Hinweis auf Lücke im Standardmodell
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Karlsruher Instituts für Technologie astronews.com
14. Juli 2011
Aktuelle Ergebnisse aus dem Forschungszentrum Fermilab
bei Chicago verstärken den Hinweis auf eine Lücke des Standardmodells der
Teilchenphysik. Eine Analyse der neuesten Daten des Experimentes DZero am
Teilchenbeschleuniger Tevatron hat nun bestätigt, dass beim Zerfall von
B-Mesonen etwa ein Prozent mehr Myonen als ihre Antiteilchen, Antimyonen,
entstehen. Dieser Effekt ist etwa 50-Mal größer als erwartet.
Luftbild des
Fermilab mit Tevatron.
Foto: Reidar Hahn / Fermilab |
Warum gibt es das Universum, wie wir es kennen? Warum gibt es überhaupt
Materie? Den Überschuss an Materie erklärt das etablierte Standardmodell nämlich
nicht. An diesen Fragen forscht auch Professor Ulrich Nierste vom Institut für
Theoretische Teilchenphysik des Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Die
dem DZero-Experiment am Teilchenbeschleuniger Tevatron des
Forschungszentrums Fermilab bei Chicago zugrunde liegende
Arbeit von Nierste und Prof. Alexander Lenz, derzeit TU München, gibt – auf
Basis des Standardmodells – eine präzise theoretische Vorhersage des erwarteten
Verhältnisses der Zahl der Myonen zu der der Antimyonen.
"Das Standardmodell ist in unzähligen Experimenten in den letzten Jahrzehnten
exzellent bestätigt worden", erklärt Nierste. "Sollte die nun vorliegende
Abweichung unabhängig bestätigt werden, wäre die Tür zu neuen Naturgesetzen
aufgestoßen." Dann sei auch zu erwarten, dass der neue Teilchenbeschleuniger
Large Hadron Collider (LHC) am europäischen Forschungszentrum CERN neue
Teilchen finden wird.
Die aktuelle Studie des Fermilab vergleicht die theoretische Vorhersage
mit den tatsächlichen Daten aus Teilchenkollisionen am Teilchenbeschleuniger
Tevatron. Die Physiker stellen die Anzahl der Myonen und der Antimyonen
einander gegenüber, die beim Zerfall von B-Mesonen entstehen. Dabei fanden sie
heraus, dass es etwa ein Prozent mehr Myonen als Antimyonen gibt. Diese
Abweichung ist 50-mal größer als vom Standardmodell der Elementarteilchen
vorhergesagt wird.
Bei der aktuellen Studie handelt es sich um eine Aktualisierung der Analyse des
letzten Jahres: Inzwischen konnten rund 50 Prozent mehr Daten analysiert und
damit die Unsicherheit des Ergebnisses verringert werden. Die Chance, dass es
sich bei dem Effekt um einen statistischen Zufall handelt, liegt nun bei etwa
0,005 Prozent und hat damit den Status eines starken Hinweises auf eine
wissenschaftliche Entdeckung. Allerdings spricht man in der Wissenschaft erst
bei 0,00003 Prozent und bei unabhängiger Bestätigung durch andere Experimente
von einer echten Entdeckung.
Ein neues Experiment am CERN (LHCb-Experiment) arbeitet mit Hochdruck an einer
Messung des beobachteten Phänomens in einem anderen Zerfallskanal des B-Mesons.
Die gemessene Asymmetrie im Zerfall von B-Mesonen gibt den Physikern wertvolle
Hinweise über die Richtung, in die sie das Standardmodell weiterentwickeln
müssen. Ein schlüssiges Bild könnte sich etwa dann ergeben, wenn man das
Standardmodell zu einer supersymmetrischen vereinheitlichten Theorie
weiterentwickelt.
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