Das
Geheimnis von Eta Carinae
Redaktion
astronews.com
22. Juli 2004
Der
Stern Eta Carinae gehört vermutlich zu den ungewöhnlichsten Objekten in
der Milchstraße: Der Riesenstern verändert regelmäßig - und aus bislang
nicht bekanntem Grund - sein Spektrum. Gibt es einen nicht
entdeckten Begleiter oder sorgt eine Staubhülle für den Effekt? Ein
Astronomin von der Ruhr-Universität in Bochum will das im Rahmen ihrer
Habilitation herausfinden.
Hubbles Blick auf den Stern Eta Carinae und den
Homunkulus-Nebel. Foto: RUB / STScI [Großansicht] |
Versteckt hinter zwei Nebeln liegt der rätselhafte Stern, dem Dr. Kerstin Weis
vom Astronomischen Institut der Ruhr-Universität in Bochum im Rahmen ihrer
Habilitation auf die Spur kommen will: Eta Carinae - ist ein so genannter
Leuchtkräftiger Blauer Veränderlicher (LBV), der aus bisher ungeklärten Gründen
in bestimmten zeitlichen Abständen sein Spektrum verändert. Ist er von einer
Hülle umgeben, die ihn pulsieren lässt? Oder ist er in Begleitung eines anderen
massereichen Sterns unterwegs, der zeitweise seine Strahlung absorbiert? Diese
Fragen will Dr. Weis anhand neuer, detaillierter Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops
(HST) und des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte
in Chile beantworten. Bei ihrer Arbeit wird sie für die nächsten zwei Jahre mit
dem Lise-Meitner-Stipendium des NRW-Wissenschaftsministeriums unterstützt.
Eta Carinae dürfe etwa die 120-fache Masse unserer Sonne haben. Solche
massereichen Sterne haben eine vergleichsweise kurze Lebensdauer und entwickeln
sich schnell von stabilen Sternen zu Leuchtkräftigen Blauen Veränderlichen (LBV),
die kühler sind und durch Sternwinde viel von ihrer Masse verlieren. Geladene
Teilchen werden dabei von der Oberfläche ins All geschleudert. Die Helligkeit
der LBVs variiert, manchmal kommt es auch aus bisher ungeklärten Gründen zu
großen Eruptionen, in denen der Stern schlagartig seine Helligkeit um mehr als
das Hundertfache steigert. Auch das Spektrum der LBVs verändert sich.
Eta Carinae ist unter den LBVs derjenige, der uns am nächsten ist: Rund 7.500
Lichtjahre ist er von der Erde entfernt. Was ihn außerdem besonders macht, ist,
dass er erst kürzlich – 1847 – seine letzte große Eruption hatte. Damals war der
Stern am Himmel sogar mit bloßem Auge als zweithellster Stern überhaupt zu
sehen. Sein Spektrum verändert sich regelmäßig in einem Rhythmus von 5,52
Jahren. Aber was ruft diese Veränderungen hervor? Die Forscher haben dazu zwei
Modelle entwickelt: Möglich wäre, dass ein weiterer massereicher Stern in seiner
Nähe ist und es sich somit um ein Doppelsternsystem handelt. Dabei kollidieren
die beiden Sternwinde und produzieren Röntgenstrahlung. Die kühlere Atmosphäre
des einen Sterns hebt bei größerer Nähe zwischen den beiden einige Strahlung des
anderen auf, so dass sie nicht mehr messbar ist. Der Nachweis dieses Modells ist
schwierig, denn zum einen würden alle Messungen immer beide Sterne auf einmal
erfassen, zum anderen ist Eta Carinae von zwei Nebeln umgeben. Einer davon ist
der dichte, staubreiche Homunkulusnebel, der die Verhältnisse in seinem Inneren
verschleiert.
Ein anderes mögliches Szenario ist, dass Eta Carinae – als Einzelgänger – eine
massereiche Hülle hat, die den Stern kühlt und Staub bildet, der wiederum das
Spektrum des Sterns absorbiert. Nach einer gewissen Expansion wird die Hülle
möglicherweise abgestoßen, so dass sich der Stern wieder zusammenzieht und
irgendwann eine neue Hülle abstößt: Der Stern pulsiert. Eine Pulsationsperiode
von 5,52 Jahren wäre möglich.
Wie Eta Carinae nun wirklich beschaffen ist, will Dr. Kerstin Weis anhand von
Beobachtungen mit dem Very Large Telescope und dem Hubble-Weltraumteleskop
herausfinden. "Die Aufnahmen sind schon ca. zu 90 Prozent gemacht und können ab
sofort ausgewertet werden", so die Astronomin. Gerade die VLT-Daten haben einige
entscheidende Vorteile, so ist etwa ihre spektrale Auflösung erheblich höher als
die anderer Daten. Zudem wurden die Aufnahmen mit dem VLT kontinuierlich gemacht
– beim Hubble-Teleskop werden nur alle ein bis zwei Monate Aufnahmen
gemacht. Diese gute zeitliche Abdeckung ermöglicht es ihr, nach weiteren
Periodizitäten zu suchen. So genannte Langspaltspektroskopien, die nur einen
bestimmten Abschnitt des Sterns erfassen, sollen Aufschluss über die
Temperaturen an verschiedenen Stellen des Sterns geben. Daraus wiederum lassen
sich Rückschlüsse auf seine Expansion ziehen. Anhand der HST-Bilder könnte es
gelingen, Nebel und Stern(e) voneinander zu trennen. Zudem erhofft sich die
Astronomin Hinweise darauf, wie der Nebel entstanden ist.
Mit dem Lise-Meitner-Stipendium fördert das NRW-Wissenschaftsministerium junge
Wissenschaftlerinnen auf ihrem Weg in die Spitzenforschung. Die Frauen werden
für jeweils zwei Jahre bei ihrer Habilitation unterstützt, mit der
Wissenschaftler den Nachweis der ihrer Lehrbefähigung erbringen und sich um eine
Professur an Hochschulen bewerben können.
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