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VLT
Astronomen entdecken stellaren Giganten
von Stefan Deiters
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21. Juli 2010

Astronomen haben einen Stern entdeckt, der bei seiner Entstehung die über 300-fache Masse unserer Sonne gehabt haben muss. Bislang hatte man angenommen, dass Sterne nicht massereicher als etwa 150 Sonnenmassen werden können. Der stellare Gigant wurde mit Hilfe des Very Large Telescope der ESO auf dem Gipfel des Paranal in Chile aufgespürt. Und es war nicht der einzige Riesenstern.

R136

Der Tarantelnebel in einem Bild des Wide Field Imager am MPG/ESO 2,2-Meter-Teleskop in La Silla (oben), eine vergrößerte Ansicht mit dem Very Large Telescope im sichtbaren Licht (Mitte) und eine Detailansicht des VLT im nahen Infrarot (unten). Der Haufen R136 befindet darin unten links. Bild:  ESO / P. Crowther / C. J. Evans [Großansicht]

Ein Wissenschaftlerteam um Paul Crowther, Professor für Astrophysik an der University of Sheffield, hat mit Hilfe des Very Large Telescope (VLT) der europäischen Südsternwarte ESO und von Daten aus den Archiven des Weltraumteleskops Hubble zwei junge Sternhaufen untersucht. Der eine, NGC 3606, liegt etwa 22.000 Lichtjahre von der Erde entfernt, der andere RMC 136a (oft auch nur R136a genannt) befindet sich innerhalb des Tarantelnebels in der Großen Magellanschen Wolke in etwa 165.000 Lichtjahre Entfernung. In beiden untersuchten Regionen entstehen gerade zahlreiche neue Sterne.

Bei ihrer Analyse entdeckte das Team mehrere Sterne, die erheblich massereicher als unsere Sonne, mehrere Millionen Mal heller und mit einer Oberflächentemperatur von über 40.000 Grad auch mehr als sieben Mal heißer sind. Ein Vergleich mit Modellen über die Entwicklung von Sternen ergab, dass diese Sterne bei ihrer Entstehung mehr als die 150-fache Masse unserer Sonne gehabt haben müssen. Ein Stern im Sternhaufen R136, R136a1, stellte sich dabei sogar als massereichster bislang entdeckter Stern überhaupt heraus: Er hat derzeit eine Masse von 265 Sonnenmassen und muss damit eine Geburtsmasse von über 320 Sonnenmassen gehabt haben.

In NGC 3603 konnten die Astronomen ihre zur Massenbestimmung verwendeten Modelle mit Hilfe eines Doppelsternsystems abgleichen, bei dem die Masse direkt zu bestimmen war. Die Sterne A1, B und C in dem Haufen müssen bei ihrer Geburt alle Massen von rund 150 Sonnenmassen oder mehr gehabt haben. A1 ist dabei das Doppelsternsystem, dessen Partner sich alle 3,77 Tage umrunden. Ein Stern hat eine Masse von 120, der andere von 92 Sonnenmassen. Bei ihrer Entstehung dürften ihre Massen bei 148 und 106 Sonnenmassen gelegen haben.

Grund für den großen Massenverlust der stellaren Giganten ist ein heftiger Sternwind: "Im Gegensatz zu uns Menschen werden diese Sterne mit einer großen Masse geboren und verlieren im Laufe ihres Lebens immer mehr Gewicht", erläutert Paul Crowther. "Mit einem Alter von etwas mehr als einer Millionen Jahren ist der extremste Stern R136a1 bereits in einem mittleren Alter und hat schon erheblich an Masse verloren, vermutlich etwa ein Fünftel seiner ursprünglichen Masse, also rund 50 Sonnenmassen." R136a1 ist nicht nur der massereichste Stern, sondern auch der leuchtkräftigste: Die Astronomen schätzen die Leuchtkraft auf fast die zehn millionenfache Leuchtkraft unserer Sonne.

Solche extrem massereichen Sterne entstehen nur in Sternhaufen mit einer sehr hohen Dichte an Sternen. Um aber hier einzelne Sterne überhaupt erkennen zu können, benötigt man Instrumente mit einem äußerst hohen Auflösungsvermögen - wie etwa die Infrarotinstrumente SINFONI, ISAAC und MAD am VLT.

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Die Astronomen versuchten auch die maximal mögliche Masse der Sterne in den Haufen abzuschätzen sowie die relative Anzahl der stellaren Giganten. "Die kleinsten Sterne haben eine Masse von mindestens der 80-fachen Masse von Jupiter. Darunter sind es Braune Zwerge", so Teammitglied Olivier Schurr vom Astrophysikalischen Institut in Potsdam. "Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass es tatsächlich auch eine obere Massengrenze für Sterne gibt, allerdings scheint diese doppelt so hoch zu sein, wie bislang angenommen, und bei rund 300 Sonnenmassen zu liegen."

In R136 fanden sich nur vier Sterne, die bei ihrer Entstehung eine Masse von 150 Sonnenmassen oder mehr hatten. Sie sind aber allein für fast die Hälfte des Windes und der Strahlung in dem aus 100.000 Sternen bestehenden Haufen verantwortlich. Die Entstehung von massereichen Sternen zu erklären, war für Theoretiker schon immer eine Herausforderung. Die Entdeckung von noch massereicheren Exemplaren macht diese Aufgabe nicht leichter: "Entweder wurden die Sterne so groß geboren oder es sind mehrere kleinere Sterne verschmolzen, um sie entstehen zu lassen", erklärt Crowther.

Sterne zwischen etwa acht und 150 Sonnenmassen beenden ihr nur kurzes Leben in einer Supernova-Explosion, bei der ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch zurückbleibt. Die Wissenschaftler halten es für möglich, dass Sterne über 150 Sonnenmassen in einer besonders hellen Supernova explodieren, die den gesamten Stern zerstört, so dass kein Rest zurückbleibt und mehrere Sonnenmassen an Eisen wieder ins All verteilt werden. Einige Kandidaten für solche extremen Supernova-Explosionen glaubt man in den vergangenen Jahren bereits entdeckt zu haben.

Die Ergebnisse veröffentlichte das Team in der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.

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Eta Carinae: Ein Sternenmonster am Südhimmel - 28. November 2003
Sterne: Die Geheimnisse von Eta Carinae - 3. Dezember 1999
Links im WWW
ESO
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
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