physikerin
Böttger. Gemeinsam mit Dr. Iris Weber von der Universität Münster analysieren
sie die mineralogische Zusammensetzung der Teilchen.
"Neben dem Mondgestein der Apollo- und Luna-Missionen sind
diese Proben das einzige Material, das direkt von einem Körper im Sonnensystem
eingesammelt und zur Erde gebracht wurde", erläutert Böttger. "Und wir haben
erstmals Asteroidenmaterial, dessen Herkunft wir ganz genau kennen und das nicht
durch den Eintritt in die Atmosphäre verändert wurde." Während bei
Meteoritenfunden auf der Erde niemand mit Sicherheit sagen kann, von welchem
Himmelskörper sie stammen, ist bei den winzigen Teilchen der Hayabusa-Mission
die Herkunft sicher: Sie stammen vom Asteroiden Itokawa, auf dem die japanische
Raumsonde 2005 die Probe entnahm.
Dass das einmalige Asteroidenmaterial überhaupt den Weg bis ins Berliner
DLR-Labor schaffte, ist schon eine große Leistung. Die gesamte Hayabusa-Mission
stand zunächst nämlich nicht unter einem guten Stern. So erreichte die Sonde den
länglichen, ein wenig bananenförmigen und nur etwa 500 Meter langen Asteroiden
erst einmal mit etwas Verspätung. Über dem Asteroiden schwebend, sollte die
Sonde dann über eine Art Trichter die Bodenproben einsammeln, die zuvor mit
einem kleinen Einschuss auf der Asteroidenoberfläche aufgewirbelt worden waren.
Bei der ersten Probenentnahme im Weltall reagierte die Sonde nicht wie geplant,
erst die zweite Annäherung an Itokawa war erfolgreich.
Mit drei Jahren Verspätung - Drallräder fielen aus, nur noch einige Batterien
an Bord arbeiteten - gelangte Hayabusa, japanisch für "Wanderfalke",
wieder zur Erde. Am 13. Juni 2010 landete die Rückkehrkapsel allerdings wie
geplant an einem Fallschirm nahe der australischen Stadt Woomera und wurde von
dort geborgen. Ob tatsächlich zum ersten Mal Proben eines Asteroiden zur Erde
gelangt waren, erfuhren die Wissenschaftler erst nach der Öffnung des
versiegelten Probenbehälters. Erste Untersuchungen der winzigen Teilchen zeigten
dann, dass die Sonde Hayabusa von ihrem Besuch bei Itokawa tatsächlich
Material mitgebracht hatte.
Im Labor des DLR-Instituts für Planetenforschung stellten die Wissenschaftler
nun die Zusammensetzung des Asteroidenmaterials fest. "Der Vorteil unseres
Raman-Mikroskops ist, dass wir die Untersuchung durchführen können, ohne das
Material zu beschädigen und ohne dass die Teilchen mit der Erdatmosphäre in
Berührung kommen", betont der Leiter des Labors, Prof. Heinz-Wilhelm Hübers. Die
gemessenen Raman-Spektren vergleichen die Planetenforscher mit Spektren
verschiedener Materialien. "Die Proben bestehen vor allem aus Olivin, einem auch
für irdische Tiefengesteine typischen Eisen-Magnesium-Silikat", sagt Mineralogin
Dr. Iris Weber von der Universität Münster. "Nicht ungewöhnlich, aber zum ersten
Mal haben wir das direkt an völlig unberührtem extraterrestrischem Material
untersuchen können."
Nun gehen die im DLR untersuchten Asteroidenteilchen für weitere Analysen an
die Team-Partner der Universität in Lund und der University of Manchester
. Da Itokawa ein ursprünglicher und somit bis zu viereinhalb Milliarden Jahre
alter Asteroid ist, können die Ergebnisse der Wissenschaftler Informationen über
die Entstehung des Sonnensystems liefern. "Alle Theorien wurden bisher von
Meteoriten abgeleitet, jetzt arbeiten wir mit dem Originalmaterial - und
bekommen dadurch vielleicht Einblick in das große Ganze", sagt Mineralogin Dr.
Iris Weber.
2014 soll die nächste Hayabusa-Mission ins All starten. Ziel ist
dann Asteroid 1999 JU 3 - "ein Asteroid, dessen Gestein eventuell einmal mit
Wasser in Berührung gekommen ist", sagt DLR-Planetenforscher Prof. Ralf Jaumann.
Zu der Mission der japanischen Raumfahrtagentur JAXA steuert das Bremer
DLR-Institut für Raumfahrtsysteme den Asteroidenlander MASCOT (Mobile Asteroid
Surface Scout) bei, einen hüpfenden Lander, der sich erstmals auf einem
Asteroiden fortbewegen und somit an verschiedenen Stellen Messungen durchführen
kann (astronews.com berichtete). Dabei sollen ein
Radiometer des DLR die Temperatur des Asteroiden messen und eine DLR-Kamera die
Feinstruktur der Oberfläche von 1999 JU 3 aufzeichnen. Währenddessen wird auch
bei dieser Mission ein Saugrüssel wieder Material in einen Probenbehälter
aufnehmen und für Laboruntersuchungen zur Erde zurückbringen.
|