Neues vom mysteriösen Saturnmond
von Stefan Deiters astronews.com
27. April 2012
Eine neue Auswertung von Daten der Saturnsonde Cassini
und von Computersimulationen hat gezeigt, dass der Saturnmond Phoebe mehr
planetenähnliche Eigenschaften hat als bislang angenommen. Astronomen vermuten,
dass es sich bei dem Mond um ein sogenanntes Planetesimal handelt und es anfangs
noch eine geologische Entwicklung auf Phoebe gab.
Phoebe scheint nahezu kugelförmig zu sein, wie
diese Rekonstruktion auf Grundlage von
Cassini-Bildern zeigt.
Bild: NASA / JPL-Caltech / SSI / Cornell [Großansicht] |
"Im Gegensatz zu anderen primitiven Objekten wie etwa Kometen, scheint sich
Phoebe zunächst für eine bestimmte Zeit aktiv entwickelt zu haben, bevor der
Mond erstarrte", so Julie Castillo-Rogez, die als Planetenwissenschaftlerin am
Jet Propulsion Laboratory der NASA im kalifornischen Pasadena arbeitet.
"Man nimmt an, dass sich Objekte wie Phoebe sehr schnell gebildet haben, sie
stellen daher die Bausteine der Planeten dar und verraten den Wissenschaftlern,
welche Bedingungen zu der Zeit geherrscht haben müssen, als die Planeten und
ihre Monde entstanden sind." Diese Bausteine nennen die Astronomen Planetesimale.
Die Saturnsonde Cassini war im Jahr 2004 an Phoebe vorübergeflogen und
konnte dabei den Mond aus relativer Nähe unter die Lupe nehmen (astronews.com
berichtete). Die Auswertung der dabei gewonnenen Daten und ihr Vergleich mit
neuen Computermodellen über die chemischen und geologischen Vorgänge auf dem
Mond, führten zu den jetzt in der Fachzeitschrift Icarus vorgestellten
Ergebnissen über den ungewöhnlichen Saturntrabanten.
Der Verdacht, dass es sich bei Phoebe nicht um einen normalen Mond des Saturn
handelt, ist schon älter. Die Cassini-Beobachtungen bestätigen, dass
Phoebe offenbar im Kuipergürtel jenseits der Neptunbahn entstanden ist. Die
Daten deuten auch darauf hin, dass Phoebe bereits in seiner Jugendzeit ein
kugelförmiges Aussehen hatte, im Inneren zunächst heiß war und im Zentrum zu
einem größeren Teil aus dichterem Material mit einem höheren Anteil an Gestein
besteht. Die mittlere Dichte des Mondes dürfte der von Pluto entsprechen, einem
anderen Objekt des Kuipergürtels. Phoebe kam aber offenbar dem Ringplaneten
Saturn irgendwann so nahe, dass der Mond in eine Umlaufbahn um den Gasriesen
gezwungen wurde.
Mit diesem Schicksal ist Phoebe nicht allein: Um Saturn kreist eine ganze Wolke
von kleineren, irregulären Monden, deren Bahnen nicht in der Äquatorebene des
Planeten liegen. Phoebe ist der größte dieser irregulären Monde und umreist den
Planeten zudem noch in entgegengesetzter Umlaufrichtung. Die regulären
Saturnmonde entstanden aus Material, das sich in einer Scheibe um den gerade
geborenen Planeten gesammelt hatte und kreisen auch heute noch in der
Äquatorebene um Saturn.
"Durch die Kombination von Cassini-Daten mit Modellierungstechniken,
die zuvor schon auf andere Objekte des Sonnensystems angewandt wurden, konnten
wir praktisch die Zeit zurückdrehen, um herauszufinden, warum der Mond sich so
deutlich vom Rest des Saturnsystems unterscheidet", erklärt Teammitglied
Jonathan Lunine von der Cornell University.
Phoebe entstand danach innerhalb der ersten drei Millionen Jahre nach Bildung
des Sonnensystems vor rund 4,5 Milliarden Jahren. Ursprünglich könnte der Mond
einmal porös gewesen sein, ist dann aber in sich kollabiert und hat heute eine
40 Prozent höhere Dichte als ein durchschnittlicher innerer Saturnmond.
Man vermutet, dass Objekte in der Größe von Phoebe in der Regel als
kartoffelförmige Objekte entstehen und sich dann im Laufe der Zeit auch nicht
mehr verändern. Wenn sich ein Objekt allerdings früh genug in der Geschichte des
Sonnensystems bildet, kann es so viel radioaktives Material enthalten, dass dies
im Inneren für kurze Zeit für eine ausreichende Wärme sorgt, die es dem Objekt
erlaubt, sich neu zu formen. "Aus der Form, die wir auf den Cassini-Bildern
sehen und den Modellen der wahrscheinlichen Kraterbildungsgeschichte, konnten wir
ableiten, dass Phoebe schon zu Beginn fast kugelförmig war und nicht etwa
zunächst eine unregelmäßige Form hatte und später durch Einschläge kugelförmiger
wurde", so Teammitglied Peter Thomas von der Cornell University.
Die Phase, in der Phoebe warm war, dürfte, so die neue Studie, einige zehn
Millionen Jahre gedauert haben. In dieser Zeit könnte es auf dem Mond auch
flüssiges Wasser gegeben haben, was die Existenz von wassereichen Materialien
auf der Oberfläche des Mondes erklären könnte, für die Cassini Hinweise
gefunden hat. Einige hundert Millionen Jahre nachdem Phoebe schließlich erkaltet
war, driftete der heutige Mond dann ins innere Sonnensystem und wurde vom Saturn
in seinen gegenwärtigen Orbit eingefangen.
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