Blick in die Taurus-Molekülwolke
von Stefan Deiters astronews.com
15. Februar 2012
Neue Beobachtungen mit dem APEX-Teleskop zeigen
faszinierende Filamente aus Staub in der im sichtbaren Bereich des Lichts nahezu
vollständig dunklen Taurus-Molekülwolke. Die Strukturen haben eine Länge von
mehr als zehn Lichtjahren. In ihnen verbergen sich neugeborene Sterne und dichte
Gaswolken, die bald zu neuen Sonnen kollabieren werden.
Blick auf die Taurus-Molekülwolke. Die
APEX-Daten wurden orange eingefärbt und über eine
Aufnahme der Region gelegt, die im sichtbaren
Bereich des Lichts gemacht wurde.
Bild: ESO/APEX (MPIfR/ESO/OSO) / A. Hacar
et al. / Digitized Sky Survey 2 / Davide De
Martin [Großansicht
| nur APEX-Daten |
nur sichtbares Licht] |
Die Taurus-Molekülwolke liegt rund 450 Lichtjahre von der Erde entfernt im
Sternbild Stier (lateinisch Taurus) und gehört mit zu den uns am nächsten
gelegenen Sternentstehungsregionen. Das heute von der europäischen Südsternwarte
ESO veröffentlichte Bild zeigt zwei lange, filamentartige Strukturen in der
Wolke, die als Barnard 211 und Barnard 213 bekannt sind. Ihren Namen verdanken
sie dem Astronomen Edward Emerson Barnard, der Anfang des 20. Jahrhunderts
unzählige Dunkelnebel in einem Katalog erfasst hat. Im sichtbaren Bereich des
Lichts sind hier keinerlei Sterne zu sehen. Schon Barnard erkannte damals, dass
diese Nebel aus einem undurchsichtigen Material bestehen müssen.
Heute weiß man, dass es sich bei solchen Dunkelnebeln um Wolken aus
interstellarem Gas und Staub handelt, deren Staubkörner das sichtbare Licht
verschlucken. Die Taurus-Molekülwolke erscheint dabei besonders dunkel, weil es
in ihrer Umgebung keine massereichen Sterne gibt, die den gesamten Nebel zum
Leuchten anregen könnten. Doch auch die Staubkörner selbst senden eine Strahlung
aus. Wegen ihrer äußerst geringen Temperatur von nur etwa -260 Grad Celsius hat
diese allerdings eine deutlich längere Wellenlänge als sichtbares Licht und kann
nur im Wellenlängenbereich von etwa einem Millimeter beobachtet werden.
Dies ist mit Instrumenten wie der Kamera LABOCA möglich, die am
12-Meter-Teleskop des Atacama Pathfinder Experiment (APEX) auf einer
Hochebene in den chilenischen Anden montiert ist. APEX dient den Astronomen als
Testinstrument für das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array
(ALMA), das auf derselben Hochebene gerade gebaut wird (astronews.com
berichtete). Die neuen APEX-Beobachtungen offenbaren nun ganz neue Details über
die Strukturen in der Molekülwolke und diese wiederum verraten einiges über die
Entstehung von Sternen.
Die Geburt von Sternen spielt sich nämlich in genau solchen Wolken ab. Wenn
diese unter ihrer eigenen Anziehungskraft zu kollabieren beginnen, fragmentieren
sie in einzelne Klumpen, in deren Inneren sich schließlich ein so dichter Kern
bilden kann, dass die Fusion von Wasserstoff zu Helium einsetzt und damit ein
neuer Stern geboren ist. Im sichtbaren Bereich lässt sich dies nicht verfolgen,
da sich die Geburt einer neuen Sonne im Inneren eines dichten Kokons aus Gas und
Staub abspielt. Dies macht Beobachtungen im Millimeter-Wellenlängenbereich für
die Astronomen so wichtig.
Auf der jetzt veröffentlichten Aufnahme ist oben rechts Barnard 211 und unten
links Barnard 213 zu sehen. Die APEX-Beobachtungen zeigen die Wärmestrahlung der
Staubkörner in diesen Regionen und sind in orange dargestellt. Im Hintergrund
ist eine Aufnahme der Region im sichtbaren Bereich des Lichtes zu sehen. Die
beiden Sterne oberhalb des Filaments und am linken Rand sind uns deutlich näher
und haben nichts mit der Molekülwolke zu tun.
Die Beobachtungen zeigen, dass Barnard 213 bereits fragmentiert ist und sich
schon dichtere Bereiche gebildet haben. Sie lassen sich als helle Knoten im
leuchtenden Gas erkennen. Hier hat eine Sternentstehung bereits stattgefunden.
Barnard 211 befindet sich hingegen in einer früheren Entwicklungsphase, in der
die Fragmentation und der Kollaps einzelner Wolkenbereiche gerade noch
stattfindet. In Zukunft aber werden auch hier neue Sterne zu sehen sein.
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