Blick auf ein ungleiches Galaxienpaar
von Stefan Deiters astronews.com
7. September 2012
ESA und NASA haben in dieser Woche ein faszinierendes Bild
eines ungleichen Galaxienpaars veröffentlicht. Das System Arp 116 besteht aus
der großen elliptischen Galaxie Messier 60 und der deutlich kleineren
Spiralgalaxie NGC 4647. Beide sind Teil des Virgo-Galaxienhaufens und rund 50
Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt.

Das System Arp 116 besteht aus der
elliptischen Riesengalaxie Messier 60 und der
Spiralgalaxie NGC 4647.
Bild: ESA & NASA [Großansicht] |
Elliptische Galaxien wie Messier 60 haben zwar oft eine beachtliche Größe,
sind aber in der Regel relativ langweilig, weil keinerlei Strukturen in ihnen
auszumachen sind. Ihr leicht gelblicher Farbton erklärt sich durch die
unzähligen alten, kühleren und eher rötlichen Sterne in ihnen. In der deutlich
kleineren Spiralgalaxie NGC 4647 hingegen finden sich zahlreiche junge und heiße
Sterne, die eher bläulich erscheinen und der Galaxie ein deutlich anderes
Aussehen geben.
Messier 60 allein mag nicht besonders interessant sein, mit der benachbarten
Spiralgalaxie zusammen jedoch ist das Paar ein interessantes Beobachtungsobjekt
am nächtlichen Himmel. Messier 60 ist zudem die dritthellste Galaxie des Virgo-Galaxienhaufens,
einer gewaltigen Ansammlung von mehr als 1.300 Galaxien. Das Paar ist rund 50
Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt.
Lange Zeit haben Astronomen gerätselt, ob es eine Verbindung zwischen den
beiden Galaxien gibt, sie sich also irgendwie gegenseitig beeinflussen.
Ein Hinweis dafür könnte etwa eine überraschend heftige
Sternentstehungsaktivität sein, wie man sie oft in wechselwirkenden Systemen
beobachtet. Da dabei Gaswolken durcheinandergewirbelt und komprimiert werden,
wird hier die Entstehung von Sternen begünstigt. Entdeckt hat man in diese
Richtung bei Arp 116 jedoch nichts. Die Analyse von detaillierten Hubble-Aufnahmen des Systems deutet aber darauf hin, dass die Wechselwirkung
zwischen den beiden ungleichen Galaxien gerade beginnen könnte.
Ganz egal, ob die beiden Galaxien sich nun gegenseitig beeinflussen oder
nicht, eines wissen die Astronomen sicher: Beide Galaxien sind sich
vergleichsweise nahe
und haben in etwa die gleiche Entfernung von uns. Sie sind damit ein perfektes
Beispiel dafür, wie sich elliptische Riesengalaxien in Größe, Struktur und Farbe
von kleineren Spiralgalaxien unterscheiden.
Messier 60 wurde im Jahr 1779 unabhängig von gleich drei
Astronomen entdeckt. Einer war der Franzose Charles Messier, der sie als 60.
Objekt in seinem berühmten Katalog aufführte. Der US-Astronom Halton Arp nahm das
Paar dann in seinen Katalog "merkwürdiger Galaxien" auf, der 1966 erschienen ist
und insgesamt 338 verschmelzende, überlappende und wechselwirkende Galaxien
enthält.
Bei dem gestern von ESA und NASA veröffentlichten Bild handelt es sich um ein
Mosaik von Aufnahmen, die im sichtbaren Licht und im Infraroten mit Hilfe der
Advanced Camera for Surveys und der Wide Field and Planetary Camera 2 des
Weltraumteleskops Hubble gemacht wurden.
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